Seit dem 14. Februar haben in fünf indischen Bundesstaaten Parlamentswahlen stattgefunden, darunter auch im politisch bedeutenden Bundesstaat Uttar Pradesh. Die Ergebnisse wurden am 10. März verkündet. Die regierende Bharatiya Janata Party (BJP), eine von Premierminister Narendra Modi geführte hindunationalistische Volkspartei, konnte die Wahlen in vier Bundesstaaten – Uttar Pradesh, Uttrakhand, Manipur und Goa – für sich entscheiden. Die wichtigste Oppositionspartei, die links der Mitte zu verortende und von der Nehru-Gandhi-Familie geführte Kongresspartei, schnitt schlecht ab und verlor in allen Bundesstaaten. In Punjab, der Hochburg der Bauernbewegung, die die Regierung im vergangenen Jahr zur Aufhebung von drei umstrittenen Gesetzen zwang, gewann die Aam-Aadmi-Partei (AAP). Sie steht der Kongresspartei ideologisch nahe und hat aufgrund ihres Engagements gegen Korruption und für eine bessere Regierungsführung ihre Anhängerschaft schrittweise vergrößern können. Zusätzliche haben interne Krisen der Kongresspartei der AAP den Weg zum Wahlsieg geebnet. Mit dem weitreichenden Mandat zu ihren Gunsten hat die AAP nun die Kontrolle über einen weiteren Bundesstaat erlangt, nachdem sie bisher nur im Bundesstaat Delhi die Regierung stellt.
Viele Analyst*innen hatten erwartet, dass die BJP in allen Bundesstaaten, einschließlich Uttar Pradesh, aufgrund der durch die Pandemie ausgelösten Gesundheitskrise, der Konjunkturabschwächung, der zivilgesellschaftlichen Proteste gegen Vorhaben wie das umstrittene Gesetz zur Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts (Citizenship Amendment Act, CAA) und das Nationale Bürgerregister (National Register for Citizens, NRC), aber auch aufgrund der Gesetzgebung zur Reform des indischen Agrarsektors vor beträchtlichen Herausforderungen stehen würde. Ebenfalls erwartet wurde, dass die BJP in Uttar Pradesh mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben würde, nicht nur wegen der genannten Faktoren, sondern auch aufgrund eines Bündnisses mehrerer kleinerer Parteien unter der Führung der Samajwadi Party (SP), einer regionalen Gruppierung, die die unteren Kasten und Muslime vertritt. Dennoch gelang es der BJP, zwei Drittel der Sitze in diesem Bundesstaat zu gewinnen. Das Wahlergebnis in Uttar Pradesh ist dahingehend von großer Bedeutung, dass jede*r siebte Abgeordnete in Indiens Nationalparlament aus diesem Bundesstaat gewählt wird. Uttar Pradesh ist außerdem der Bundesstaat, für den Premierminister Narendra Modi im Nationalparlament abgeordnet ist. Die Wahlen in den fünf Bundesstaaten finden auf halbem Weg zwischen zwei Parlamentswahlen auf nationaler Ebene statt. Insofern spielen sie mit Sicherheit eine entscheidende Rolle bei der Festlegung der Agenda für die kommende Parlamentswahl im Jahr 2024.
Rahul Verma arbeitet am Centre for Policy Research (CPR), Neu Delhi, einer Partnerorganisation der Rosa-Luxemburg-Stiftung Südasien.
Die Ergebnisse der Wahlen in den Bundesstaaten dürften erhebliche Auswirkungen auf Charakter und Ausrichtung der indischen Politik haben. Sie zeigen, dass es der Opposition nicht gelungen ist, den wirtschaftlichen Abschwung und die Gesundheitskrise zu nutzen, um einen großen Teil der Wähler*innen, einschließlich der Armen, für sich zu mobilisieren. Auch die Auswirkungen der bäuerlichen Bewegung blieben in Uttar Pradesh gering, wenngleich diese in Punjab günstige Bedingungen für die AAP schuf.
