Video | Deutsche / Europäische Geschichte, 30 Jahre 89/90, Livestream «Der Mensch wird abgerichtet, oder er wird hingerichtet» (Wedekind)
«Der Mensch wird abgerichtet, oder er wird hingerichtet» (Wedekind)
Kolonialismus, Stellvertreterkriege, Neuordnungen: 1871 – 1990 – 2020
Mit der ersten deutschen Einheit entstand nach 1871 ein «Konzert der Großmächte», das die Welt verwandelte. Eine forcierte Industrialisierung mit epochalen Innovationen (Telefon, Auto, Elektromotor), kolonialem Expansionismus und eine «Weltpolitik», vor der sowohl der konservative Bismarck als auch der linke Engels warnte, verbanden sich und vieles endete im mit dem Ersten Weltkrieg beginnenden Katastrophenzeitalter.
Heute stellen sich in einer zerklüfteten, multipolaren Welt des 21. Jahrhunderts alte Fragen neu. So werden im neuen planetarischen Zeitalter die alten Nationen anders bestimmt als im 19. Jahrhundert. Dennoch bleibt Deutschland eine Macht in der Mitte des Kontinents, trotz der Amputationen nach 1945 zu groß und stark für viele andere Staaten Europas, aber zu klein und schwach um Vorherrscher auf dem Kontinent zu sein; auf dem Planeten bleibt man ohnehin eine Mittelmacht. «Die Rolle, die Deutschland zwischen 1890 und 1945 in der europäischen Politik gespielt hat, ist eine Hypothek, die den Spielraum der deutschen Politik heute begrenzt», so Herfried Münkler.
Gleichzeitig geht es heute darum, sich der Aufgabe eines Ausgleichs mit den ehemals kolonialisierten Gebieten zu stellen, den Rassismus zurückzudrängen. Bénédicte Savoy, die für eine radikale Rückgabe von Raubkunst streitet, war schockiert über einen Archivfund, «einen Bericht von 1980/81, der genauso wie unser Bericht war. Damals hatte der französische Staat einen hoch angesehenen Museumswissenschaftler beauftragt, sich zusammen mit einem Gremium von Experten Gedanken zu machen über die Rückgabe von Kulturgütern nach Afrika.» Nichts war geschehen, alles versandete.
Welche Möglichkeiten gibt es, aus den alten Zurichtungen auszubrechen?
Livestreamaufzeichnung mit Bénédicte Savoy, Herfried Münkler, Madina Meyes und Anna Sophie Schindler.
Moderation: Achim Engelberg und Albert Scharenberg