Nachricht | Erinnerungspolitik / Antifaschismus - Krieg / Frieden - 8. Mai 1945 Berlin Mai 1945 – Valery Faminsky

In den Bildern des russischen Frontfotografen Valery Faminsky begegnen sich Menschen, nicht Sieger und Besiegte.

Verlesung der Kapitulation in den Straßen von Berlin am 8. Mai 1945.
Verlesung der Kapitulation in den Straßen von Berlin am 8. Mai 1945. Foto: © Valery Faminsky / Privatsammlung Arthur Bondar

Das in Moskau entdeckte Archiv Valery Faminskys (1914–1993) ist ein einzigartiger Fund. In Berlin entstehen vom 22. April bis 24. Mai 1945 Aufnahmen von der völlig zerstörten Stadt, ihrer Bevölkerung und dem Alltag der russischen Truppen.

Valery Faminsky gelang mit den ersten Soldaten im April 1945 in die umkämpfte Stadt. Seine eigentliche Aufgabe war die Dokumentation der medizinischen Versorgung und Logistik von Transporten verwundeter Soldaten für die militärmedizinischen Institute der Roten Armee. Mit diesen Legitimationen ausgestattet, konnte er sich in der Stadt frei bewegen. Angetrieben von seinem fotojournalistischen wie künstlerischen Interesse widersetzt er sich dem verhängten Verbot des Fotografierens von Zivilbevölkerung, Not und Zerstörung.

Faminskys Fotografien schildern ohne jedes Pathos und jede Propaganda, dafür mit einem zutiefst humanistischen Blick die völlig zerstörte Stadt, die erschöpfte Bevölkerung und den Alltag der sowjetischen Truppen. Er zeigt die tiefe Sehnsucht nach Frieden, und sein Interesse gilt immer den individuellen Schicksalen von Menschen auf beiden Seiten der Front. Fremdarbeiter auf dem Weg in die Heimat, deutsche Flüchtlinge, Zivilisten auf der Suche nach Angehörigen, Lebensmitteln und Wasser. Ein Alltag zwischen den Ruinen, der aus extremen Lebenssituationen besteht. In diesen Bildern begegnen sich Menschen, nicht Sieger und Besiegte.

Kontakt: 
Ana Druga und Thomas Gust, Buchkunst Berlin GbR
Kastanienallee 79, 10435 Berlin
info@buchkunst-berlin.de

Am 24. Mai 1945 kehrte Faminsky mit seinen Aufnahmen nach Moskau zurück. Er veröffentlichte diese Bilder nie. Sie werden in seinem Nachlass von den Enkeln entdeckt, und diese bieten das knapp 500 Negative umfassende Archiv im Internet an. Der in Moskau lebende ukrainische Fotojournalist Arthur Bondar entdeckt und erwirbt das Archiv 2017 und macht die Bilder zum ersten Mal der russischen Öffentlichkeit zugänglich.

 
In Deutschland wurde das Archiv in einer umfangreichen Ausstellung erstmals 2019 präsentiert. Die Eröffnung fand am Franz-Mehring-Platz 1, initiiert vom Willi Münzenberg Forum, statt. Begleitend zur Ausstellung ist auch ein Bildband erhältlich.