Die BJP hat seit ihrer Übernahme des indischen Parlaments im Jahr 2014 ihre wahlpolitische und ideologische Vorherrschaft erhalten. Dagegen scheint sich die Kongresspartei im Niedergang zu befinden. In einem solchen Szenario ist es wichtig, die Gründe für den Sieg der BJP zu verstehen. Wie ist es dieser Partei gelungen, in den marginalisierten Teilen der hinduistischen Gesellschaft Fuß zu fassen? Der Sieg der BJP hat wichtige Fragen über die Vertretung der Muslime in der indischen Politik aufgeworfen. Darüber hinaus dürfte die schwindende Stärke der parlamentarischen Opposition angesichts der stagnierenden wirtschaftlichen Aussichten von Millionen von Bürger*innen zu Spaltungen führen, die sich in wachsenden zivilgesellschaftlichen Protesten zu verschiedenen Themen niederschlagen könnten.
Linke Parteien abgeschlagen
Die Linksparteien – Communist Party of India (CPI), Communist Party of India-Marxist (CPM) und Communist Party of India-Marxist Leninist (CPI-ML) – sind in den Bundesstaaten, in denen gewählt wurde, nur marginal vertreten. In Uttar Pradesh kandidierten die Linksparteien nur für zehn Prozent der Sitze. Das Linksbündnis konnte aber keinen einzigen Sitz im Parlament in Uttar Pradesh erringen. Auch in Uttarakhand erreichten die sechs Kandidat*innen der Linksparteien weniger als ein Prozent der Stimmen. In Goa waren die Linksparteien bei den Wahlen gar nicht vertreten.
Sowohl in Manipur als auch in Punjab verfügt die Linke tradtionell über einen gewissen Einfluss, doch in beiden Bundesstaaten blieb ihr Abschneiden miserabel. In Manipur kandidierte die CPI in einem Bündnis mit dem Kongress für zwei Sitze , bekam aber weniger als zwei Prozent der Stimmen. In Punjab unterstützte die CPI unterstützte einige Kandidat*innen der Sanyukt Samaj Morcha (SSM), einer politischen Front, die von einigen Vertreter*innen der Bauernbewegung ins Leben gerufen wurde, aber weder die Kandidaten der Linken noch die der SSM konnten zweistellige Prozentzahlen erreichen.
Warum hat die BJP gewonnen?
Wie lassen sich die Wahlergebnisse erklären? Betrachten wir zunächst die drei kleineren Bundesstaaten Uttarakhand, Manipur und Goa, in denen die BJP gegen die Kongresspartei antrat. Letztere war in der Lage, die BJP in jedem dieser Staaten herauszufordern, vor allem in Uttarakhand, wo die BJP im vergangenen Jahr drei Ministerpräsidenten auswechseln musste. Allerdings ist die Kongresspartei derzeit von einer Reihe interner Krisen gezeichnet. Die Niederlage der Partei in diesen Bundesstaaten ist Teil eines seit 2014 zu beobachtenden Musters: Wann immer sich die beiden Parteien frontal gegenüberstehen, besiegt die BJP den Kongress. In Manipur war eine Niederlage der Kongresspartei, wenn auch nicht in diesem Ausmaß, erwartet worden, da ein großer Teil des legislativen Flügels der Partei zur BJP und anderen regionalen Parteien übergelaufen war.
Das Ausmaß des Sieges der BJP in Uttar Pradesh verweist erstens auf das langfristige Potenzial des gesellschaftlichen Bündnisses, das die Partei zwischen 2014 und 2019 zu schmieden vermochte. Dieses gesellschaftliche Bündnis der BJP vereint die oberen mit den unteren Kasten, einschließlich der sogenannten «scheduled castes», die als die sozio-ökonomisch Unterprivilegiertesten gelten. Zusammengehalten wird das Bündnis durch den ideologischen Kitt eines ethnopolitischen Majoritarismus, der sich auf die Bereitstellung von Wohlfahrtsleistungen für die Armen stützt, durch charismatische Führungspersönlichkeiten wie Premierminister Narendra Modi mobilisiert und durch eine starke Organisationsfähigkeit an der Basis sowie eine kompetente Nutzung sozialer Medien ergänzt wird.
