Bericht
Die (geschlechter-) gerechte Verteilung von Wasser ist eine Menschenpflicht!
„Der Zugang zu sauberem Wasser ist ein Menschenrecht – eine (geschlechter-) gerechte Verteilung eine Menschenpflicht!“ Dies war eine der wesentlichen Aussagen der Fachtagung „Steter Tropfen höhlt den Stein – Frauen im Widerstand für ein Menschenrecht auf Wasser“ vom 22.-24. Februar 2008 in Berlin.
120 TeilnehmerInnen aus Wissenschaft, Gewerkschaften, Frauen-, Umwelt- und Menschenrechtsgruppen – unter ihnen Frauen aus Bolivien, Kuba, El Salvador, Mexiko, Peru, Kolumbien und Uruguay – diskutierten am Wannsee kritisch die Auswirkungen von Privatisierung, Verschmutzung und Verschwendung von Wasser auf die Lebensbedingungen von Frauen und Männern.
„Bisher wurden die Geschlechterverhältnisse in der Wasserpolitik und im Wassermanagement nur unzureichend berücksichtigt, die Teilhabe und Mitwirkung von Frauen an Entscheidungen nur wenig beachtet. Es wurde Zeit für eine solche Tagung!“ beschreibt Monika Schierenberg für die Veranstalterinnen die Motivation für die Tagung. „Werden die Geschlechteraspekte bei Planungen nicht berücksichtigt, kann das zu ineffizienten Maßnahmen und zu negativen Auswirkungen auf die Lebenssituation von Frauen führen“, ergänzt Ulrike Röhr von genanet.
In den Ländern des Südens sind viele Frauen unmittelbar von Wasserverknappung, Verteilungskämpfen und dem lukrativen Handel mit dem „blauen Gold“ betroffen. Aber auch in den Industrieländern muss das lebensnotwendige Element immer teurer erkauft werden. Vor allem die industrielle Landwirtschaft mit ihren bewässerungsintensiven Monokulturen verursacht in den Ländern des globalen Südens Wassermangel. Mit dem kostbaren Wasser werden Nahrungsmittel für die Industrieländer und Energiepflanzen für die Befriedigung unserer Mobilitätsbedürfnisse erzeugt. Juana Vera aus Peru, Doktorandin an der Universität Wageningen, Niederlande, stellt fest: „Paradoxerweise importieren die zumeist wasserreichen Industrieländer mit den Nahrungsmitteln indirekt große Wassermengen aus den wasserarmen Regionen der Erde und tragen zur Verschärfung der dortigen Situation bei.“
Im Jahr 2002 formulierten die Vereinten Nationen das Menschenrecht auf Wasser, welches den Zugang zu sicherem Wasser für alle Menschen garantiert. Obwohl 147 Staaten dieses Übereinkommen unterschrieben haben, wird das Recht auf Wasser ständig verletzt. In Uruguay ist der Zugang zu Wasser durch einen Volksentscheid seit 2004 in der Verfassung garantiert. Kim Weidenberg von FIAN sagt dazu: „Menschenrechte haben Vorrang vor Wirtschaftsprofiten. Das Recht auf Wasser muss in allen Ländern in der nationalen Gesetzgebung verankert werden. Deutschland hat die Pflicht, die Einhaltung der Menschenrechte in Handelsabkommen und in der Entwicklungszusammenarbeit sicher zu stellen.“
Für die TeilnehmerInnen der Tagung stand außer Frage, dass die Netzwerke des nationalen wie internationalen Widerstandes noch enger geknüpft werden müssen, um gegen alle Formen der ungerechtfertigten Aneignung und Ausbeutung der natürlichen Ressourcen unserer Erde wirkungsvoll kämpfen zu können. Vera Morgenstern, die Leiterin des Bereichs Frauen- und Gleichstellungspolitik bei ver.di, versprach deshalb auch, dass sie die ‚blaue Agenda’ der Frauen zum Wasserthema mit der gewerkschaftlichen Kampagne für ‚öffentliche Dienste von hoher Qualität’ auf nationaler und internationaler Ebene verbinden werden.
Die Berliner Tage am Wannsee waren eine wichtige Ermutigung, auch weiterhin engagiert und solidarisch miteinander ins Gespräch und in Aktion zu kommen. Der Kampf um das Recht auf Wasser verbindet Frauen und Männer, in Nord und Süd.
Die Tagung wurde gemeinschaftlich veranstaltet von Ecomujer, ver.di (Bereich Frauen- und Gleichstellungspolitik), genanet – Leitstelle Gender, Umwelt, Nachhaltigkeit, Rosa-Luxemburg-Stiftung und der internationalen Menschenrechtsorganisation FIAN.
