Dokumentation »Standort Globus – Ökologische und Soziale Fragen der Gegenwart«

Zusammen gedacht, was zusammen gehört: Das 10. Gesellschaftspolitische Forum bemühte sich um die sozial-ökologische Vernetzung.

Information

Zeit

17.03.2006 - 18.03.2006

Bericht: Kerstin Schmidt

Die Annährung sozialer und ökologischer Bewegungen ist nach wie vor  strukturelles Defizit der Linken. In diesen Bereichen Themen und Akteure zusammenzubringen, war der Anspruch, den sich die Veranstalter  des 10. Gesellschaftspolitischen Forums setzten und auch erreicht haben. Das Forum war ein spannender Einstieg in eine zukünftige sozial-ökologische Vernetzung.

„Wer einen von beiden Aspekten vernachlässigt, sei es den ökologischen oder den sozialen, fördert nur die, denen beides egal ist.“ Auf diesen Punkt brachte Evelin Wittich, Geschäftsführerin der RLS, das Anliegen des Forums. Zusammenarbeit, Informationsaustausch und Kooperation solle die Arbeitsweise der gesellschaftlichen Akteure in sozial- und umweltpolitischen Organisationen auszeichnen. Mit der im November 2002 veranstalteten internationalen Konferenz zum Thema Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit habe die Rosa-Luxemburg-Stiftung einen solchen Ansatz bereits in früheren Jahren gefördert, so Wittich.

Die globalen Themen Energie, Ressourcen und Klima durchzogen wie ein roter Faden den gesamten Veranstaltungsverlauf. Mit Untertiteln wie „Fossile Energien – das ideale Treibmittel kapitalistischer Akkumulation“ oder „Wachstum wird zum Fetisch...“  erläuterte Elmar Altvater von der FU Berlin in seinem Referat „Aufstieg und Niedergang des fossilen Energieregimes“ und damit das Verhältnis von Ökologie und globaler Ökonomie.

Das nachhaltiges Wirtschaften, Arbeiten und Leben vereinbar sind, betonte Wolfgang Methling, Umweltminister von Mecklenburg-Vorpommern in der anschließenden Podiumsdiskussion. Die soziale Frage lasse sich nur im Einklang mit Natur und Umwelt lösen lässt. Eine einseitig auf den Arbeitsmarkt ausgerichtete Politik, wie die momentan von bürgerlichen Parteien vertreten werde („Sozial ist, was Arbeit schafft“), nehme irreparable Schäden an Natur und Gesellschaft in Kauf. Methling verdeutlichte, dass Naturzerstörung und sozialer Niedergang dieselbe Ursache haben: eine Wirtschaft, die sich selbst genügt, die die Natur und die Menschen als frei verfügbare Güter betrachtet, die sich beliebig ausnutzten und ersetzen lassen.

Den Anspruch des Forums, nicht nur Konferenz sondern auch Vernetzungstreffen zu sein, löste der zweite Veranstaltungstag ein: In den Arbeitsgruppen zu „Globalem Klimaschutz und Emissionshandel“, „Mobilität und Verkehr“, „Ökologischer Landwirtschaft“, „Agenda 21“ und „Energie“ wurden die Themen des Vorabends ausführlich diskutiert. Dabei gelang es, unterschiedliche Akteure füreinander zu sensibilisieren.

Beispielsweise wurde in der AG Verkehr und Umwelt, die von Michael Gehrmann (Bundesvorsitzender Verkehrsclub Deutschland und Mitglied im Präsidium des Deutschen Naturschutzringes) geleitet wurde, über die künftige „Fahrtrichtung“ informiert, die die Bundesregierung in Sachen Verkehrspolitik eingeschlagen hat. So will die schwarz-rote Regierung die Regionalisierungsmittel bei Bus und Bahn bis 2010 um 10% kürzen. Dies könne die Einstellung jedes dritten (Nahverkehrs-) Zugs zur Folge haben und weitere Streckenstilllegungen nach sich ziehen. Das dabei eingesparte Geld würde nach jetzigen Plänen in den Straßenbau fließen. Dabei habe sich die vorwiegend durch Wirtschaftslobbyisten propagierte Argumentation „Straßenbau schafft Wachstum und Arbeitsplätze“ inzwischen selbst ad absurdum geführt. Leider könne selbst die Tatsache, dass es vor 40 Jahren trotz 4x weniger Autobahnen nur ein Viertel der Arbeitslosigkeit gab, die Prediger dieses Mantras nicht stoppen, so Gehrmann.

