(Stand: 23. Mai 2018)
Seit Wochen herrschen in Teilen des kleinen mittelamerikanischen Landes Nicaragua bürgerkriegsähnliche Zustände. Ausgehend von Protesten gegen eine Rentenreform schlugen die zunächst friedlichen Kundgebungen schnell in gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Regierung, regierungsnahen Schlägertrupps und DemonstrantInnen um. Es sind bereits um die 76 Tote zu beklagen. Wie konnte es so weit kommen? Handelt es sich um eine von den USA finanzierte Konspiration mit dem Ziel, eine sozialistische Regierung durch eine ihnen genehme Regierung zu ersetzen? Es wäre nicht das erste Mal. Wie lässt sich die Entwicklung der letzten Wochen aus einer linken Perspektive einordnen? Auch wenn die Lage sehr verworren und die Informationen widersprüchlich sind, soll im Folgenden versucht werden, die Ereignisse dazustellen, um Einschätzungen, vor allem aus dem linken Lager, kritisch entgegenzutreten und einen Ausblick zu geben.
Die Rentenreform ist der Zünder, aber nicht die Ursache der Explosion
Am 16. April 2018 veröffentlichte die nicaraguanische Regierung im Gesetzblatt ein Dekret zur Rentenreform. Die Reform sieht unter anderem die Erhöhung der Rentenbeiträge für ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen vor, von der Letztere überproportional betroffen wären, sowie eine fünfprozentige Rentenabgabe, zur Sanierung des Gesundheitssystems, die wiederum die RentnerInnen stark belasten würden. Der Unternehmerverband Consejo Superior de la Empresa Privada (COSEP) sprach sich entschieden gegen die Reform aus, rief anfangs aber nicht zu Protesten auf. Der Internationalen Währungsfond hatte im Vorfeld deutlich härtere Einschnitte gefordert.[1] Eine Reform des Rentensystems ist unumgänglich. Die Bevölkerung wird jedoch keine Erhöhung der Beiträge bei gleichzeitiger Verringerung ihrer Renten hinnehmen, solange nicht die Verantwortlichen für die Fehlinvestitionen der letzten Jahre im Renten- und Gesundheitswesen zur Rechenschaft gezogen und das Instituto Nicaragüense de Seguridad Social (INSS) – die Sozialversicherungsbehörde des Landes – grundlegend umstrukturiert wird.
Zwei Tage nach Bekanntwerden der Reform protestierten in Managua und León eine Handvoll RentnerInnen und StudentInnen. Wie auch bei vorherigen Demonstrationen tauchten dann Gruppen der «Sandinistischen Jugend» (Juventud Sandinista, JS) und kurz darauf sogenannte Motorisierte, Schläger auf Motorrädern, auf – beide sind von der Regierung organisierte Schlägertrupps und leider keine Erfindung der antisandinistischen Medien. Zuerst versuchten sie, die Protestierenden abzudrängen, gingen dann aber mit Rohren, Baseballschlägern und anderen Schlagwerkzeugen auf die Versammelten los und nahmen JournalistInnen sowie weiteren Protestierenden ihre Kameras und Mobiltelefone ab. Die Polizei ließ die JS und die «Motorisierten» gewähren. Später setzte sie Tränengas gegen die DemonstrantInnen ein. In der Vergangenheit konnten Proteste auf diese Weise ohne größere Probleme abgewürgt werden – dieses Mal ging die Rechnung jedoch nicht auf.
Schneller als durch Fernsehen und Radio verbreiteten sich die Nachrichten zu diesen Ereignissen über die sozialen Netzwerke. Bereits einen Tag später wurde in weiteren Städten protestiert. Die Polizei reagierte mit extremer Gewalt, setzte Tränengas, Gummigeschossen und scharfe Munition ein. Vor allem die StudentInnen wehrten sich mit Steinen, Zwillen, selbstgebauten «Morteros» (mörserähnliche Abschussvorrichtungen für Feuerwerkskörper), Molotow-Cocktails und der Errichtung von Barrikaden.
