Am 31. August und 1. September 1991 fand das erste Seminar der heutigen Rosa-Luxemburg-Stiftung statt. Unter Mitwirkung von Karl Ossip von Flechtheim ging es damals um die Geschichte der Weimarer Republik. Das Thema war in die Frage gekleidet „Demokratie ohne Chance?“. Diesem Beginn der politischen Bildungsarbeit der Stiftung war jetzt ein Workshop gewidmet. Unter der Überschrift „(Un)Sinn und (Irr)Wege politischer Bildung“ wurden aktuelle Probleme, Erfahrungen und Entwicklungen linker politischer Bildung diskutiert.
Obwohl erst fünfzehn Jahre alt, ging es an diesen beiden Tagen doch ziemlich erwachsen her. Wie verändert politische Bildung die Welt? Im offiziellen „Modernisierungsdiskurs“ politischer Bildung wird diese Intention nur noch selten artikuliert. Aufklärung, Emanzipation, Gesellschaftskritik oder gar Gesellschaftsveränderung gehören längst nicht mehr zu den Leitkategorien politischer Bildung. Denn die Welt ist gut so, wie sie ist. Politische Bildung im Sinne ihrer Modernisierer ist dienstleistungs-, angebots- und nachfrageorientiert und bedient Kunden. Die Wirtschaftliche Verwertbarkeit ihres Angebots, Orientierung an der Marktlogik sind ihre zentralen Orientierungspunkte geworden. Aufklärung hat in diesem Selbstverständnis keinen Platz mehr. Hier dominiert die Vorstellung vom Kapitalismus als dem Ende der Geschichte, ohne Alternative. Diese Art politischer politische Bildung, so die einhellige Ansicht der TeilnehmerInnen des Workshops, bringt keine politischen Akteure hervor, sondern Konsumenten, keine Gemeinschaften, sondern Einkaufzentren. Linke politische Bildung sollte in ihren Zielen, Kontexten und Verfahren offensiver Flagge zeigen und diesem Trend Widerstand entgegensetzen. Den dafür notwendigen Raum will der Gesprächskreis schaffen.
Nachricht | Gesprächskreis politische Bildung gegründet
Ein Bericht von Dieter Schlönvoigt