Pressemeldung | Kapitalismusanalyse Linke Kritik am Emissionshandel

Kontroverse Sicht bei umweltpolitischem Fachgespräch der Linksfraktion (Neues Deutschland, 1.3.2007)

Ist Emissionshandel Klimaschutz oder Neoliberalismus pur? Nicht nur provokante Fragen wurden auf dem ersten umweltpolitischen Gespräch der Linksfraktion und der Rosa-Luxemburg-Stiftung am Montag in Berlin gestellt.

 
Emissionshandel ist die Privatisierung der Atmosphäre, wetterte Elmar Altvater, emeritierter FU-Professor. Gestandene Linke könnten solche Klimaschutzinstrumente nicht akzeptieren. Der Emissionshandel sorge nicht für Treibhausgasreduktionen, stattdessen würden Broker und andere Vasallen des internationalen Finanzkapitalismus Profite einstreichen. »Klimaschutz ist eine Menschheitsaufgabe, und uns fällt nichts anderes ein als Marktlösungen«, appellierte Altvater eindringlich.
Das Publikum war begeistert: Endlich werde das Hauptproblem wieder einmal beim Namen genannt: der Kapitalismus. Wäre es so einfach, hätte die Veranstaltung aber schon nach einer Viertelstunde zu Ende sein können. Leider seien die Umstände nun einmal so, dass Händler und Kapitalisten Geld und Macht hätten, entgegnete Hermann Ott, Leiter des Berliner Büros des Wuppertal Institutes für Klima, Umwelt, Energie. Diesen müssten geschickte Anreize geboten werden, klimaschädliche Gase wie CO2 einzusparen. Der Emissionshandel sei ein Instrument, das Betreiber energieintensiver Anlagen dazu bringen soll, entweder Verschmutzungsrechte zuzukaufen oder in moderne umweltfreundlichere Technologien zu investieren.
Dies sei bis jetzt schnöde Theorie geblieben, sagte Bernd Brouns, umweltpolitischer Referent der Linksfraktion. Das Emissionshandelssystem der EU habe seine »Kinderkrankheiten«, leider an entscheidenden Stellen: Statt CO2-Einsparungen zu erreichen, wurden die Unternehmen in der ersten Phase mit Emissionsrechten überausgestattet. Der Preis der Zertifikate sei deshalb auch von ehemals 20 bis 30 Euro pro Tonne CO2 auf nunmehr einen Euro gefallen.
Das soll sich aber in der nächsten Handelsperiode 2008-2012 bessern. Auf Drängen der EU-Kommission soll Deutschland nicht, wie von der Bundesregierung geplant, nur 1,6 Prozent weniger Rechte ausgeben, sondern 7,5 Prozent. Auch die Sonderregelung zugunsten neuer Kohlekraftwerke fällt weg. Ob damit aber alle Kinderkrankheiten kuriert sind und der Emissionshandel einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz leistet, bleibt abzuwarten.
Auch das Publikum des ersten Umweltgespräches zeigte sich eher skeptisch. Mehr Fantasie forderten einige von den Experten auf dem Podium. Es mangle nicht an Einfällen, erwiderte die umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Eva Bulling-Schröter, sie seien aber nicht durchsetzbar. Tempolimit, mehr Forschungsgelder für erneuerbare Energien oder die Kerosinbesteuerung – leider könne die Linke im Parlament nur immer wieder Anträge einbringen.
Bulling-Schröter hält den Emissionshandel für einen im Prinzip guten Ansatz. Allerdings müssten die Zertifikate an die Energieunternehmen versteigert werden, um »Windfall Profits« der Konzerne zu verhindern. Die Einnahmen ließen sich dann für soziale Zwecke einsetzen, etwa für Heizkostenzuschüsse für Sozialhilfeempfänger.