Dokumentation Anton Ackermann und der deutsche Weg zum Sozialismus

Die Biographie Ackermanns steht stellvertretend für eine Generation von Kommunisten, an den Realitäten nicht nur scheiterte, sondern auch persönlich daran zugrunde ging. Podium mit Zeitzeugen zum 100. Geburtstag von Anton Ackermann.

Information

Veranstaltungsort

Palisa - Umspannwerk Ost
Palisadenstr. 48
10243 Berlin

Zeit

08.12.2005

Mit

Markus Wolf, Prof. Fritz Klein, Ernst Melis (alle angefragt); Frank Schumann (Moderation)

Anton Ackermann (1905-1973), gehörte 18 Jahre dem inneren Zirkel der KPD/SED an. Mit Pieck und Ulbricht bildete er in den 40er Jahren eine Troika. Er formulierte das Konzept über den besonderen deutschen Weg zum Sozialismus mit dem er bald ins politische Abseits geriet. 1973 wählt Ackermann den Freitod. Er erschießt sich, mit Rücksicht auf die Familie, nicht zu Hause, sondern auf einer Toilette des Regierungskrankenhauses in der Scharnhorststraße in Berlin-Mitte.

Ackermann war Funktionär bei der Gewerkschaft und der KPD. In Moskau besucht er zu Beginn der 30er Jahre die Parteischule und heiratet Lilly, eine Russin. Diese wird 1932 ermordet, vermutlich vom sowjetischen Geheimdienst. Herbert Wehner überbringt ihm die Nachricht. Ackermann leitet inzwischen (bis 1935) die illegale Parteiorganisation von Groß-Berlin und wird in jenem Jahr ins Politbüro gewählt. Sein politischer Mentor und Inspirator ist Georgi Dimitroff. Auslandsleitung Prag, Paris, Internationale Brigaden in Spanien, Chef des Deutschen Volkssenders in Moskau, Nationalkomitee »Freies Deutschland«, Rückkehr nach Sachsen 1945  ...

Inzwischen gilt Ackermann als der theoretische Kopf der Partei. Und diese hat begriffen: Das sowjetische Sozialismus-Modell taugt nicht für Deutschland. Im Auftrag der Parteiführung formuliert Ackermann den Gegenentwurf.

1949, nach Gründung der DDR, bekommt Ackermann neben seinen Parteiämtern auch diverse Staatsfunktionen, wird Staatssekretär im Außenministerium und beginnt dort im Sommer 1951 die Auslandsaufklärung zu formieren. Sein sowjetischer Vormund Grauer wird zwar nach Jahresfrist nach Moskau zurückbeordert, doch Ackermann ist am Ende. Er schlägt Markus Wolf als seinen Nachfolger  vor. Der wird es auch und bleibt HVA-Chef bis 1986. Nach dem 17. Juni 1953 gibt es Tabula rasa in der inneren Führung in Berlin, Moskau begleicht alte Rechnungen. Ackermann wird gestürzt und als  stellvertretender Kulturminister für die Filmproduktion verantwortlich gemacht. Bevor er 1962 endgültig »aus gesundheitlichen Gründen« in Rente geschickt wird, arbeitet er noch kurze Zeit in der Staatlichen Plankommission.

Die Biographie Ackermanns ist so einmalig wie charakteristisch. Sie steht stellvertretend für eine Generation von Kommunisten, die mit Idealismus und Selbstlosigkeit für eine demokratische Umgestaltung des Landes, für einen deutschen Sozialismus arbeitete – und an den Realitäten nicht nur scheiterte, sondern auch persönlich daran zugrunde ging. Erstmals wurden alle in Archiven vorhandenen Unterlagen von und über Anton Ackermann ausgewertet, Zeugen wurden befragt und unbekannte Zeugnisse ausfindig gemacht, zahlreiche Bilddokumente gesichert und einmalige Briefe entdeckt. Darunter Ackermanns sechsseitiges Protokoll seines einzigen Gespräches mit Erich Honecker am 15. März 1972. Es endet mit dem prophetischen Satz: »Die Unterredung berechtigt keineswegs nur zu  optimistischer Stimmung.«

Das Buch trägt erheblich zur Erhellung bestimmter Kapitel der deutschen Geschichte bei und revidiert sicher geglaubte Positionen. Es erscheint aus Anlaß des 100. Geburtstages von Anton Ackermann am 25. Dezember 2005.

Anton Ackermann – Der deutsche Weg zum Sozialismus
Selbstzeugnisse und Dokumente eines Patrioten
Hrsg. von Frank Schumann
Mit zahlr. Fotos und Dokumenten
288 S., geb. mit Schutzumschlag
19,90 €
ISBN 3-360-01266-6