Der fünftägige Workshop «Programme de Formation sur la Mondialisation», welcher in Kooperation mit zwei lokalen libanesischen Organisationen (UJDL – L’Union de la Jeunesse Démocratique Libanaise http://www.uldy.org/ und ADDM – L’Association Démocratique pour le Développement Municipal) durchgeführt wurde, brachte junge linke libanesische Aktivisten aus allen Regionen des Landes zusammen, um sich mit dem Thema Globalisierung in ihrer Ganzheit – ihrer nationalen Auswirkungen, Risiken und Potentiale – auseinanderzusetzen. Neben der Diskussion klarer Problemfragen zum Thema Globalisierung aber auch Libanon-spezifischen Themen wie den sozialen, ökonomischen, politischen und kulturellen Determinanten des libanesischen Konfliktes, sollte diese Veranstaltung (der RLS) u.a. dazu dienen, einen ersten Überblick über die Befindlichkeiten der libanesischen linken Jugend im Besonderen, sowie die den Raum zivilgesellschaftlicher Aktion im Allgemeinen bestimmenden Parametern zu erhalten.
Politischer Stillstand durch sozio-ökonomische Brennpunkte, interne sektiererische Konflikte und eine fehlende gesellschaftsübergreifende Diskussion
Der Libanon, ressourcenschwach und mit wenig Chancen auf ökonomische Entwicklung, ist von den negativen Auswirkungen der Globalisierung aufgrund der Strukturanpassungsprogrammauflagen des IWF - Abbau jeglicher Einfuhrzölle, dadurch die Zerstörung einheimischer Märkte – stark betroffen. Eine Entwicklung des Landes scheiterte bislang vor allem am politischen Stillstand durch die Konkurrenz der verschiedenen Religionsgruppen und schnell wechselnden, instabilen Koalitionen, sowie sporadisch aufflammenden Konflikten. Die große gesellschaftliche Herausforderung besteht daher in der Überbrückung der sektiererischen Differenzen, um ein konfessionsübergreifendes libanesisches Zusammengehörigkeitsgefühl und einen Diskurs, insbesondere mit dem größer werdenden Teil politisch desinteressierter Jugend zu schaffen.
Die linke Jugend im Libanon: politisch geprägt von Geschichte und Gegenwart
Die Jugendlichen, die an dieser Schulungs- und Konferenzwoche teilgenommen hatten, (zum Großteil Student/innen) hingegen sind allesamt sozio-politisch engagiert und aktiv. Die meisten von ihnen sind – wie fast alle Libanesen – persönlich (familiär) vom Krieg betroffen, kommen aus politisch aktiven (kommunistischen) Familien und arbeiten im politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Ehrenamt in ihren Kommunen, Jugendclubs und lokalen Vereinen, wie etwa der UJDL.
Globalisierung jeder Familie
Für fast jede/n von ihnen ist klar, dass ihre (erwerbstechnische) Zukunft außerhalb Libanons, im Ausland liegt, da der libanesische Arbeitsmarkt nur wenig bis keine Beschäftigungsoptionen bereit hält und der schwache ökonomische Stand des Libanons eine zusätzliche finanzielle Unterstützung durch emigrierte Familienmitglieder benötigt.
Die jungen Erwachsenen gehen mit diesen Realitäten sehr kritisch um und bringen ihre Kritik an der politischen Führung bzgl. der sozio-ökonomischen und gesellschaftlichen Versäumnisse der politisches Entscheidungsträger – kein ausreichendes Sozialsystem, keine säkularen Gesetze zur Aussöhnung konfliktärer Parteien, keine Aufarbeitung der jüngeren Geschichte - deutlich zum Ausdruck.
Die Veranstaltung - als Kombination aus Konferenz mit hochkarätigen Referenten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik einerseits sowie Praxis bezogenen Workshops andererseits - . ermöglichte eine säkulare Diskussion politischer, wirtschaftlicher und kultureller Punkte der Globalisierung auf den Libanon bezogen.
Unter den Vortragenden fanden sich ehemalige Parlamentsabgeordnete, Parteimitglieder und HochschullehrerInnen, VertreterInnen internationaler und nationaler Organisationen.
Praktischen Input bot die Arbeit in Kleingruppen zu den Themen Konfliktmanagement, Führung, Kritischem Denken, sowie der Austausch mit Vertretern der organisierten libanesischen Zivilgesellschaft (attac Libanon http://www.liban.attac.org/, indyACT Libanon http://www.indyact.org/), welche eine Einführung in ihre Arbeit gaben und anhand einzelner Aktionen ihre Arbeitsweise aufzeigten.
Von Seiten der Teilnehmer kam fast durchweg positive Rückmeldung bezüglich der Veranstaltung, Stimmen, die eine Wiederholung und Etablierung solcher Gesprächswochen und Diskussionen forderten, wurden laut.
Verena Liebel, September 2010