Publication Wirtschafts- / Sozialpolitik - Sozialökologischer Umbau - Verteilungskrise - Klimagerechtigkeit Reiche in Klimaverantwortung nehmen

Innovative Klimaschutzmaßnahmen und ihre Umsetzbarkeit im geltenden Verfassungs- und Europarecht

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Studien

Author

Stefan Bornecke ,

Published

April 2024

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Einkommens- und vermögensstarke Teile der Gesellschaft sind nicht nur in der Lage, höhere Energiepreise zu bezahlen. Sie wurden de facto bei verteilungsrelevanten Instrumenten der Umweltpolitik häufig bevorteilt. So bei der Deckelung von Strom- und Heizkosten in der Energiekrise, die Haushalte mit zuvor höheren Verbräuchen bevorteilte. Zudem bleibt der groteske klimaschädliche Überkonsum, den sich manche Reiche erlauben, bislang folgenlos (Luxusjachten, Privatflugzeuge, SUVs etc.). Gleichzeitig existieren zu wenige wirksame Instrumente, die gezielt einkommensarme Haushalte dabei unterstützen, vorübergehende Mehrkosten der Energiewende oder von externen Preisschocks (etwa infolge des Ukraine-Kriegs) zu tragen.

Für viele Menschen mit niedrigen Einkommen und Vermögen dürfte es schwer verständlich sein, wenn sich ihre Lebenssituation energiepreisbedingt verschlechtert und gleichzeitig Wohlhabende kaum Abstriche an ihrem nicht selten ressourcenfressenden und klimaschädlichen Lebensstil machen müssen. Nutzer*innen von Privatflugzeugen oder großen Jachten zur Kasse zu bitten beziehungsweise bestimmte besonders klimaschädliche Luxusnutzungen per Gesetz zu untersagen, darüber wird zwar häufig diskutiert. Was bislang aber fehlte, war eine substanzielle Untersuchung, unter welchen Bedingungen so etwas durchführbar wäre.

Im Rahmen der vorliegenden im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung erstellten Studie hat der Jurist Stefan Bornecke nun erstmals untersucht, ob solcherart Beschränkungen europa- oder verfassungsrechtlich möglich wären, und wenn ja, wie diese ausgestaltet werden könnten. Ferner macht er Vorschläge, wie mit den Einnahmen aus der Besteuerung bestimmter Luxusprodukte oder -dienstleistungen bedürftige Haushalte unterstützt werden könnten. Zur Gegenfinanzierung könnten zudem Erbschaftssteuer und Vermögenssteuer angepasst werden, so die Arbeit. Die Studie trägt somit dazu bei, die Diskussion um Klimagerechtigkeit weiterzuentwickeln.

Ohne Zweifel muss im Kampf gegen den Klimawandel nicht nur der (Über-)Konsum von Reichen aufhören. Vielmehr müssen politische und rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es ermöglichen, den ökologischen Fußabdruck der gesamten Gesellschaft deutlich zu reduzieren. Im Vergleich mit dem Globalen Süden ist dieser Fußabdruck schließlich bei fast allen Bürger*innen der Bundesrepublik deutlich höher, von Unternehmen ganz zu schweigen. Dennoch stechen besonders massive Formen der Inanspruchnahme von Ressourcen und des Ausstoßes von Treibhausgasen durch einkommens- und vermögensstarke Personen heraus, die diese Studie fokussiert.
 

Daniela Trochowski, Geschäftsführerin der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Uwe Witt, Referent für Klimaschutz und Strukturwandel der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Autor:

Stefan Bornecke ist Jurist und Lehrbeauftragter für Staats- und Europarecht an der SRH Hochschule Heidelberg sowie für Völker- und Sozialrecht an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin. Er forscht zu völker-, europa- und staatsrechtlichen Fragestellungen.