Nachricht | Erinnerungspolitik / Antifaschismus - Rassismus / Neonazismus - Migration / Flucht - Umkämpftes Erinnern im Osten - Erinnern stören zweiteroktober90 – Die Gewalt der Vereinigung

Online-Dokumentation der rechten Angriffe vom 2./3. Oktober 1990

In der Nacht vom 2. zum 3. Oktober 1990, der Nacht zu Vereinigung der beiden deutschen Nachkriegsstaaten, griffen über 1500 bewaffnete Neonazis in teils pogromartigen Situationen Linke und Hausbesetzer*innen sowie Vertragsarbeiter*innen und Schwarze Menschen an. Der Schwerpunkt der Gewalt lag dabei auf dem Gebiet der DDR.

In Zerbst belagerten 200 Neonazis und Rechte über zwei Stunden das besetzte Haus, griffen es mit Steinen und Molotow-Cocktails an und zündeten es schließlich an. Die Hausbesetzer*innen konnten in letzter Minute von der Feuerwehr vom Dach des lichterloh brennenden Hauses gerettet werden. In Eisenach belagerten über 100 Neonazis, teils unterstützt von den Anwohner*innen, über mehrere Tage das Wohnheim der mosambikanischen Vertragsarbeiter*innen, bis die Stadt schließlich das Heim evakuierte und die Arbeiter*innen einige Tage später Deutschland verlassen mussten. Dies sind nur zwei Beispiele aus einer Reihe von 30 Vorfällen aus der Nacht der Einheit.

Als unabhängige Initiative aus Jena haben wir diese bisher unbekannte Welle rechter Gewalt rekonstruiert und mit zahlreichen Quellen und Interviews in Form der Online-Dokumentation zweiteroktober90.de im September 2020, kurz vor dem 30. Jahrestag, bekannt gemacht. Dabei haben wir uns auch damit beschäftigt, wie die Polizei den Neonazis freie Hand ließ, es aber schaffte, am 3. Oktober 1990 mit einem Großaufgebot die autonome Großdemo gegen die Einheit in Berlin zu zerschlagen, wie die Ermittlungsbehörden den Angreifer*innen vom 2. Oktober 1990 weitgehend Straffreiheit gewährten und wie die Gesellschaft die Angegriffenen sich selbst überließ.

Die Recherchen dauern an und die Dokumentation wird entsprechend aktualisiert. Im September 2021 bringen wir eine Broschüre mit Beiträgen von uns und zahlreichen Gastautor*innen heraus. So möchten wir darauf aufmerksam machen, dass dem symbolische Feiertag der Deutschen und ihres Staates eine Nacht der Gewalt und des Terrors gegen Linke, Migrant*innen und Schwarze Menschen voranging.