Am 19. April wandte sich Vizepräsidentin Rosario Murillo das erste Mal in Bezug auf die Unruhen mit einer Stellungnahme an die Bevölkerung. Sie sprach von «winzig kleinen Gruppen», die mit ihrer «hasserfüllten Agenda den Frieden und die Entwicklung angreifen», die Protestierenden seien Leute, die «manipulieren, die Kirchen angegriffen haben, die Kirchen angreifen, gegen die Pfarrer vorgehen, gegen die Priester vorgehen, gegen die Familien», sie wollten Nicaragua in ein Land verwandeln, «das unserer Art des Seins fremd ist», sie seien «Anstifter zur Abtreibung, Verbreiter von Lebensformen, die nicht mit unserer Kultur übereinstimmen, mit unserer Art zu fühlen, zu denken, zu handeln.» Darüber hinaus bezeichnete die Vizepräsidentin die Protestierenden als Vampire, die nach Blut verlangen. Die christliche, sozialistische und solidarische «sandinistische» Regierung stehe im Unterschied dazu für Frieden, Liebe und Aussöhnung. Die Gewalt gegen die Protestierenden bezeichnete sie als gerechtfertigte Selbstverteidigung.
Am Abend des 20. April wurden die ersten drei Personen durch Schusswaffen getötet. Ein Student starb durch Schüsse aus einer Polizeiwaffe. In den folgenden zwei Tagen nahmen die Auseinandersetzungen zu – allerdings nur dort, wo die Polizei oder die Schlägertrupps der Regierungspartei FSLN (Frente Sandinista de Liberación Nacional) in Erscheinung traten. In vielen kleinen Städten verliefen die Kundgebungen und Gegenkundgebungen friedlich.
Es brauchte vier Tage, bis Präsident Daniel Ortega das erste Mal in Erscheinung trat: Seite an Seite mit Spitzenvertretern aus Polizei und Militär – eine klare Botschaft. In seiner Stellungnahme am 21. April diffamierte er unter anderem die Organisatoren der Proteste als Verbrecher, denn die Protestierenden, die «sie festgenommen haben, sind Bandenmitglieder». Er bezeichnete die Rentenreform als verhandelbaren Vorschlag, was wenig glaubwürdig ist, denn das Gesetzblatt dient der Veröffentlichung beschlossener Gesetze und Dekrete. Tags darauf trat Ortega erneut öffentlich auf. Diesmal, um im Beisein von VertreterInnen internationaler Unternehmen, die in den Freihandelszonen investieren, das Rentenreformdekret offiziell zu widerrufen. Damit sandte er zwei Botschaften aus: den Wunsch nach Wiederherstellung der Allianz mit den Unternehmen und die Bedeutungslosigkeit der Protestierenden als Verhandlungspartner. Auffallend war zudem die Abwesenheit von VertreterInnen nationaler Unternehmen.
In einigen Orten wurden öffentliche Einrichtungen angegriffen und Büros der FSLN in Brand gesetzt. In mindestens einem Fall war eine Einrichtung des Gesundheitswesens betroffen. Es ist bislang nicht geklärt, wer die BrandstifterInnen im Einzelfall waren. In León wurde ein Brandanschlag auf einen nicht regierungskonformen Radiosender verübt – ein großer Teil der Angestellten befand sich im Gebäude. Zwei der Brandstifter starben.
Insbesondere am Sonntag, den 22. Mai, fanden Plünderungen von Supermärkten, aber auch kleineren Läden in Managua statt. In den 1970er Jahren machte Diktator Somoza die FSLN für Plünderungen verantwortlich, heute werden die Protestierenden beschuldigt. Es gibt mehrere Videos, die PolizistInnen zeigen, die nicht eingreifen. Sicherlich nutzten auch viele BürgerInnen und Kriminelle die anarchische Situation aus.