Sonja Vieten (Ecomujer)
Weitere Informationen:
Sonja Vieten (sonja.vieten@arcor.de)
oder auf den Seiten von
www.verdi.de (Bereich Frauen- und Gleichstellungspolitik)
Programm
Freitag, 22. 02. 2008
Öffentliche Veranstaltung zum Internationalen Frauentag 2008
ver.di-Bundesverwaltung, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin
18:00 Uhr
Begrüßung und Eröffnung
Vera Morgenstern (ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft und PSI-Weltfrauenausschuss)
Monika Schierenberg (EcoMujer )
Imbiss
19:00 – 21:00 Uhr Eröffnungsvortrag
Frauen und Wasser – Frauen – Macht – Gerechtigkeit
Prof. Dr. Christine Bauhardt (Humboldt-Universität Berlin)
Lourdes Martínez (Frauen- und Wasserausschuss der Federación Functionarios des Obras Sanitarias del Estado – FFOSE, Uruguay)
Moderation: Klaudia Seifert (ver.di Bundesverwaltung)
Bus-Shuttle in die Tagungsunterkunft:
ver.di-Bildungs- und Begegnungszentrum Clara Sahlberg, Koblanckstraße 10, 14109 Berlin
Samstag, 23. 02. 2008
Ort: ver.di-Bildungs- und Begegnungszentrum Clara Sahlberg
9:00 – 10:00 Uhr Vorträge
Wasser aus historisch-kultureller Perspektive
María Elena Cumali Alvarado, Bolivien
Juana Vera (Universität Wageningen, Niederlande / Peru)
Moderation: Ulrike Röhr (genanet)
10:00-10:30 Uhr: Eröffnung der Ausstellung »Wasserstreifen«
von Ria Blumenthal (Künstlerin, Düsseldorf), Vitaminpause
10:15 – 10:30 Uhr Vitaminpause
10:30 – 12:30 Uhr Parallele Workshops
Wasserver- und -entsorgung als eine der existenziellen kommunalen Dienstleistungen – Gewerkschaftliches Handeln global, auf EU-, nationaler und kommunaler Ebene
Input: Ingetraut Bernhard (ver.di Fachbereich Ver- und Entsorgung) und Nora Wintour (stellvertretende Generalsekretärin der IÖD)
Frauenvertreterin des ver.di-Fachbereiches Ver- und Entsorgung
Moderation: Vera Morgenstern (ver.di und IÖD)
Wem gehört das Wasser? Wasser unter der Herrschaft neuzeitlichen Denkens und Handelns
Input: PD Dr. Uta von Winterfeld (Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie)
Moderation: Monika Schierenberg (EcoMujer)
Menschenrecht auf Wasser
Input: Kim Weidenberg (FIAN Deutschland) und Roxana Deras (El Salvador, Generalsekretärin der STSEL (Sindicato de Trabajadores del Sector Eléctrico) und Nationale Koordinatorin der IÖD)
Moderation: Julika Lena Schmitz (genanet – Leitstelle Gender, Umwelt, Nachhaltigkeit)
Volle Tanks – durstige Monokulturen: Agrokraftstoffe in der Kritik
Input: Dr. Lena Partzsch (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, UFZ) und Silvia M. A. Hernández (Universidad Pedagógica, Pinar del Río, Kuba)
Moderation: Sonja Vieten (EcoMujer)
Theaterworkshop: Wasser des Lebens
Leitung: Prof. Isolde Alber (Theaterpädagogin, Sprecherzieherin)
12:30 – 13:30 Uhr Mittagessen
14:00 – 15:30 Uhr Podiumsdiskussion
Voneinander lernen: Frauen im Widerstand in Nord und Süd
Carmen Herrera (Mexiko), Roxana Deras (STSEL, IÖD), Dorothea Härlin (Berliner Wassertisch), Kristine Karch (EcoMujer)
Moderation: Kim Weidenberg (FIAN Deutschland)
15:30 – 16:00 Uhr Kaffeepause
16:00 – 18:00 Uhr Parallele Workshops
Voneinander lernen: Frauen im Widerstand in Nord und Süd
Fortsetzung und Vertiefung der Themen aus der Podiumsdiskussion
Moderation: Ulrike Röhr (genanet – Leitstelle Gender, Umwelt, Nachhaltigkeit )
Fortsetzung der Workshops vom Vormittag
18:00 – 18:45 Uhr Abendessen
Ab 19:30
Vorstellung der Ergebnisse des Theaterworkshops
Austausch, Film, Musik & Tanz
Sonntag, 24.02.2008
9:30 – 12:30 Uhr Präsentation der Workshoparbeit
Abschlussplenum und Ausblick
12:30 Uhr Mittagessen und Abreise
Kontakt und Information
Sonja Vieten
Fon: 02131/75 31 966 - mobil 0176/21610484 - Fax: 02131/3149295
sonja.vieten@arcor.de
Ecomujer
Rochusstr. 43 - 40476 Düsseldorf Fon/Fax: 0211/4921301
www.ecomujer.org info@ecomujer.org
Dokumentation
Zahlreiche weitere Text-Dokumentationen und Präsentationen finden Sie auf der Website von genanet: http://www.genanet.de/download-wasser.html
