«Willis Erben – Wer keine Erinnerung hat, hat keine Zukunft» war das Motto der feierlichen Veranstaltung anlässlich des 100. Geburtstages von Wilhelm Rentmeister (24.11.1913 – 15.2.1997) am Samstag, dem 23. November.
Eingeladen hatten das Deutsche Mauthausen Komitee Ost e.V. (DMKO) und der Gesprächskreis „Geschichte für die Zukunft“ bei der Rosa Luxemburg Stiftung. Ca. 75 Teilnehmer_innen und Aktur_innen – der Jüngste 14 Jahre alt; der Älteste 97 Jahre alt – sind dieser Einladung gefolgt und haben gemeinsam mit Familie Rentmeister, allen voran, Elsa Rentmeister, die Ehrenvorsitzende des DMKO und Witwe von Willi Rentmeister, einen unvergesslichen Nachmittag und Abend verbracht.
Willi Rentmeister war Kommunist, Spanien- und Widerstandskämpfer gegen die Nazidiktatur. Seine ganze Familie, die vier Brüder, zwei Schwestern und die Mutter haben zwischen Januar 1933 und Mai 1945 insgesamt 43 Jahre und neun Monate in faschistischen Zuchthäusern und Konzentrationslagern, 11 Jahre in der Illegalität und Emigration verbracht.
Willi war wie sein Bruder Robert, neben zahlreichen weiteren KZ`s im Netzwerk des braunen Terrors auch ins gefürchtete KZ Mauthausen verschleppt worden, wo er als politischer Häftling mit dem Vermerk „R.u.“ (Rückkehr unerwünscht) eingeliefert wurde. Die Befreiung des letzten großen Konzentrationslagers des Nationalsozialismus am 5. Mai 1945 erlebte Willi dennoch.
Kommunist blieb er ein Leben lang, aber ein sehr streitbarer, der sich nicht scheute, sich auch offen gegen die offizielle Politik der Partei- und Staatsführung der DDR zu stellen, wie etwa während der Niederschlagung des „Prager Frühlings“ im Sommer 1968.
Als langjähriger Vorsitzender der Lagergemeinschaft Mauthausen der DDR vertrat er diese bis 1993 im Internationalen Mauthausen Komitee.
Die Biografie zahlreicher weiterer ehemaliger – bis heute weitgehend unbekannter - Mauthausenhäftlinge – aus der Vergessenheit zu holen, wäre in Willi Rentmeisters Sinne gewesen. Deshalb haben das DMKO und der Gesprächskreis „Geschichte für die Zukunft“ gemeinsam mit Elsa Rentmeister beschlossen, mit der feierlichen Begehung des 100. Geburtstages von Willi Rentmeister erste Ergebnisse eines vor ca. zwei Jahren initiierten bundesweit angelegten Jugend-Ausstellungs-Work-in-Progress-Projekts vorzustellen. Jugendliche aus vier Bundesländern –Brandenburg, Hamburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt, musikalisch umrahmt von der Gruppe „MANIFEST“, berichteten über ihre Biografieforschungen zu Peter van Pels, Ernst Pose, Hermann Kühl, Otto Wiesner und Hugo Höllenreiner. Hugo Höllenreiner, ein Sinto aus Bayern, der während des Faschismus mit seiner gesamten Familie nach Auschwitz deportiert worden war und selbst auch die KZ`s Mauthausen und Bergen-Belsen überlebte, hatten wir als Ehrengast zur feierlichen Veranstaltung anlässlich des 100. Geburtstages von Willi Rentmeister eingeladen. Ein unerwarteter Krankenhausaufenthalt verhinderte sein Kommen. Unsere Genesungswünsche und eine Videobotschaft über die Veranstaltung vom 23. 11. werden hoffentlich dazu beitragen, dass es Hugo Höllenreiner bald wieder besser geht.