Der Wahlerfolg der BJP ist zweitens auch Ergebnis ständiger politischer Wachsamkeit und Kreativität. Die Politik der BJP zeichnet sich zweifellos durch eine gewisse Einseitigkeit aus, was sich daran zeigt, dass die Partei häufig Gesetze durchgesetzt hat, ohne vorher alle Interessensgruppen zu konsultieren. Sie hat sich aber auch nicht gescheut, zwei Schritte zurück zu gehen, wenn sie mit ihren Vorhaben nicht vorangekommen ist, wie im Fall der Aufhebung der drei umstrittenen Landwirtschaftsgesetze letztes Jahr. Die Partei hat schnell gehandelt, einen ideologischen Keil nach dem anderen getrieben und die Opposition in Atem gehalten. Gleichzeitig hat sie auf kreative Weise neue politische Kategorien von Sozialleistungsempfänger*innen und Frauen geschaffen.
Drittens wird die starke Präsenz der BJP in Bundesstaaten mit einem hohen muslimischen Bevölkerungsanteil wahrscheinlich zu einer starken Polarisierung führen, da sich die Stimmen entlang der konfessionellen Kluft zwischen Hindus und Muslimen aufteilen. Am deutlichsten wurde dies in der Wahlkampfrhetorik in Uttar Pradesh, die zu einer konfessionell bedingten Spaltung des Wahlverhaltens führte. Das schiere zahlenmäßige Gewicht des breit angelegten Hindubündnisses ist so groß, dass jede oppositionelle Kraft außergewöhnlich gut aufgestellt sein muss, um es zu besiegen. Die Wahlergebnisse deuten darauf hin, dass diese Polarisierung zusammen mit der starken Basis der BJP für eine gläserne Decke sorgen werden, die ohne ein neues, kreatives politisches Vorgehen nur schwer zu durchbrechen sein wird – auch wenn Parteien wie die Samajwadi Party (SP) ihren Stimmenanteil erhöhen konnten.
Warum stimmen marginalisierte Gruppen für die BJP?
Warum wird die BJP im Vergleich zu früher vermehrt von Frauen, Armen und Menschen aus den unteren Kasten wie den Dalits gewählt, obwohl diese Gruppen im Wesentlichen als die Wählerschaft der politischen Linken gelten? Die Gründe sind für jede Gruppe leicht unterschiedlich, können jedoch am Fall der Frauen veranschaulicht werden. Vor 2014 war die BJP, was ihre Unterstützung durch Frauen anging, gegenüber anderen Parteien im Nachteil: Es war weniger wahrscheinlich, dass Frauen die BJP wählten. In den vergangenen acht Jahren hat sich jedoch das Geschlechtergefälle innerhalb der BJP-Wähler*innenschaft verringert. Die BJP genießt jetzt mehr Unterstützung bei Frauen, obwohl für Frauen international gesehen rechte Parteien weniger attraktiv sind. Im Fall der BJP gab es, insbesondere in Uttar Pradesh, erhebliche Zweifel an der Fähigkeit der Partei, Frauen zu mobilisieren, nicht zuletzt aufgrund des Scheiterns der Regierung, wirksam auf Fälle von Vergewaltigung und Frauenmord (etwa in Unnao und Hathras) zu reagieren.
Die Statistik zeigt jedoch, dass in allen vier Bundesstaaten, in denen die BJP gewonnen hat, mehr Frauen als Männer für sie gestimmt haben. Auch wenn der Unterschied nur zwischen zwei und vier Prozentpunkten beträgt, sollte die Bedeutung dieses Umschwungs nicht außer Acht gelassen werden. Betrachten wir die aufgeschlüsselten Daten aus den Nachwahlstudien. Die prozentuale Differenz zwischen den von der BJP und den von der Samajwadi Party erlangten Frauenstimmen lag im zweistelligen Bereich. Dies bedeutet, dass die Samajwadi Party aktiv in eine nachteilige Position gebracht wurde, in der es ihr nicht gelang, stimmberechtigte Frauen anzusprechen. Gleichzeitig wählten Frauen aus allen größeren Kasten und Ethnien von Uttar Pradesh tendenziell die BJP. Das deutet darauf hin, dass sich Frauen möglicherweise anders politisch positionieren als ihre männlichen Angehörigen.
Was treibt Frauen dazu, in größerer Zahl die BJP zu wählen?
Meiner Meinung nach geht dies auf eine Kombination aus drei Faktoren zurück. Wir benötigen allerdings mehr Forschung, um die komplexe Dynamik zu verstehen, die hier im Spiel ist.
