Der bewaffnete Konflikt im Osten der Ukraine und das Streben nach einer NATO-Mitgliedschaft sind eine willkommene Rechtfertigung, um den Etat für Verteidigung und für die Sicherheitsorgane zu erhöhen. Angesichts der unbesiegbaren Korruption führt dies zur Bereicherung der Staatsführung.
Der NATO-Kurs und die Verteidigungsausgaben
Auf dem NATO-Gipfel im Juli 2018 bekräftigte die ukrainische Führung ihre euro-atlantischen Ambitionen. Trotz verhaltener Bewertungen seitens der NATO-Führung bezüglich der Schritte, die die Ukraine für den NATO-Beitritt unternimmt, kündigte Präsident Poroschenko ohne zu zögern an, bereits im Herbst dieses Jahres entsprechende Verfassungsänderungen vornehmen zu wollen.[1]
Vor knapp vier Jahren, im Dezember 2014, stützte das ukrainische Parlament den Gesetzentwurf des Präsidenten über das Ende der Blockfreiheit. Das Dokument verkündete unter anderem, die Ukraine wolle eine „aktive internationale Politik zwecks Vertiefung der Zusammenarbeit mit der Organisation des Nordatlantischen Paktes mit dem Ziel der Erfüllung der für die Mitgliedschaft in dieser Organisation erforderlichen Kriterien“[2] betreiben.
Die gesellschaftliche Zustimmung für derartige Bestrebungen ist in den letzten Jahren gewachsen; dennoch ist sie, weit davon entfernt, absolut zu sein.[3] So äußerten sich laut einer Umfrage des soziologischen Instituts Rating vom Februar dieses Jahres lediglich 43 Prozent der Befragten eindeutig für den NATO-Beitritt; 34 Prozent waren kategorisch dagegen.
Auch zeugt die Umfrage von einer erneuten regionalen Spaltung der Ukraine in Bezug auf den NATO-Beitritt. So waren in der Westukraine über 60 Prozent der Befragten dafür; im Osten waren lediglich 20 Prozent dafür, mehr als die Hälfte waren dagegen.
Bis zum Jahr 2020 beabsichtigt die Ukraine, die NATO-Beitrittskriterien zu erfüllen. Das erfordert nicht nur die Umstellung auf NATO-Standards für Bewaffnung und Dienstgestaltung, sondern auch eine tiefgreifende Reform des gesamten nationalen Verteidigungssystems.
Auf Seiten der NATO wird der Ukraine derweil geraten, bei den in Angriff genommenen Reformen auf Qualität statt auf Quantität zu setzen.[4] Währenddessen stoßen einige Reformen, z.B. die Reform des Sicherheitsdienstes, auf offene Kritik.[5]
Der Juli-Gipfel verdeutlichte indes, dass ein Schlüsselkriterium für die Zukunft der Allianz von besonderer Wichtigkeit sein wird: die Verteidigungsausgaben der Mitgliedsstaaten. Donald Trump, Präsident der USA, die für über 20 Prozent des NATO-Haushaltes aufkommen, übte scharfe Kritik an den Partnern, die die 2014 für Verteidigungsausgaben beschlossene Mindestvorgabe von zwei Prozent des BIP systematisch unterschreiten.[6]
Wenn die Ukraine auf etwas stolz sein kann, dann darauf, diese Vorgabe zu erfüllen. In den letzten Jahren sind die Verteidigungsausgaben rapide gewachsen und liegen bereits drei Jahre in Folge nicht nur über der NATO-Vorgabe, sondern auch über dem entsprechenden BIP-Anteil aller NATO-Staaten mit Ausnahme der USA (siehe Abb. 1[7] und 2[8]).