Bis Mitte Mai starben etwa 60 Menschen, die meisten von ihnen männliche Studierende, aber auch zwei PolizistInnen und ein Reporter kamen ums Leben. Zwei der Opfer sind Frauen. Viele erlagen Schüssen in den Kopf oder den Brustkorb. Es wurde gezielt getötet. Es waren keine verirrten Kugeln. Nach Angaben der Regierung kam auch eine Reihe von Mitgliedern der FSLN um. Das ist richtig, aber in den meisten Fällen stellten Familienmitglieder klar, dass sie sich aufseiten der Protestierenden befanden.
Erst als der Unternehmerverband COSEP die Einstellung der Gewalt und die Freilassung der Protestierenden, die die Polizei verhaftet hatte, forderte und zu einer Demonstration am 23. April aufrief, kam die Gewalt schlagartig zum Erliegen: Über mehrere Tage gab es im ganzen Land Demonstrationen beider Lager mit vermutlich mehreren Hunderttausenden TeilnehmerInnen, aber Polizei oder Schlägertrupps waren nirgends zu sehen, es gab keinerlei Gewaltakte. Gleichzeitig ging es bei den Protesten weniger um die Rücknahme der Rentenreform, vielmehr standen die Forderungen nach Aufklärung der Morde, mehr Demokratie und der Rücktritt des Regierungspaars im Vordergrund.
Im Laufe der ersten Maihälfte nahmen die Gewalttätigkeiten erneut zu. Schlägertrupps gingen wieder auf DemonstrantInnen los. Allerdings trugen sie nicht mehr die weißen T-Shirts der FSLN mit Friedensbotschaften, sondern waren vermummt. Es wurden auch wieder öffentliche Gebäude und Büros der FSLN in Brand gesetzt, wofür die Regierung die «ultrarechten RandaliererInnen» verantwortlich machte. Die Protestierenden beschuldigten die Gruppen der JS oder direkt die FSLN, insbesondere für den Brand des Rathauses im IV Distrikt Managuas verantwortlich zu sein.
An allem sind die Gringos schuld
Seit der erneuten Regierungsübernahme durch die FSLN Anfang 2007 haben sich die Spannungen zwischen Nicaragua und den USA in Grenzen gehalten. Ab und an mahnten die jeweiligen BotschafterInnen faire Wahlen oder die Einhaltung von Menschenrechten an. Im Rahmen der Kontrolle des Drogenhandels arbeiten Nicaragua und die USA eng zusammen. Darüber hinaus hat Nicaragua seine Südgrenze für illegale MigrantInnen mit Ziel USA gesperrt und geht repressiv gegen sie vor. Die Regierung deklariert ihr Vorgehen als Kampf gegen Menschen- und Drogenhandel. Für Nicaragua sind die USA trotz ALBA[2] nach wie vor der wichtigste Handelspartner.
Mit der neuen Regierung unter Präsident Trump ist Nicaragua nun allerdings wieder ins Fadenkreuz der USA geraten. Sicherlich missfallen ihnen das Auftreten Nicaraguas auf der internationalen Bühne und die Zusammenarbeit Nicaraguas mit Kuba, Venezuela, China und Russland. Unter dem Namen Nica-Act bereiten die USA derzeit ein Gesetz vor, das Nicaragua den Zugang zu Krediten internationaler Finanzinstitutionen verwehren soll, wenn das Land keine Fortschritte hin zu mehr Demokratie, Meinungsfreiheit und fairen Wahlen macht – dabei liegt allerdings das, was als «Fortschritt» zu bewerten ist, in der Definitionsmacht der USA. Weiterhin soll die Behörde für internationale Entwicklungszusammenarbeit (United States Agency for International Development, USAID) gezielt Nichtregierungsorganisationen (NGO) unterstützen, die zu Themen wie Menschenrechte und demokratische Regierungsführung arbeiten.