Erstens unterscheidet sich die Wohlfahrtspolitik der BJP von früherer Regierungen. Es ist viel über die verbesserte Bereitstellung von Lebensmittelrationen durch die derzeitige Regierung diskutiert worden, wie sie insbesondere auf dem Höhepunkt der Pandemie stattfand. Dabei wird jedoch übersehen, was solche Programme bewirken können. Der Schwerpunkt vieler Programme zu Lebensmittelsicherheit, Flüssiggasflaschen, Hausbau, LED-Beleuchtung und direkten Geldtransfers liegt darin, Wohlfahrtsleistungen direkt an die Haustür zu liefern. Indem sich die BJP derart unmittelbar an die Haushalte gewendet hat, hat sie ein Modell entwickelt, von dem sich insbesondere Frauen angesprochen fühlen, denn diese sind am ehesten in der Lage, die bereitgestellten Güter zu nutzen.
Der zweite Grund liegt in der Rhetorik der Sicherheit. Unabhängig davon, was die Kriminalitätsstatistiken aussagen: Das Image, kompromisslos für Recht und Ordnung einzutreten, und zwar insbesondere in Bezug auf die Sicherheit von Frauen, scheint bei Wählerinnen Anklang gefunden zu haben. Die willfährige Berichterstattung der Medien hat sicherlich dazu beigetragen, diese Wahrnehmung zu stärken. Allerdings muss auch betont werden, dass sich die von Ministerpräsident Yogi Aaditynath geführte BJP-Regierung des Bundesstaates Uttar Pradesh vom ersten Tag an besonders um die Sicherheit von Frauen gekümmert hat. Auch wenn einige Maßnahmen zu Recht kritisiert wurden, da sie die individuellen Freiheiten einschränken, sollte die Realität des täglichen Lebens im Landesinneren nicht ignoriert werden. Dies sind Orte, an denen die Mobilität von Frauen außerhalb des Hauses stark sanktioniert und kontrolliert wird (oft von älteren Frauen). In dieser Situation stellt die von der BJP beförderte konsequente Polizeiarbeit eine willkommene Maßnahme dar, da sie Frauen in einer unsicheren Welt ein Gefühl der Sicherheit vermittelt.
Drittens schließlich spielt die emotionale Bindung an die Parteiführung eine Rolle. Akhilesh Yadav, der Vorsitzende der Samajwadi Party (SP), hat sich bemüht, das Image seiner Partei zu ändern, der lange vorgeworfen wurde, nicht konsequent genug gegen Kriminalität vorzugehen. Und Priyanka Gandhi, die Vorsitzende der Kongresspartei, hat in Uttar Pradesh eine breit wahrgenommene Kampagne für die Rechte und die Handlungsfähigkeit von Frauen gestartet. Die Wahlergebnisse zeigen, dass die Frauen von beidem unbeeindruckt geblieben sind. Das Signal an die politischen Parteien ist klar: Die Wahrnehmung bleibt nur dann wirksam, wenn die beabsichtigte Botschaft mit einem glaubwürdigen Image kombiniert wird. Premierminister Narendra Modi hat dieses Image über die Jahre hinweg sorgfältig und bewusst kultiviert.
Wie kann dieser Trend umgekehrt werden?
Was müssen die gegen die BJP antretenden Parteien unternehmen, um ihre Unterstützung durch stimmberechtigte Frauen zu steigern? Ganz einfach: Sie sollten von Parteiführer*innen wie Mamata Banerjee in Westbengalen und Nitish Kumar in Bihar lernen und gezielte Anstrengungen unternehmen, um Wählerinnen zu erreichen. Dies würde nicht nur ein erhebliches Maß an Voraussicht und strategischer Planung erfordern, sondern auch einen Umbau der Parteistrukturen und Klientelnetzwerke, die bis dato stark auf die Bevorzugung von Männern ausgerichtet sind. Frauen sind in der politischen Arena nach wie vor mit verschiedenen Hindernissen konfrontiert. Sie äußern sich seltener auf Gemeindeversammlungen und sind in den sozialen Medien deutlich weniger präsent. Dies bedeutet, dass es schwieriger ist, sie über die Netzwerke der Kastengemeinschaften hinaus zu erreichen. Parteimitarbeiter*innen, insbesondere weibliche, sind ein geeigneteres Medium, um mit diesen Wählerinnen in Kontakt zu treten. Durch vergleichbare Strategien könnten die Oppositionsparteien auch ihre verlorene Unterstützung in anderen marginalisierten Teilen der indischen Gesellschaft zurückgewinnen.
