Arbeitskreis Türkei der RLS am 17.06.2013:
„V-Leute sind bezahlte Täter“ - Der NSU-Prozess und seine Bedeutung für den Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus
Zwischen 2000 und 2007 haben die Mitglieder des «Nationalsozialistischen Untergrunds» (NSU) zehn Menschen umgebracht. Hinzu kamen zwei Sprengstoffanschläge mit insgesamt 23 Verletzten.
Der Gerichtsprozess gegen die Mitglieder der Untergrundorganisation NSU läuft seit dem 06. Mai 2013 in München.
Vor über einem Jahr wurde ein Untersuchungsausschuss im Bundestag eingesetzt, um einen Beitrag zur Aufklärung der Taten der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) zu leisten. Der Untersuchungsausschuss soll auch über Struktur und Zusammenarbeit der Sicherheits- und Ermittlungsbehörden sowie zur effektiven Bekämpfung von Rechtsextremismus Ergebnisse erzielen.
Nach den Brandanschlägen von Rostock im März 1992, Mölln im November 1992 und Solingen im Mai 1993 wird vom NSU-Prozess nicht nur ein gerechtes Urteil erwartet, sondern dass die Hintergründe aufgeklärt werden. Das Türkei-Forum der Rosa-Luxemburg-Stiftung begleitete diesen Prozess mit einer kritischen Diskussion über Rechtsextremismus und Rassismus in breiten gesellschaftlichen Kreisen und zog Schlussfolgerungen.
Es diskutierten:
Petra Pau, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, und Obfrau im NSU- Untersuchungsausschusses für die Fraktion DIE LINKE
und
Ahmet Külahçı, Journalist, Hürriyet- Berlin.
Hakan Taş, innenpolitischer Sprecher der Fraktion Die LINKE im Berliner Abgeordnetenhaus, moderierte.
Zum Inhalt: Nach 75 Sitzungen des NSU-Untersuchungsausschusses hält Petra Pau die Übernahme der politischen Verantwortung für dringend gegeben. Sie erläutert Vorschläge für eine Präventionsarchitektur und weist auf die Versäumnisse und mangelnde Kooperationsbereitschaft der Innenminister hin.
Ahmet Külahçı weist darauf hin, daß viele türkische Medien nach den ersten Morden auf einen rassistischen Hintergrund hingewiesen hätten, während der Ermittlungen jedoch darauf nicht eingegangen wurde und das Verfahren so in die falsche Richtung gelenkt wurden. Er unterstreicht Petra Paus Aussagen und ergänzt, daß das Vertrauen in Justiz und Sicherheitsbehörden nachhaltig verletzt worden sei.
Am Beispiel des sich mit neuer Identität auf freien Fuß befindlichen Angeklagten Carsten Szczepanski wird klar, daß Offizialdelikte entgegen der gesetzlichen Regelungen regelmäßig nicht an die zuständigen Behörden gemeldet wurden! Es bleibt festzustellen, daß die Rolle der Geheimdienste und Ermittlungsbehörden in einem als Rechtsstaat bezeichneten Land dringend weiterer Aufklärung bedarf. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung wird ihren Beitrag dazu leisten.
Maik Hennig