Pressemeldung | Blick auf Schlachtfelder

Vertreter der Friedensbewegung diskutierten am Wochenende in Kassel breite Palette von Themen. Warnung vor Angriffskrieg der USA gegen den Iran (junge welt, 4.12.2005)

»Neue Kriege in Sicht?« Das war die Leitfrage des 12. bundesweiten Friedensratschlags am Wochenende in Kassel. Der Iraner Mohssen Masarrht aus Kassel beantwortete sie beim Auftaktplenum vor mehreren hundert Aktivisten der Friedensbewegung sehr konkret. Bereits im März des kommenden Jahres müsse mit einem Luftschlag gegen den Iran gerechnet werden. Die USA würden nur noch auf das Scheitern der EU-Diplomatie im Atomstreit warten, die damit zum Bestandteil der kriegerischen US-Strategie geworden sei.

Die Charta der Vereinten Nationen sei mit dem Verbot von Angriffskriegen und der Legitimation antikolonialer Befreiungskämpfe eine »historische Errungenschaft«, erinnerte Professor Ernst Woit aus Dresden. Die von US-Strategen propagierte neue Weltordnung sei als Abkehr von internationalen Verträgen zugunsten der Freiheit des militärischen Handelns zu verstehen. Trotz der offensichtlichen Krise der UNO würde der Artikel 51 der Charta mit dem Verbot von Angriffskriegen allerdings aus eigenem Interesse von keiner Macht in Frage gestellt, zeigte sich Woit »nicht absolut pessimistisch«. Doch schwebe die UNO natürlich nicht über den Staaten, sondern spiegele das Kräfteverhältnis innerhalb der Staatengemeinschaft wider.

»Ein oder mehrere Imperien?« war ein Forenblock überschrieben. Das Schicksal des US-Imperiums entscheide sich in Ostasien, meinte Erhard Cromme von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, während sich Harri Grünberg aus Berlin mit der Herausforderung der USA durch den unter anderem von Hugo Chavez, Präsident Venezuelas, verkörperten Aufbruch in Lateinamerika auseinandersetzte. Thomas Roithner aus Wien und der Europaabgeordnete Tobias Pflüger schilderten die Wandlung der Europäischen Union von einer Handelsmacht zur Kriegsallianz.

Ein pessimistisches Bild zeichnete die im Irak lebende Journalistin Karin Leukefeld von der Situation im besetzten Zweistromland. So würde in Europa kaum wahrgenommen, daß vom irakischen Innenministerium gebildete Todesschwadrone bereits Hunderte Menschen hingerichtet hätten. Wild um sich schießende Söldnertruppen von Privatunternehmen seien mittlerweile selbst für die US-Besatzungstruppen zu einer Gefahr geworden. Die Entführung der deutschen Archäologin Susanne Osthoff und unzähliger weiterer Zivilisten wurde von vielen Teilnehmern des Friedensratschlags als Folge der US-Besatzungspolitik verstanden. Sie forderten die Bundesregierung auf, ihre Unterstützung für die Besatzung sofort zu beenden.