Presseberichte
junge Welt / 29.02.2008 / Feminismus / Seite 15:
Steter Tropfen
In Berlin berieten Frauen aus Deutschland und Lateinamerika Möglichkeiten des Widerstandes gegen Privatisierung, Verschmutzung und Verschwendung von Wasser
Sonja Vieten
Der Zugang zu sauberem Wasser ist ein Menschenrecht, eine (geschlechter-)gerechte Verteilung eine Menschenpflicht« – dies war eine der wesentlichen Aussagen der Fachtagung »Steter Tropfen höhlt den Stein – Frauen im Widerstand für ein Menschenrecht auf Wasser« vom 22. bis 24. Februar in Berlin. 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Wissenschaft, Gewerkschaften, Frauen-, Umwelt- und Menschenrechtsgruppen – unter ihnen Frauen aus Bolivien, Kuba, El Salvador, Mexiko, Peru, Kolumbien und Uruguay – diskutierten die Auswirkungen von Privatisierung, Verschmutzung und Verschwendung von Wasser auf die Lebensbedingungen von Frauen und Männern. Die Konferenz wurde von der Organisation Ecomujer, die Frauenrechten und Ökologie verpflichtet ist, vom Bereich Frauen- und Gleichstellungspolitik der Gewerkschaft ver.di, von genanet, der Leitstelle für Gender, Umwelt und Nachhaltigkeit, der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der internationalen Menschenrechtsorganisation FIAN veranstaltet.
»Bisher wurden die Geschlechterverhältnisse in der Wasserpolitik und im Wassermanagement nur unzureichend berücksichtigt, die Teilhabe und Mitwirkung von Frauen an Entscheidungen nur wenig beachtet«, beschrieb Monika Schierenberg für die Veranstalterinnen die Motivation für die Tagung. Gerade dies führe nicht selten zu ineffizienten Maßnahmen und verschlechtere die Lebenssituation von Frauen, ergänzte Ulrike Röhr von genanet.
In den Ländern des Südens sind viele Frauen unmittelbar von Wasserverknappung, Verteilungskämpfen und vom Handel mit dem »blauen Gold« betroffen. Aber auch in den Industrieländern muß das lebensnotwendige Element immer teurer erkauft werden. Und die industrielle Landwirtschaft mit ihren bewässerungsintensiven Monokulturen gehört in den Ländern des Südens zu den Hauptverursachern von Wassermangel. Mit dem kostbaren Wasser werden Nahrungsmittel und Energiepflanzen für die Industrieländer erzeugt. Juana Vera aus Peru, Doktorandin an der Universität Wageningen, Niederlande, stellte auf der Tagung fest: »Paradoxerweise importieren die zumeist wasserreichen Industrieländer mit den Nahrungsmitteln indirekt große Wassermengen aus den wasserarmen Regionen der Erde und tragen zur Verschärfung der dortigen Situation bei.«
Im Jahr 2002 formulierten die Vereinten Nationen das Menschenrecht auf Wasser, das den Zugang zu sicherem Wasser für alle Menschen garantieren soll. Obwohl 147 Staaten die Übereinkunft unterzeichnet haben, wird dieses Recht ständig verletzt. In Uruguay ist der Zugang zu Wasser durch einen Volksentscheid seit 2004 in der Verfassung garantiert. Kim Weidenberg von FIAN forderte, das Recht auf Wasser müsse in ähnlicher Weise in allen Ländern in der Gesetzgebung verankert werden. Sie appellierte an die deutsche Politik, »die Einhaltung der Menschenrechte in Handelsabkommen und in der Entwicklungszusammenarbeit sicherzustellen«.
Für die Teilnehmerinnen stand außer Frage, daß die Netzwerke des nationalen wie internationalen Widerstandes noch enger geknüpft werden müssen, um gegen alle Formen der ungerechtfertigten Aneignung und Ausbeutung der natürlichen Ressourcen unserer Erde wirkungsvoll kämpfen zu können. Vera Morgenstern, Leiterin des Bereichs Frauen- und Gleichstellungspolitik bei ver.di, versprach, man werde die »blaue Agenda« der Frauen zum Grundrecht auf Wasser mit der gewerkschaftlichen »Kampagne für öffentliche Dienste von hoher Qualität« auf nationaler und internationaler Ebene verbinden. Für viele Beteiligte war die Konferenz eine wichtige Ermutigung, auch weiter engagiert und solidarisch – und über Ländergrenzen hinweg – miteinander ins Gespräch und zu Aktionen zu kommen.
ecomujer.org, genanet.de