Menschen in Ost und West, in Nord und Süd, überall auf der Welt, protestieren gemeinsam gegen einen einzigen Krieg. Heute ist das schwer vorstellbar, vor einem halben Jahrhundert aber war so ein umfassender Widerstand Realität. Das zeigt die am Mittwoch (31.01.2018) eröffnete Ausstellung der Rosa-Luxemburg-Stiftung unter dem Titel "50 Jahre Tet-Offensive – 50 Jahre 1968", die noch bis Ende Februar im Foyer des Stiftungssitzes zu sehen ist.
Präsentiert werden mehr als 20 historische Plakate aus 16 Ländern. Die Zeichen der Solidarität stammen unter anderem von Arbeitern aus Großbritannien, vom "Three-Continent Mobilization Commitee in Cuba" oder vom "American Students Action Commitee". Besonders wertvoll ist eine handgenähte rote Fahne der "Eisenbahner des Reichsbahnamts Berlin 4", die das "heldenhafte Volk" in Vietnam mit der Flagge grüßen wollten, wie auf dem Stoff geschrieben steht.
Anlass für die Ausstellung ist die exakt vor 50 Jahren, am 31. Januar 1968, begonnene Tet-Offensive der Volksarmee Vietnams gegen die USA und ihre südvietnamesischen Verbündeten, sagte Boris Kanzleiter, Direktor des Zentrums für Internationalen Dialog (ZID) der Stiftung, zur Eröffnung. Auch wenn die Offensive, bei der von vietnamesischer Seite nach heutigem Wissen 80.000 Kämpfer eingesetzt wurden, nach Anfangserfolgen einen Rückschlag erlitt, so wurde die militärische Aktion dennoch auf längere Sicht zum "Wendepunkt" des Krieges.
Ein Grund dafür war, dass die militärische Aktion damals auch neue Impulse für die internationale Solidarität lieferte und für eine Dynamisierung der Proteste sorgte, erklärte Kanzleiter. So fand im damaligen West-Berlin am 17. und 18. Februar 1968 an der TU die inzwischen berühmte "Vietnamkonferenz" statt. Der Protest gegen den Vietnamkrieg und die, wie es damals hieß, "imperialistische Kriegsführung der Vereinigten Staaten" wurde sogar zu einem "verbindenden Band der Studentenbewegung weltweit", betonte der ZID-Leiter.
Er erinnerte auch daran, dass der Vietnamkrieg in der DDR ebenfalls zu einem wichtigen Thema wurde. Im Osten Deutschlands hatte sich bereits 1965 der so genannte Vietnam-Ausschuss gegründet. Dessen Arbeit war, wie Zeitzeugen später schilderten, viel mehr als "verordnete Solidarität von oben", betonte Kanzleiter. Der Vietnamkrieg habe viele Menschen, die sonst nicht politisch aktiv waren, wirklich interessiert und die Menschen im Osten und im Westen Deutschlands gleichermaßen mobilisiert. Kanzleiter fragte bei der Vernissage auch danach, was die gezeigten Stücke für heutige Konflikte bedeuteten, wenn man sich zum Beispiel die anhaltenden Kämpfe im Norden Syriens vergegenwärtige. Auch wenn hier weltpolitische Konstellationen eine Rolle spielten und bewaffnete Kämpfe viele Ausprägungen haben, sei es auch eine Frage an die Linke, wie sie sich zu diesen Befreiungsbewegungen stellt.
Die Plakate der Ausstellung, allesamt Originale, stammen aus dem Nationalen Geschichtsmuseum Vietnams ("National Museum of History of the Socialist Republic of Vietnam"). 2015 waren die jetzt in Berlin ausgestellten Stücke in einer Ausstellung des Nationalmuseums unter dem Titel "The world support for the Anti-American Resistance War of Vietnam’s people" zu sehen.
Auf diese "wundervolle Sammlung" stieß Liliane Danso-Dahmen, die Büroleiterin der Rosa-Luxemburg-Stiftung Südostasien in Hanoi, während der Feiern zum 40. Jahrestag der Wiedervereinigung von Nord- und Südvietnam, wie sie selbst bei der Eröffnung berichtete. Das Nationalmuseum ist dabei nicht nur im Besitz von Bildern, Plakaten und Fahnen, sondern auch von Tassen, Stiften und andere Gegenständen. Menschen aus aller Welt hatten diese hergestellt, um ihre Solidarität mit dem vietnamesischen Volk zu bekunden.
Nach Vietnam waren diese Gegenstände in der Kriegszeit meist durch Besuche ausländischer Delegationen gelangt und vietnamesischen Organisationen übergeben worden. Diese wiederum stellten die Gaben dem Museum der Vietnamesischen Revolution zur Verfügung, wie Danso-Dahmen schilderte, und auf diesem Wege gelangten sie schließlich in den Besitz des Nationalen Historischen Museums Vietnams. Details, die über die in der Ausstellung Mitgeteilten hinausgehen, sind über die Exponate übrigens nicht bekannt, auch dem Historischen Museum nicht, denn es war Krieg und dann Wiederaufbau und die Menschen hatten keine Zeit und Kapazitäten für eine wissenschaftliche Dokumentation, erläuterte Danso-Dahmen.
Für die Menschen in Vietnam hatten die Plakate und anderen Gegenstände damals einen hohen Wert, zeigten diese doch auf berührende Weise, dass auf der ganzen Welt an die Kriegsleiden in Vietnam gedacht und Solidarität organisiert haben, hob Liliane Danso-Dahmen den Wert der Exponate hervor. Sie habe oft von Partner_innen in Vietnam gehört, dass diese Zeichen den Vietnamesen viel Kraft in ihrer Auseinandersetzung mit dem übermächtigen Feind verliehen haben.
Am 17. Februar 2018 findet im Salon der Rosa-Luxemburg-Stiftung eine Veranstaltung im Begleitprogramm der Ausstellung statt: "50 Jahre nach 1968 - Was bedeutet Internationalismus heute?" mit dem ehemaligen SDS-Vorsitzenden Karl-Dietrich Wolff und Boris Kanzleiter.