Pressemeldung | Vorstellung des Rechtsgutachtens: «Landeskompetenzen für Maßnahmen der Mietpreisregulierung»

Von Prof. Dr. Andreas Fischer-Lescano, LL.M. (EUI), Andreas Gutmann, Prof. Dr. Christoph U. Schmid, Ph.D. (EUI), alle Zentrum für Europäische Rechtspolitik (ZERP), Universität Bremen.

Seit die rot-rot-grüne Landesregierung in Berlin angekündigt hat, mit dem sogenannten Mietendeckel die Mieten der Bundeshauptstadt zu begrenzen, ist eine rege Debatte über seine Rechtmäßigkeit entfacht. «Für die einen ist es ein Schutz vor explodierenden Mieten, für die anderen ist es die Rückkehr in den Staatssozialismus…», beschrieb beispielsweise der Deutschlandfunk am 22. Oktober 2019 die Kontroverse.
Einen Beitrag zur juristischen Klärung leistet das jetzt vorliegende Rechtsgutachten, das die Rosa-Luxemburg-Stiftung bei Fischer-Lescano/Gutmann/Schmid in Auftrag gegeben hat. Es kommt zu dem Ergebnis, dass landesrechtliche Maßnahmen zulässig seien, vorausgesetzt ihr Ansatz sei mietverwaltungsrechtlich und diene der öffentlich-rechtlichen Regulierung. Damit seien beispielsweise ein Mietpreismoratorium, eine Mietpreisobergrenze und eine Möglichkeit der Mietpreisabsenkung statthaft. Gleichzeitig widerspricht es einem internen Papier des Bundesinnenministeriums, das in der vergangenen Woche medial Verbreitung fand.
Knackpunkt der juristischen Auseinandersetzung ist die Frage nach den Bundes- und Landeskompetenzen und deren gegenseitiger Begrenzung. Entsprechend dem Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme begrenzt auf der einen Seite die Bundeskompetenz für die privatrechtsregulierende Gestaltung des Mietrechts öffentlich-rechtliche Landeskompetenzen hinsichtlich der Preispolitik auf dem Wohnungsmarkt. Auf der anderen Seite begrenzen die landespolitischen Kompetenzen den Gestaltungsraum des Bundes.
Fischer-Lescano/Gutmann/Schmid kommen zu dem Ergebnis, dass es eine sogenannte Sperrwirkung durch den Bund nicht gibt. Vielmehr seien Bund und Länder dazu verpflichtet, die jeweils gewählte Regelungsform (privatrechtlich durch den Bund, öffentlich-rechtlich durch die Länder) zu respektieren und inhaltlich die gegenseitige Selbstbegrenzungspflicht zu beachten.
Mietverwaltungsrechtliche Maßnahmen des Landes im Sinne einer öffentlich-rechtlichen Regulierung seien daher zulässig. Eine Vorrangentscheidung zwischen Bundes- und Landesregel müsse nur dann getroffen werden, wenn das Land bundesgesetzlich ausgeschlossene oder gegenläufige Lenkungswirkungen oder Handlungsmittel vorschreibt, was hier nicht der Fall sei.
Selbst wenn oben genannte Folgerung in Zweifel stünde, hätte die landesrechtliche Maßnahme als spezielles Gesetz (lex specialis) zur Regulierung des «Wohnungswesens» als «selbständige Sondermaterie» Vorrang vor der allgemeinen Bundeskompetenz zur Regelung des «Bürgerlichen Rechts» (lex generalis).
Für den vom Senat am 26. November 2019 beschlossenen Gesetzentwurf zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (E-MietenWoG Bln) bedeutet dies: Sowohl ein Mietpreismoratorium, als auch eine Mietpreisobergrenze beziehungsweise eine Mietpreisabsenkung, sind weder vom Bundesrecht ausgeschlossen noch diesem gegenläufig. Der Landesgesetzgeber hat dementsprechend die Kompetenz, entsprechende Vorschriften einzuführen.
Von der derzeitigen politischen und juristischen Debatte ist nicht nur Berlin betroffen, wenn auch aufgrund des rot-rot-grünen Gesetzesvorhabens hier das Thema aktuell große Aufmerksamkeit erfährt. Auch in Hamburg wird gegenwärtig über die Einführung eines Mietendeckels diskutiert. Die Frage der gesetzgeberischen Zuständigkeit und der Reichweite öffentlich-rechtlicher Mietpreisregelungen ist deshalb letztlich für alle Bundesländer mit Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt bedeutsam, da zukünftig auch für sie Maßnahmen zur Mietpreisregulierung in Betracht kommen könnten.