Pressemeldung | Commons / Soziale Infrastruktur - Kapitalismusanalyse Wem gehört das Wasser? Konferenz warnt vor Privatisierung kommunaler Unternehmen

Auf einer Konferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin wurde zwei Tage lang über die Wasserversorgung diskutiert. (Neues Deutschland, 30.10.2006)

Rund um den Globus sind Wasserversorgung und Abwasserentsorgung ein heiß umstrittenes Thema. Hier zu Lande stöhnen vielerorts die Bürger über steigende Preise. Entsprechend schlug Ende letzter Woche eine Wasserkonferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin einen Bogen von der internationalen Ebene zu hiesigen Kommunen.

Ein markanter Unterschied zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern wurde dabei aber deutlich: Während in letzteren oft noch der Aufbau verlässlicher Netze auf der Tagesordnung steht, ist in manchen Regionen Europas Schrumpfen angesagt. Der Bevölkerungsrückgang, so Mathias Naumann vom Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung in Erkner, stelle die Kanalnetzbetreiber vor neue Probleme. Weite Teile Ostdeutschlands, aber auch Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens müssten auf Grundlage einer langfristig abnehmenden Bevölkerung planen. Von 1991 bis 2004 sei der Wasserverbrauch aufgrund mehrerer Faktoren im Westen um 18 Prozent und im Osten gar um 45 Prozent zurückgegangen. Die Versorgungsleitungen seien schon jetzt oft überdimensioniert. Die Folge: Das Wasser steht zu lange in den Leitungen. Dadurch erhöht sich die Gefahr, dass es verkeimt und die Leitungen durch Ablagerungen »zuwachsen«. Mit dem demografischen Wandel kommen daher Zusatzkosten auf die Ver- und Entsorgungsbetriebe zu.

Die Frage wird angesichts leergefegter kommunaler Kassen natürlich sein: Wer soll das bezahlen? Der Kölner Publizist Werner Rügemer verwies auf die zum Teil schon jetzt extrem hohe Gebührenlast der Bürger in Ostdeutschland. Privatisierung habe vielerorts die Probleme weiter verschärft.

Von den Folgen wusste auch der Personalratsvorsitzende der Berliner Wasserbetriebe (BWB), Thomas Thiele, zu berichten. Nicht einmal als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat habe er vollständigen Einblick in den Privatisierungsvertrag erhalten, der den Verkauf von 49,9 Prozent der Anteile an RWE und Veolia besiegelte. Seinerzeit seien der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und sogar neue Arbeitsplätze zugesagt worden. Das Gegenteil ist eingetreten: 1995 waren 7014 Personen bei den BWB beschäftigt, so Thiele. Zum Zeitpunkt der Teilprivatisierung, die sich am Sonntag zum siebenten Mal jährte, war die Beschäftigtenzahl auf 6262 zurückgegangen. Heute würden sich 4950 Mitarbeiter etwa 4500 Vollzeit-Arbeitsplätze teilen. Erreicht wurde der Abbau durch Arbeitsverdichtung und Schließung von sechs Wasserwerken. Seit 2003 seien in Berlin die Wasserpreise um 23,5 Prozent gestiegen.

Da erstaunt es, dass sich die Gewerkschaft ver.di bisher nicht der Forderung nach Re-Kommunalisierung anschließen mag, die zum Beispiel vom »Berliner Wassertisch« erhoben wird. Vertreter des Bündnisses wiesen darauf hin, dass die Renditegarantie von acht Prozent, die RWE und Veolia gegeben wurde, auch den Berliner Landeshaushalt belastet. »Die Rückabwicklung der Privatisierung wäre günstiger, als den Vertrag wie vereinbart bis 2029 laufen zu lassen«, so Alexis Passadakis. SPD und PDS hätten in ihren Wahlprogrammen zugesagt, die Re-Kommunalisierung zu prüfen. Ohne gesellschaftlichen Druck werde das aber wohl ein Versprechen bleiben.