Am Samstagnachmittag beschäftigte sich das Forum mit verschiedenen ökologisch-sozialen Steuerungsmodellen der Linken. Damian Ludewig, WASG Baden-Württemberg, präsentierte das Konzept einer öko-sozialen Ressourcenbesteuerung vor. Der „Ökobonus“ soll Bestandteil einer zukunftsweisenden Arbeitsmarktpolitik sein, die den Unternehmen Anreize zur gerechteren Verteilung der Arbeit bietet. Arbeitszeitreduzierungen sollen darüber finanziell flankiert und ökonomisch attraktiver gemacht werden, indem die Belastungen der einzelnen Produktionsfaktoren umgeschichtet werden. Der Faktor Arbeit wird für die Unternehmen verbilligt und dafür der Faktor Naturverbrauch verteuert. Das durch die Besteuerung der natürlichen Ressourcen erzielte Aufkommen, wird auf der Grundlage eines ausgefeilten Berechnungsmodells an Bürger und Unternehmen ausgezahlt (Näheres dazu unter www.damian-ludewig.de).

Sven Ribcke (Initiative Grundeinkommen) stellte die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) vor. Dieses in der Linkspartei erarbeitete Grundeinkommensmodell schließt an traditionelle linke Forderungen an. Es garantiert ein Leben jenseits der Armut, es wird ohne Bedürftigkeitsprüfung gezahlt und steht jedem Menschen ohne Zwang zur Arbeit zu. Natürlich bietet ein solches Modell, welches sich klar von liberalen Bürgergeldmodellen und der gegenwärtigen Praxis der Grundsicherung mit Bedürftigkeitsprüfung und Arbeitsverpflichtung abgrenzt, viel Diskussionsstoff. Und so folgte den nachmittäglichen Referaten, in denen auch sehr kritische Stimmen gegenüber dem BGE zu Wort kamen, eine zweite aufgeheizte Podiumsdiskussion, an welcher sich neben Damian Ludewig und Sven Ribcke auch Michael Schlecht (Bereichsleiter Wirtschaftspolitik beim Ver.di-Bundesvorstand, Katja Kipping (stellv. Vorsitzende der Linkspartei.PDS) und Sascha Liebermann von der Initiative „Freiheit statt Vollbeschäftigung“ beteiligten.

Oliver Moldenhauer, Mitbegründer von attac und Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen schloss die Veranstaltung mit einem klaren Statement: „Umwelt muss wieder links werden“. Dazu hat das Heidelberger Forum einen wichtigen Beitrag geleistet.

Das Forum  „Standort Globus – Ökologische und Soziale Fragen der Gegenwart“ wurde gemeinsam vom Umweltforum Heidelberg, der Rosa-Luxemburg-Stiftung, dem Rosa-Luxemburg-Forum Baden-Württemberg, WISSENTransfer, Zeitschrift »Sozialismus« und dem attac Campus Heidelberg organisiert. Alexander Schlager, Vorsitzender des Rosa-Luxemburg-Forums Baden-Württemberg und ehemaliger Stipendiat der Rosa-Luxemburg-Stiftung führte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch die beiden Forumstage.

>>Audiobeitrag: Berichte und Beiträge vom 2. Tag der Konferenz (Moderation: Andreas Trunschke)

Evelin Wittich: Arbeitsergebnisse der AG Klimaschutz und Emissionshandel. Bericht zum 10. Gesellschafts-politischen ForumWas will das Umweltforum?

