30 Jahre nach der Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland sind die daraus resultierenden sozialen, wirtschaftlichen und politischen Transformationen immer noch in vollem Gange. Die Kommission der Bundesregierung «30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit» hatte zur Aufgabe, den bisherigen Transformations- und Vereinigungsprozess zu reflektieren und die Erkenntnisse für die Entwicklung weiterer Schritte auf dem Weg zur Deutschen Einheit zu nutzen.
In ihrem Abschlussbericht fordert die Kommission die Bundesregierung auf, die Aufbau- und Lebensleistung der Ostdeutschen deutlicher zu machen. Friedliche Revolution und Deutsche Einheit werden in Ost und West zwar mehrheitlich positiv bewertet. So machen beispielsweise nur 10 Prozent der Bürger*innen die Einheit überwiegend für Verluste verantwortlich. Gleichzeitig erklären bis zu zwei Drittel der Ostdeutschen in Umfragen, dass sie sich in Deutschland noch immer als «Menschen zweiter Klasse» behandelt fühlen.
Eine zentrale Empfehlung der Kommission ist die Errichtung eines interdisziplinären «Zukunftszentrum für Europäische Transformation & Deutsche Einheit». Das Zentrum soll als Ort für Wissenschaft, Dialog, Begegnung und Kultur dienen, um die Erfahrungen der Transformation in Ostdeutschland zu verarbeiten und für die Zukunft nutzbar zu machen. Des Weiteren geht es um die Förderung strukturschwacher Regionen, um den Ausbau von Sozialpartnerschaften und die Repräsentation von Ostdeutschen in Führungspositionen und im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Der Bericht stellt allerdings auch heraus, dass stetiger Wandel und fortgesetzte Transformation keine spezifisch ostdeutsche Herausforderung darstellt. In diesem Sinne gilt es, den Transfer von Erkenntnissen und Erfahrungen zu tiefgreifenden gesellschaftlichen Transformationsprozessen über vermeintliche und tatsächliche Grenzen hinweg zu vollziehen. So können und sollten die Erfahrungen in Ostdeutschland auch genutzt werden, um andere Transformationsaufgaben wie neue Technologien und Klimakrise anzugehen. Wie genau dies gelingen kann, soll Gegenstand unserer Diskussion sein.
Politische Lehren (nicht nur) für das Wahljahr 2021
Wie das Progressive Zentrum mitgewirkt hat
Mehrere Köpfe des Progressiven Zentrums waren in den Prozess der Kommission eingebunden. So trug der Vorsitzende unseres Wissenschaftlichen Beirats, Prof. Dr. Wolfgang Schroeder, zusammen mit Prof Dr. Daniel Buhr eine Studie unter dem Namen «Dynamiken, Steuerungen und zukünftige Gestaltungschancen von Revolution, Transformation und Vereinigung» bei.
Zum Thema «Integration und Identität. Deutschland 30 Jahre nach der Wiedervereinigung» leistete Dr. Florian Ranft, Leiter des Programmbereichs Strukturwandel, gemeinsam mit Jun.-Prof. Dr. Tom Mannewitz und Prof. Dr. Tom Thieme eine Kurzstudie, die ebenfalls in die Erstellung des Abschlussberichts der Kommission «30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit» mit einfloss.
In diesem Beitrag erklärt Thomas Kralinski, warum das von der Kommission vorgeschlagene «Zukunftszentrum für Europäische Transformation & Deutsche Einheit» wichtig ist.