Dieses veränderte Verhältnis zwischen den USA und Nicaragua hat offenbar auch Einfluss auf die nationalen Koalitionen in Nicaragua. Das betrifft zum Beispiel den Unternehmerverband COSEP: In den vergangenen elf Jahre hat die nicaraguanische Regierung eng mit dem Unternehmerverband COSEP zusammengearbeitet. Der Verband lobte das gute Investitionsklima und die Stabilität des Landes. Über Menschenrechtsverletzungen schaute er großzügig hinweg und machte sich dadurch zum Komplizen. In den letzten Monaten sind allerdings erste Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf den Mindestlohn und die Rentenversicherung aufgetreten. Dass sich diese Differenten zeitgleich mit der Verschärfung der Rhetorik der USA gegenüber Nicaragua artikulierten, erscheint deshalb als nicht zufällig. Zwar stellt sich der Unternehmerverband bei den aktuellen Auseinandersetzungen auf die Seite der Protestierenden, er nimmt aber keine öffentlich wahrnehmbare aktive Rolle ein. Innerhalb des Dialogs, der zur Lösung der Krise am 16. Mai unter Schirmherrschaft der katholischen Kirche einberufen wurde, hält sich COSEP ebenfalls sehr bedeckt, einzig der Vertreter der Mitgliedsorganisation UPANIC (Unión de Productores Agropecuarios de Nicaragua, Bauernverband) positioniert sich klar gegen die Regierung und fordert deren Absetzung. Auch innerhalb der Studentenschaft und der Zivilgesellschaft gibt es Gruppen, die dem Unternehmerverband kritisch gegenüberstehen.
Carlos Fonseca Terán, stellvertretender Sekretär für Internationale Beziehungen der FSLN, behauptete in einem Blogbeitrag: «Es fällt auf, dass die Gewalt in mehreren wichtigen Städten des Landes zeitgleich eskalierte, und überall ähnliche Methoden eingesetzt wurden. Ebenfalls auffällig ist die Ähnlichkeit dieser Vorkommnisse mit der Art und Weise der Destabilisierung durch den Imperialismus in den arabischen Ländern.» Darüber hinaus charakterisierte er die Proteste als eine Klassenauseinandersetzung zwischen der Bourgeoisie, die durch die USA unterstützt werden würden, und den ärmeren Bevölkerungsschichten in Nicaragua. Dass die Art und Weise der Eskalation der Gewalt an allen Orten ähnlich war, weil sowohl die Polizei als auch die Schlägertrupps der Regierung unterstehen, darauf verwies Carlos Fonseca Terán nicht.
Die Zeitung der Kommunistischen Partei Kubas Granma ging sogar noch einen Schritt weiter als Carlos Fonseca Terán und wies darauf hin, dass die Mobilisierung über die sozialen Netze ähnlich abliefe wie bei asymmetrischer Kriegsführung: «Eines der Grundprinzipien des nicht-konventionellen Krieges, der von Washington perfektioniert wurde, um Regierungen zu stürzen, die ihm [dem US-amerikanischen Imperialismus] nicht genehm sind, stützt sich darauf, dass sich die Gesellschaft unter irgendeinem Vorwand gegen die Regierung stellt, der Konflikt von außen angeheizt wird und dann auf diplomatischer Ebene zu Aktionen führt.»
Es ist zu einfach, mit dem Finger immer nur nach Norden zu zeigen
Die Politik der USA gegenüber Nicaragua ist geprägt von politischer und wirtschaftlicher Einmischung sowie militärischen Interventionen. In der neueren Geschichte soll nur an die Unterstützung Somozas, den Contra-Krieg und die Verminung von Häfen erinnert werden. In den letzten Jahren waren die US-amerikanischen Regierungen an kalten Putschen in Lateinamerika beteiligt, wie zum Beispiel den Absetzungen der PräsidentInnen von Honduras, Paraguay und Brasilien. Es ist jedoch zu kurz gegriffen, zu schablonenhaft, zu vereinfachend, die aktuellen Auseinandersetzungen in Nicaragua auf ein Eingreifen der USA zu reduzieren. Vielmehr sind die Gründe im Land selber zu suchen.