Alle vorgestellten Biografien ehemaliger Mauthausenhäftlinge werden künftig in die bestehende Ausstellung „Im Tod lebendig. Erinnern heißt handeln“ einfließen. Diese Ausstellung enthält bereits fünf Biografien ehemaliger deutscher Mauthausenhäftlinge (Vera Mitteldorf, Johannes Müller, Robert Rentmeister, Wilhelm Rentmeister und Roman Rubinstein) und die Geschichte der oberösterreichischen Familie Langthaler, die zwei von 500 während der „Mühlviertler Hasenjagd“ aus dem KZ Mauthausen geflohenen sowjetischen Offizieren das Leben rettete. Insbesondere die enge Zusammenarbeit mit Anna Hackl (geb. Langthaler und jüngstes Mitglied der Familie), ihre Zeitzeuginnenberichte auch in Schulen Deutschlands, ermutigen immer wieder Schüler_innen, sich aktiv mit dem antifaschistischen Widerstand 1933 – 1945; dem Netzwerk des braunen Terrors und insbesondere auch mit Biografien ehemalige Mauthausenhäftlinge zu beschäftigen und auseinander zu setzen.
Die Ausstellung „Im Tod lebendig. Erinnern heißt handeln“ in ihrer bisherigen Form, Ergebnis einer Kooperationsvereinbarung zwischen der damaligen Deutschen Lagergemeinschaft Mauthausen, heute „Deutsches Mauthausen Komitee Ost e.V., dem Ernst-Haeckel-Gymnasium Werder/Havel und dem 26. Lyceum Warschau, findet seit Jahren viel Beachtung in der geschichtspolitischen Arbeit mit Jugendlichen. Sie ist an vielen Bildungseinrichtungen unseres Landes bereits fester Bestandteil der Schüler_innenarbeit an „Schulen ohne Rassismus, Schulen gegen Gewalt“.
Die Rosa Luxemburg Stiftung hat das zum Anlass genommen, diese Ausstellung in einem Format unter Pädagog_innen und weiteren Multiplikator_innen historisch-politischer Jugendbildung zu verbreiten, das es ermöglicht, bundesweit und auch international an Schulen zur Arbeit mit der Ausstellung zu werben, verstärkt damit zu arbeiten und sich an dem Gemeinschaftsprojekt von DMKO und RLS zur ständigen Vervollständigung unter dem Motto „Mauthausen-Ausstellung in Progress“ zu beteiligen.
Die während der feierlichen Veranstaltung anlässlich des 100. Geburtstages von Willi Rentmeister vorgestellten fünf Biografien ehemaliger Mauthausenhäftlinge – Hugo Höllenreiner, Otto Wiesner, Hermann Kühl, Ernst Pose, Peter van Pels – werden bald Bestandteil der bisherigen Ausstellung „Im Tod lebendig. Erinnern heißt handeln“ sein.
Das DMKO und der Gesprächskreis „Geschichte für die Zukunft“ würden sich freuen, wenn sich weitere Interessent_innen bereitfinden, am Jugend-Ausstellungs-Work-in-Progress-Projekt mitzuwirken; es wäre sicher auch im Sinne von Willi Rentmeister und allen Antifaschist_innen - damals wie heute.
Cornelia Domaschke
Programm
15:30 Uhr Begrüßung durch die Vorsitzende des DMK Ost, Eva Mendl
Programm von Schülerinnen und Schülern zu Biografien ehemaliger Mauthausenhäftlinge
Willi Rentmeister Kommunist und Widerstandskämpfer
Hugo Höllenreiner Überlebender von Auschwitz, Mauthausen, Bergen-Belsen (Ehrengast der Veranstaltung)
Otto Wiesner Kindheit und Jugend
Hermann Kühl Gerettet durch Solidarität
Ernst Pose Überlebenskampf im KZ-Alltag
Peter von Pels Leidensgefährte von Anne Frank
Musikalische Umrahmung des Schüler_innenprogramms: Gruppe «MANIFEST»
19:30 Uhr Ausklang mit Imbiss
Programm | 24.11.2013 | Exkursion
9:00–12:00 Uhr Busexkursion «Rosa Luxemburgs Leben und Werk in Berlin»
mit Claudia von Gelieu
Moderation Dr. Cornelia Domaschke
Koordinatorin GK «Geschichte für die Zukunft»