Nachricht | GK Geschichte K. Fischer, S. Zimmermann (Hg.): Internationalismen, Wien 2008 (Buchhinweis)

Unterschiedlichste Internationalismen sind in den vergangenen 200 Jahren
im Kampf gegen weltweite Ungleichheit gestanden. In Form von Organisationen, Kongressen und Kampagnen ist versucht worden, globale Machtverhältnisse zu reformieren und/oder zu revolutionieren. Dabei handelte sich um so verschiedenartige Formen wie Friedenskongresse, den Kampf gegen die Sklaverei, die Internationale Arbeiter-Assoziation, die Kommunistische Internationale ("Komintern"), den Pan-Afrikanismus, das Rote Kreuz, das Ringen um weltweit gültige Arbeiterrechte, die Internationale des Frauenstimmrechts, den Völkerbund vor und die UNO nach dem Zweiten Weltkrieg, Kampagnen für Menschenrechte und transnational operierende Sozialforen. Die Agenden dieser Internationalismen reichten und reichen bis heute von radikaler Kapitalismuskritik bis zur vorsichtigen Reform der internationalen Beziehungen.
Die Dynamik der Internationalisierung speiste sich in hohem Maße aus westlichen Wurzeln. Seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhundert kam es zu einem explosionsartigen Anstieg internationaler Bestrebungen und zur raschen organisatorisch-institutionellen Verdichtung des Netzwerkes der Internationalismen. Die Epoche des kurzen 20. Jahrhunderts war durch einen zunehmend organisierten Multilateralismus, den zunehmend verrechtlichten Charakter, und die fortschreitende Globalisierung internationaler Organisation gekennzeichnet. Nach 1945 erhöhte sich die Zahl der internationalen Organisationen sprunghaft weiter. Seit den 1980er Jahren ist die Landschaft der organisierten Internationalismen neuerlich in Bewegung geraten.
Die Beiträge in diesem Band beschäftigen sich mit der Rolle, die die Internationalismen im 19. und 20. Jahrhundert in der Auseinandersetzung um globale Ungleichheit und in der Dynamik der historischen Umgestaltung der damit verbundenen Machtverhältnisse spielten. Im auf diese Weise grob umschriebenen Feld eines "Reform"-Internationalismus bewegten sich thematisch und politisch-ideologisch höchst unterschiedlich ausgerichtete und auch ganz unterschiedlich dimensionierte Bewegungen und Organisationen. Gefragt wird auch danach, inwiefern und mit welchen Konsequenzen die Internationalismen selbst von ungleichen globalen Beziehungen und Machtverhältnissen und von den jeweiligen historischen Auseinandersetzungen um diese Beziehungen geprägt waren.

Karin Fischer, Jahrgang 1965, Wirtschafts- und Sozialhistorikerin, ist Lehrbeauftragte an der Universität Wien, Projekt Internationale Entwicklung.
Susan Zimmermann, Jahrgang 1960, ist Professorin an der Central European
Uni-versity in Budapest, wo sie am Department of History und am Department of Gender Studies lehrt.

Karin Fischer, Susan Zimmermann (Hg.): Internationalismen. Transformation weltweiter Ungleichheit im 19. und 20. Jahrhundert. Wien: Promedia Verlag 2008 (Edition Historische Sozialkunde/ Internationale Entwicklung). 256 S. ISBN 978-3-85371-277-1, EUR 24,90

Quelle: Rundbrief 44/2 der ITh/Verlag