Natürlich unterstützt die USA nicaraguanische NGOs. Das allein ist kein Verbrechen. Es hängt davon ab, was finanziert wird, welche Bedingungen damit geschaffen werden bzw. welche Bedingungen an die Unterstützung geknüpft sind. Auch das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) finanziert NGOs, die vor Ort oder in Deutschland zu Nicaragua arbeiten. Das Ministerium hat, spätestens seit Minister Niebel im Amt ist, eine klar neoliberale Ausrichtung und hat unter anderem den Putsch in Honduras begrüßt. Das heißt aber noch lange nicht, dass alle NGOs, die mit Geldern aus den USA oder Deutschland arbeiten, ultrarechte Handlanger des Imperiums sind, die aus dem Norden gesteuert werden, um einen Umsturz in Nicaragua herbeizuführen.
Das Gewitter kam nicht aus heiterem Himmel
Betrachtet man Nicaragua von außen, entsteht leicht der Eindruck, die Regierung verfolge eine sozialistische, antiimperialistische, revolutionäre Politik. Aber was verbirgt sich hinter der linken Rhetorik?
Wie bereits angedeutet sind die Gründe für die Unruhen nicht vorrangig wirtschaftlicher Natur. Auch wenn die Lebenshaltungskosten derzeit wieder gestiegen und Subventionen gestrichen worden sind, erlebt Nicaragua seit der Regierungsübernahme durch die FSLN – ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau – ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum. Das Gesundheitssystem ist in einigen Bereichen erheblich verbessert worden. Der öffentliche Nahverkehr, vor allem in Managua, wird subventioniert und ist dadurch für viele erschwinglich. Die Regierung hat das Straßennetz ausgebaut und teilweise erheblich verbessert. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die zur Schule gehen, ist gestiegen, auch wenn dadurch das allgemeine Bildungsniveau nicht wirklich angehoben werden konnte.
Für Linke stellt sich die Frage, ob die aktuelle «sandinistische» Regierung tatsächlich in der Tradition der revolutionären Prozesse der 1980er Jahre steht und eine fortschrittliche Politik vertritt. Mónica Baltodano zufolge, ehemalige Comandante der Guerilla und Vertreterin der Bewegung zur Rettung des Sandinismus (Movimiento para el Rescate del Sandinismo), benutzt «die aktuelle Regierung Nicaraguas […] manchmal eine dermaßen übertriebene linke Rhetorik, die nichts mit der realen Praxis zu tun hat, die von einem linken Projekt weit entfernt ist. Im Gegenteil, in Nicaragua erstarken und bereichern sich Banker und die traditionelle Oligarchie und ökonomische Gruppen ehemaliger Revolutionäre, die sich in Investoren, in Geschäftsleute und Spekulanten verwandelt haben. Die reaktionärsten Sektoren der katholischen Hierarchie erstarken, essenzielle Menschenrechte, wie das der Frauen auf Abtreibung bei medizinischer Indikation, werden beseitigt.»
Linke Politik zeichnet sich dadurch aus, die Bevölkerung in Entscheidungsprozesse weitgehend einzubeziehen und nicht paternalistisch, vielleicht sogar mit guten Absichten, für die Bevölkerung zu entscheiden. Daher auch das Motto der Regierung: «Das Volk ist Präsident» («El Pueblo Presidente»). Im Widerspruch zu dieser Rhetorik wird die Bevölkerung jedoch zunehmend von Entscheidungsprozessen ausgeschlossen.
Was die Leute in diesen Tagen auf die Barrikaden treibt, ist die ausufernde Vetternwirtschaft der Familie Ortega Murillo und deren Arroganz der Macht. Die Grenzen zwischen Familie, FSLN und Staat sind nicht mehr wahrzunehmen. Vielmehr ist um sie herum ein Geflecht an Korruption entstanden. Der Umgang mit den Geldern aus Venezuela ist vollkommen intransparent, sie fließen am Staatshaushalt vorbei direkt in die Unternehmen.