Ausblick auf die Parlamentswahlen 2024
Die BJP atmet auf, denn nach ihren historischen Ergebnissen bei den Parlamentswahlen 2014 und 2019 hatte die Partei stets Mühe, auch die Wahlen in den Bundesstaaten zu gewinnen. Der Sieg in den vier Bundesstaaten, insbesondere in Uttar Pradesh, hat die Aussichten auf einen Erfolg bei der (für Juli geplanten) Wahl des indischen Staatspräsidenten eindeutig verbessert. Die aktuellen Wahlergebnisse werden die Moral der Partei stärken, auch angesichts der wirtschaftlichen Notlage, der anhaltenden Pandemie und der ständigen Versuche anderer Parteien, ein Oppositionsbündnis zu schmieden. Es mag verfrüht sein zu behaupten, die BJP werde bei den Parlamentswahlen 2024 problemlos an der Macht bleiben. Doch die BJP befindet sich zweifellos in einer günstigen Ausgangslage.
Das bedeutet jedoch nicht, dass für die BJP bis 2024 alles glatt laufen wird. In den Bundesstaaten, in denen nächstes Jahr Wahlen stattfinden – Karnataka, Chattisgarh, Madhya Pradesh und Rajasthan –, wird die Partei wahrscheinlich vor großen Herausforderungen stehen. Schließlich verweisen die Ergebnisse der eben stattgefundenen Wahlen auch auf die gesellschaftlichen Probleme, denen sich die BJP früher oder später wird stellen müssen. Wirtschaftliche Sorgen, Erwerbslosigkeit und Inflation sind reale Probleme, die die BJP nur auf eigene Gefahr ignorieren kann. Umfragedaten aus allen Bundesstaaten, insbesondere aus Uttar Pradesh, zeigen, dass die BJP bei jungen Wähler*innen nicht mehr die bevorzugte Partei ist, wie sie es zwischen 2014 und 2019 noch war. Auch bei Student*innen, Erwerbslosen und Geringverdiener*innen schneidet die BJP schlecht ab. In der Mobilisierung dieser Gruppen liegen die größten Chancen für die Oppositionsparteien.
Kann die BJP den Sturm ignorieren, der sich unter jungen, um ihre wirtschaftlichen Aussichten besorgten Inder*innen zusammenbraut? Oder muss sie sich angesichts des Zustands der Opposition keine Sorgen machen? Die Kongresspartei ist durch ihre Wahlverluste weiter in die politische Bedeutungslosigkeit gedrängt worden. Die Partei muss sich auf zermürbende Jahre gefasst machen, da die AAP in Punjab ein umfassendes Mandat errungen hat. Der rasche Aufstieg der AAP wird der BJP zugute kommen, da die AAP der Kongresspartei Stimmen nehmen wird. Und der Versuch der AAP, jetzt schnell zu expandieren, könnte auch die festgefahrenen Muster des politischen Wettbewerbs in mehreren Bundesstaaten im Norden und Westen Indiens aufmischen. Auch wenn es noch zu früh ist, um zu sagen, dass die AAP zum wichtigsten nationalen Herausforderer der BJP werden wird, könnte es sich für alle als kostspielig erweisen, die offenkundige Zugkraft des in Delhi erprobten Wahlkampfmodells der AAP zu ignorieren. Der unbändige Ehrgeiz der AAP und die Sturheit des Kongresses werden die Bildung eines genuinen Oppositionsbündnisses, das die BJP bei den Wahlen herausfordern könnte, weiterhin erschweren.
Müssen wir in Ermangelung einer glaubwürdigen und wirksamen Opposition vermehrt mit Straßenprotesten und Mobilisierungen von Student*innen und erwerbslosen Jugendlichen rechnen? Können sie ein ganzheitlicheres Narrativ entwickeln, um die ideologische Dominanz der BJP herauszufordern, oder werden sie Bewegungen bleiben, die sich nur auf ein Thema konzentrieren? Werden solche Proteste nur in der zivilgesellschaftlichen Arena wirksam bleiben oder können sie parlamentarischen Einfluss gewinnen? Die Antworten auf diese Fragen werden den Kurs der indischen Politik im Jahr 2024 und darüber hinaus bestimmen.