Nachricht | «Engels – Geschichte, Natur, Gesellschaft» (Z Nr. 122), Frankfurt 2020

Profunde und lesenswerte Beiträge versammelt

200 Jahre nach seiner Geburt und 125 Jahre nach seinem Tod widmet die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Marxistische Erneuerung Friedrich Engels erneut ein Schwerpunktheft. Wie sich der 1820 in einer pietistischen Wuppertaler Industriellenfamilie geborene Friedrich Engels aus den religiösen Bindungen seiner Familie und ihrem konservativen Gesellschaftsbild löste, lässt Susanne Schunter-Kleemann mit Blick auf Engelsʼ Jugendjahre in Barmen und Elberfeld und seine Bremer Zeit von 1840-1842 Revue passieren. Gerd Callesen und Georg Fülberth zeigen anhand der Korrespondenz von Engels in den Jahren 1888/89 dessen strategische Hilfe zur Vorbereitung des Gründungskongresses der II. Internationale 1889 in Paris auf. Thomas Kuczynski stellt Engels als Ökonomie-Theoretiker vor. Der Leser entdeckt dabei Engels als originell denkenden Ökonomen, der sich hinter Marx nicht zu verstecken braucht. Engels Schriften «Dialektik der Natur» und «Anti-Dühring» werden in unterschiedlicher Weise befragt. Herbert Hörz, Sean Sayers und Kaan Kangal widmen sich der Klimakrise und dem gesellschaftliches Naturverhältnis.

Eckhard Müller, geb. 1943, hat zusammen mit Annelies Laschitzadie Bände 6 und 7 in zwei Halbbänden der Rosa-Luxemburg-Werkausgabebearbeitet und herausgegeben.

Hörz verbindet das mit persönlichen Erfahrungen aus der theoretischen wie praktischen Auseinandersetzung um Öko-Probleme in der DDR der 1970er und 1980er Jahre. Sayers entwickelt, dass «dialektische Prinzipien … sowohl im natürlichen als auch im menschlichen Bereich wirksam» sind. Kangal versucht, Engelsʼ Gestaltung der Begriffe Dialektik, Gegensatz und Widerspruch im «Anti-Dühring» und in der «Dialektik der Natur» herauszuarbeiten. Michael Klundt analysiert Engelsʼ Auseinandersetzung mit Eugen Dühring und zieht den Vergleich mit den kruden rassistischen Thesen von Thilo Sarrazin. Schließlich beziehen sich die zwei Beiträge auf Engelsʼ gleichermaßen vieldiskutiertes Alterswerk «Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats» von 1884. Sie beinhalten thematisch Fragen der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern und die Unterordnung von Frauen. Amiya Kumar Bagchi setzt sich zudem mit der Frauenerwerbstätigkeit und weiblichen Eigentumsrechten im Zusammenhang mit Familienstrukturen im modernen Indien auseinander. André Leisewitz und Wilfried Schwarz behandeln das Verständnis von Engels zur die mit dem Übergang zur Sesshaftigkeit entstehenden Vergesellschaftung und die damit einhergehende Bildung des Eigentums von Verwandtschaftsgruppen. Zu diesem Komplex gehören ebenfalls Besprechungen über einen Sammelband der Stadt Wuppertal zum Engels-Jahr und über eine Monographie von Michael Krätke zur Frage, ob Friedrich Engels der Begründer des «Marxismus» sei sowie ein Bericht über die Engels-Konferenz der Universität Wuppertal.

In redaktionellen Beiträgen wird die Corona-Krise als eine durch und durch gesellschaftliche Krise charakterisiert und die aus ihr erwachsenden Probleme und Perspektiven für eine linke Politik thematisiert (Beitrag der Z.-Redaktion]. Berichte über soziale Bewegungen, über die Strategiekonferenz der Linkspartei, über Tagungen zu 150 Jahre Lenin, zum Kapp-Putsch 1920, zu Perspektiven der Rosa-Luxemburg-Forschung und zu Klimakrise und Ökosozialismus runden das Heft ab. Im Editorial gratuliert die Redaktion dem Berliner Historiker Rainer Holze zum 80. Geburtstag. Insgesamt sind in Z 122 profunde und lesenswerte Beiträge versammelt.

Eckhard Müller

Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung, 31. Jg., Heft 122 (Juni 2020), 248 S., 10 Euro. Vertrieb: Postfach 700346, D-60553 Frankfurt/M.