Kritische Geschichtwissenschaft braucht Theorie, auch Theorie, die ersteinmal nichts mit der Disziplin zu tun hat. Hier bieten sich die politik- und sozialwissenschaftlichen Schulen an, die im Feld zwischen Akademie, politischer Kritik und Bewegung wichtig sind.
Natürlich kann mensch in solch einem Überblick nur einige wichtige Primär- und Sekundärtitel nennen, deren Zuordnung natürlich nicht immer ganz leicht und eindeutig möglich ist.
Im Dezember 1997 publizierte Christoph Spehr in alaska. Zeitschrift für Internationalismus Nr. 217 den Text Befreiungstheorien im Elchtest, der online noch hier bei linksnet verfügbar ist.
In ihm wurden verschiedene Theorietraditionen, die in der politischen und kulturellen Linken damals eine Rolle spielten, die aber vorrangig nicht aus dem deutschen Sprachraum kamen, und teilweise damals (und auch heute) relativ unbekannt waren, einem Alltagstest unterzogen. Befreiungstheorien
a) haben einen herrschaftskritischen Ansatz, der gesellschaftliche Mißstände nicht als Irrtümer behandelt, sondern als Ausdruck einer falschen Ordnung und von Herrschaft
b) haben eine gewisse materialistische Fundierung, es geht nicht um Spiritualität, die ohne Bodenhaftung zur materiellen Welt ist
c) können auch im postmodernen Nebel unterscheiden, was gute Absichten und was harte gesellschaftliche Interessen sind.
d) bieten eine gewisse gesellschaftlich-politische Perspektive und geben zumindest vor, handlungsleitend für den Alltag zu sein
Mensch sieht, dass diese Definition Raum für Diskusion lässt, (ist nicht die Wertkritik auch Esoterik ohne Bodenhaftung; Warum fehlt "der" Marxismus?)
aber um diese Diskussionen ginge es ja gerade auch .....
Zu jeder der damals zehn Befreiungstheorien wurde auch Literatur angeführt und u.a. der Sozialismus- und der Organisationskoeffizient ermittelt. Nur zwei Befreiungstheorien erreichten das Gesamturteil "sehr gut": Triple Oppression und Subsistenztheorie, zwei erreichten immer hin noch "gut": Affidamento und Soziale Ökologie.
Der Text wurde dann von mir und C. Spehr überarbeitet und erschien nochmals in der Zeitschrift Forum Wissenschaft vom Juli 1998.
Die jetzige Literaturliste wurde um Wertkritik und Postoperaismus erweitert und natürlich aktualisiert (Stand: Mitte 2005).
Zur Regulationstheorie wäre noch zu ergänzen:
Mario Candeias (2004): Neoliberalismus, Hochtechnologie, Hegemonie. Grundrisse einer transnationalen kapitalistischen Produktions-und Lebensweise. Eine Kritik, Argument, Hamburg.
(Vor allem die ersten beiden Kapitel "Regulation. Mit Marx und Gramsci" und "Zur Regulation der Räume") - Richard Heigl