Dokumentation »Clara Zetkin oder: Dort kämpfen, wo das Leben ist«

Eine Lesung mit der Autorin Florence Hervé.

Information

Veranstaltungsort

Stadtbücherei Münster
Alter Steinweg 11
48143 Münster

Zeit

26.02.2008

Themenbereiche

Geschichte, Parteien- / Bewegungsgeschichte

Kein Redakteur im heutigen Deutschland würde es wagen, diese Frau in eine Talkshow einzuladen. Diese Frau war Opposition per se: Frauenrechtlerin, revolutionäre Sozialistin, Initiatorin des Internationalen Frauentags, Kriegsgegnerin, Kommunistin in der Tradition Rosa Luxemburgs, 1932 von den Nazis attackierte Alterspräsidentin des Deutschen Reichstags.

Clara Zetkin (1857 bis 1933) vor 1914 die »grande dame« der deutschen Sozialdemokratie, nach 1918 umstrittene und streitbare Persönlichkeit des deutschen Kommunismus, ist immer noch unbequem. Denn es lohnt sich, ihre Thesen zur Frauenerwerbstätigkeit, zur Schulbildung, zu Krieg und Frieden oder zum Faschismus neu zu entdecken.

Nicht zuletzt dafür wird sie abgestraft: mit dem Ausschluß aus dem Erinnerungskanon. Trotzdem hallt der Name Clara Zetkins aus dem vergangenen Jahrhundert herüber, signalisiert er doch immer noch auch denen, die sonst nichts wissen, eines: Widerstand. Dafür wird sie von den einen abgelehnt, von den anderen geliebt.

(Klappentext des im Dietz Verlag Berlin erschienenen Buches)

Pressedokumentation:

Münstersche Zeitung.de

Clara Zetkin: Die Frau der Revolution

Helmut Jasny am 27.02.2008 20:27 Uhr

MÜNSTER Für Kaiser Wilhelm II. war sie „die gefährlichste Hexe des deutschen Reiches“. Kein Wunder: Als Sozialistin und Feministin stellte sie so ziemlich alles in Frage, was dem Oberpreußen heilig war.

Florence Hevré

Florence Hervé las in Münster aus ihrer Clara-Zetkin-Biografie.

Foto: Jasny

Beispielsweise das tradierte Familienbild, wenn sie für die Erwerbstätigkeit der Frau kämpfte. Die war ihr sogar noch wichtiger als das Wahlrecht, weil sie finanzielle Selbständigkeit als unabdingbare Voraussetzung für die Befreiung der Frau ansah.

Clara Zetkin (1857-1933) lebte, was sie propagierte. Nach einer Lehrerinnen-Ausbildung trat sie 1878 in die Sozialistische Arbeiterpartei ein und übernahm 1891 die Redaktion der Zeitschrift „Die Gleichheit“, die in ihrer besten Zeit eine Auflage von 124000 Exemplaren erreichte. Trotz Krankheit nahm sie an der Revolution von 1918/19 teil und wurde als Spitzenkandidatin der KPD in den Reichstag gewählt, wo sie 1932 als Alterspräsidentin zur Einheitsfront gegen den Faschismus aufrief.

„Es ist die Mischung aus revolutionärer Entschlossenheit und Menschlichkeit, die Clara Zetkin so interessant macht“, erklärt Florence Hervé. Die Germanistin und Publizistin hat sich in ihrer Zetkin-Biografie mit dem Leben der sozialistischen Feministin auseinander gesetzt. Auf Einladung des Rosa-Luxemburg-Clubs stellte sie das Buch in Münsters Stadtbücherei vor.

Auf der Grundlage von Briefen und Dokumenten, die lange Zeit nicht zugänglich waren, behandelt sie Themen wie Erziehung, Ehe und Krieg, den Zetkin als brutalste Form der Ausbeutung der Massen betrachtete. Auch die unterschiedliche Rezeptionsgeschichte war Thema der Lesung. Während Zetkin in der DDR als Sozialistin und Antifaschistin aufs Podest gehoben wurde, hatte ihr Alice Schwarzer im Westen eine Spaltung der Frauenbewegung vorgeworfen – zu Unrecht, wie Hervé findet und auch belegt.

Florence Hervé: Clara Zetkin oder: Dort kämpfen, wo das Leben ist. Karl Dietz Verlag Berlin 2007, 147 S., 6,90 Euro