Einführung
Großraumsiedlungen in aller Welt waren und sind Produkte ihrer Zeit. Sie drücken seit vielen Jahrzehnten den Welttrend zunehmender Urbanisierung aus. Zugleich haben alle, die mit „der Platte“ – als Wohnungsunternehmen oder KommunalpolitikerInnen, als SozialarbeiterInnen, LehrerInnen und schließlich als BewohnerInnen unterschiedlichen Alters – zu tun haben oder hatten, verschiedenste Erfahrungen mit dem Projekt städtischer Großraumsiedlungen und deren Vor- und Nachteilen im sozialen Miteinander gemacht.
Zu Beginn der 90er Jahre, als in Plattenbausiedlungen in Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen ausländerfeindliche Pogrome stattfanden, wurde ein Klischee über städtische Großraumsiedlungen insbesondere im Osten Deutschlands, mit scheinbar zutreffenden Argumenten zusätzlich bedient. „Die Platte“ gilt seither in der Öffentlichkeit als Ballungszentrum für Rechtsextremismus, Ausländerhass und zunehmende alltägliche Gewalt. Zugleich wurde nicht nur durch Politik und Medien bekannt, dass es im städtischen Raum gerade in Großraumsiedlungen zu Auseinandersetzungen um die „kulturelle Hoheit“ im Kiez kommt – namentlich zwischen Jugendgruppen, die sich für Links oder Rechts halten.
In Berlin sind es vor Allem die Siedlungen des Bezirkes Marzahn-Hellersdorf, die im öffentlichen Diskurs als „No-Go-Area“ gehandelt werden und verstärkt mit – insbesondere angezeigt durch die jüngsten Wahlerfolge der NPD – dem Problem des Rechtsextremismus konfrontiert sind. Die NPD hatte in jedem Wahlkreis ihren Einzug in die BVV geschafft. Es gibt in Marzahn-Hellersdorf somit ein breites rechtsextremes Wählerpotiential. Die überdurchschnittlichen Erfolge rechtsextremistischer Parteien bei Wahlen werfen daher die Frage auf, inwiefern ein Zusammenhang zwischen Großraumsiedlung und Rechtsextremismus besteht.
Fragestellungen:
• Welche philosophischen Grundlagen kennzeichnen den Wohnungsbau im ehemaligen Osten und Westen Deutschlands (sozialistischer vs. sozialer Wohnungsbau) und
• Welche Auswirkungen hatte die Wiedervereinigung insbesondere auf die ostdeutschen Großraumsiedlungen (Deindustrialisierung, Altschulden, Rückbau etc.) und wie gestaltet sich die Situation der Platte und ihrer BewohnerInnen heute (Leben in der Platte, Sanierung, Quartiersmanagement, sozio-ökonomische und sozio-demografische Entwicklungen etc.)?
• Inwiefern beziehen sich rechtsextremistische Ideologien/Ideologen auf die Gerechtigkeitsvorstellungen insbesondere des sozialistischen Wohnungsbaus und seiner Architektur und
• Wie (Altersstruktur, sozio-ökonomische Schicht, geographisch, politisch, historisch in Ost und West etc.) kommen rechtsextreme Einstellungen in der deutschen Gesellschaft vor?
• Welche gegenwärtigen Erfahrungen und Strategien im Umgang mit Rechstextremismus in Großraumsiedlungen bestehen oder sind denkbar?
Programm
Texte zur Veranstaltung (PDF)
Die Entwicklung des Rechtsextremismus in beiden deutschen Staaten Von Beatrice Morgenthaler | 73 kB |
Identität und Räumlichkeit in sozialen Prozessen Von Thomas Bürk-Matsunami | 74 kB |
Rechtsextremismus in Ost- und Westdeutschland nach der Wende Von Birgit Rommelspacher | 104 kB |
Audiomitschnitte
podcast-radio rosa luxemburg:
Produktion: RLS Brandenburg ( www.bbg-rls.de)