Das Heidelberger Umweltforum will einen Beitrag dazu leisten, soziale und ökologische Bewegungen einander näher zu bringen und für ihre jeweiligen Anliegen zu sensibilisieren. Ziel ist es auch, die
Verknüpfung von ökologischen und sozialen Themen in die Öffentlichkeit zu tragen und die politische Arbeit mit vielfältigen Impulsen zu bereichern.

Thematischer Schwerpunkt und Aufbau der Tagung

Experten aus Wissenschaft und Politik, aus sozialen und ökologischen Initiativen, werden diesem Forum entscheidende Anstöße geben. Durch Vorträge und Referate soll in die Schwerpunktthemen einführt werden. Verschiedene Perspektiven werden in Podiumsdiskussionen erörtert. In den Arbeitsgruppen wird allen Teilnehmern die Möglichkeit eröffnet, einen Themenkomplex vertiefend zu erarbeiten und zu diskutieren. Jede Arbeitsgruppe wird durch ein Kurzreferat eröffnet.

Die Arbeitsgruppen am Samstag

AG 1: Globaler Klimaschutz und Emissionshandel
(Sven Anemüller, Germanwatch)

AG 2: Mobilität und Verkehr
(Michael Gehrmann, Bundesvorsitzender Verkehrsclub Deutschland)

AG 3: Ökologische Landwirtschaft (BUKO Agrar Koordination)

AG 4: Agenda 21 (N.N.)

AG 5: Energie (Maike Bunse, Wuppertal Institut)



Programm

Freitag, 17. März 2006

16:00 – Begrüßung und Einführung (Evelin Wittich, RLS; Alexander
Schlager, RLF)

16:30 – Eröffnungsvortrag:
Prof. Dr. Elmar Altvater (FU Berlin): Umweltkrise und soziale Gerechtigkeit

19:00 – Impulsreferat zur Energieproblematik:
Maike Bunse (Wuppertal-Institut)

20:00 - Podiumsdiskussion:
Globale Energieversorgung, Frieden und soziale Gerechtigkeit; mit:
Wolfgang Methling (Umweltminister Mecklenburg-Vorpommern), Helmut Horn
(stellvertr. Bundesvorsitzende BUND), Sven Giegold (attac)



Samstag, 18. März 2006

10:00 – Arbeitsgruppen zu Fragen von Ökologie und sozialer Gerechtigkeit
(siehe oben)

14:00 – Vortrag und Diskussion:

Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens (Sven Ribcke, Initiative
Grundeinkommen)

15:00 – Vortrag und Diskussion:

Ressourcensteuern & Grundeinkommen (Damian Ludewig, Deutscher
Naturschutzring)

16:15 – Podiumsdiskussion:

Das Grundeinkommen als sozial-ökologisches Zukunftsprojekt ; mit: Katja
Kipping (MdB, Die Linke), Michael Schlecht (Gewerkschafter) Willi Lüpkes
(attac), Sascha Liebermann (Initiative "Freiheit statt
Vollbeschaeftigung"), Damian Ludewig (DNR)

18:00 - Abschlußvortrag:

Verbindung und Perspektiven von umweltpolitischen und sozialen Fragen:
Oliver Moldenhauer (attac)


Anmeldung & Kontakt

Die Teilnahme an diesem Forum ist kostenlos. wir bitten um möglichst
frühzeitige Anmeldung;bei Anmeldung bis zum 25.02.2006 erhalten Sie
Literaturhilfen zur Vorbereitung auf die AGs. Die Teilnahme ist aber
auch ohne Anmeldung möglich.

Die Anmeldung und Fragen zum Forum bitte an folgende Adresse senden:
Rosa-Luxemburg-Forum Baden-Württemberg
c/o Alexander Schlager
Nürtinger Str. 31, 72074 Tübingen/
/eMail:post@rlf-bw.de/ <mailto:post@rlf-bw.de>/; Tel.: 07071/942436;
Fax.: 07121/371192/

Elektronische Anmeldung und weitere Informationen unter: www.rlf-bw.de
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