Die Wer-Frage ist meist verpönt. Es gehört sich einfach nicht, so unkompliziert und direkt nach Subjekten und Akteuren zu fragen, nach wirklichen Menschen und den Zusammenhängen der Macht, welche sie errichten, vertreten und erneuern. Die Wer-Fragen zu stellen heißt, sich Verschwörungstheorien hinzugeben. Das ist zu einfach. Unwissenschaftlich halt. Macht ist überall und nirgends. Unfassbar. Normal. Geheim. Überkomplex. Kompliziert. Simpel.
Tatsächlich ist das Fragen nach Machtstrukturen und den Akteuren der Macht nicht voraussetzungslos. Soziale Bewegungen oder dissidente Intellektuelle wollen sie ausfindig machen und erforschen – sie haben ein eigenes Frageinteresse. So entstand auch die Machtstrukturforschung in den USA in den 60er und 70er Jahren in diesem Kontext. Sie ist ein kleiner, zäher und beharrlicher, zuweilen radikaler Zweig der kritischen Sozialforschung geworden – und geblieben. Für ihn stehen etwa C. Wright Mills oder Bill Domhoff oder Val Burris. Auf die Machtstrukturforschung in Deutschland warten wir noch.
Wir haben im Rahmen der kleinen RLS-Reihe „So what is Imperialism, actually?“, zu der bisher u.a. Leo Panitch, Greg Albo, Beverly Silver oder Michael Hardt in Berlin waren, nun Val Burris eingeladen. Er ist Hochschullehrer für Soziologie an der Universität in Oregon und arbeitet zu den Themen Corporate Power Structure, Right-Wing Movements, Gender Inequality, Middle Cass. Er hat das definitive Webportal zur Machtstrukturforschung aufgebaut (Who Rules? An Internet Guide to Power Structure Research [http://darkwing.uoregon.edu/~vburris/whorules/] und zahlreiche Beiträge zur Analyse der amerikanischen ruling class und power structure publiziert. Er wird aktuelle Ergebnisse zur Erforschung der gegenwärtigen Machtstruktur in den USA zur Diskussion stellen und sich auch mit den verschiedenen Analysen des Machtkartells der Bush-Administration befassen.