Nachricht | Rosa-Luxemburg-Stiftung Aufbau West geht voran

Stiftungen in den alten Ländern werden von Berlin aus unterstützt. Episode 8 von Lutz Kirschner/Florian Weis.

Im Herbst findet erstmals in Elgersburg im Thüringer Wald ein bundesweites Treffen der Landesstiftungen statt. Dort werden die Debatten über zeitgemäße Konturen und Inhalte linker Bildungsarbeit für die gesamte Republik geführt.

In Elgersburg befand sich früher das Kinderheim der Roten Hilfe, heute das Hotel «Am Wald». Ab der zweiten Runde im Jahr 2000 finden die bundesweiten Treffen jeweils im Frühjahr dort statt. Daneben gibt es seit 2002 die Herbsttreffen des Stiftungsverbundes in einer westdeutschen Stadt – zuletzt in Kiel und Stuttgart. Im Oktober 2011 ist Rheinland-Pfalz an der Reihe, womit dann alle westdeutschen Landesstiftungen diese Klausur ein Mal ausgerichtet haben werden.

Die Ursprünge der bundesweiten Arbeit reichen bis ins Jahr 1998 zurück. Die Vorstände der ostdeutschen Landesstiftungen treffen sich in Potsdam und verständigen sich darauf, dass der Stiftungsverein «Gesellschaftsanalyse und politische Bildung» die Koordination der bundesweiten linken Bildungsarbeit übernehmen soll – und nicht eine dank der Wahlerfolge der PDS in den östlichen Bundesländern finanziell besser gestellte Landesstiftung. Der «Potsdamer Konsens» ist geboren. Erste Mittel für die bundesweite Arbeit fließen schon ein Jahr später. Über Globalmittel können fünf westdeutsche Landesstiftungen erstmals im Jahr 2001 verfügen. Nach wie vor aber kann die Arbeit in den alten Bundesländern häufig nur mit kleinen Werk- oder Honorarverträgen honoriert werden. Im Jahr 2006 werden erste Teilzeitstellen eingerichtet, zwei Jahre später existieren sie in allen westlichen Bundesländern. Insgesamt verfügt die Stiftung damit heute über 13 Regionalbüros. In Berlin, Brandenburg und Sachsen hat sie zwar keine eigenen Büros – dort aber gibt es Geschäftsstellen von Landesstiftungen, mit denen im Stiftungsverbund eng kooperiert wird. Mit der Jenny-Marx-Gesellschaft in Rheinland-Pfalz wird im nächsten Jahr auch die letzte Landesstiftung Globalmittel für ihre Arbeit erhalten.

Die bundesweite Arbeit verfolgt ein Konzept der Autonomie der Landesstiftungen, der Kooperation und nicht-zentralistischen Steuerung. Die Landesstiftungen sind autonome Vereine, ihre Vorstände konzipieren die Bildungsarbeit und verantworten die Verwendung der Mittel. Damit gibt es Raum und Anreiz für das unerlässliche ehrenamtliche Engagement. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin organisiert den konzeptionellen Austausch, sie setzt thematische Schwerpunkte und entwickelt ein inhaltliches Angebot. Die MitarbeiterInnen in den Regionalbüros sind bei ihr angestellt, im Auswahlprozess aber gibt es ein Vetorecht der jeweiligen Landesstiftung. Keine Seite kann der anderen ihren Willen aufzwingen, alle sind zum wechselseitigen Einverständnis gezwungen. Gremium der Interessenvertretung des Stiftungsverbundes ist seit 2004 der SprecherInnenrat, seit zwei Jahren ein Satzungsorgan der Stiftung. Die SprecherInnen – gegenwärtig Norbert Schepers aus Bremen und Detlef Nakath aus Brandenburg – nehmen an den Vorstandssitzungen teil.

Ost und West sind heute keine relevant trennenden Kategorien mehr. Der von den Landesstiftungen Ost solidarisch unterstütze Westaufbau ist ertragreich, auch wenn die Schritte nicht immer einfach sind: manchmal schmerzhaft für den Osten, häufig noch zu klein aus Sicht des Westens. Für das Zusammenwachsen steht aber eine zunehmende Anzahl gemeinsamer Veranstaltungen und vor allem ein gemeinsames Grundverständnis linker Bildungsarbeit. Sie stützt sich insbesondere auf das Ehrenamt, bezieht mit den Rosa-Luxemburg-Clubs und vielen Kooperationspartnern lokale und regionale Akteure ein und ist offen für Trends einer breiten, pluralen Linken. Gegenwärtig am Puls der Zeit ist etwa die Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg mit Veranstaltungen zum Widerstand gegen Stuttgart 21, und so waren es viele Landesstiftungen auch beim Aufkommen der WASG und später im Fusionsprozess zur Partei DIE LINKE. Georg Fülberth folgend, kann man sagen, dass die Landesstiftungen in bestimmten politischen Phasen eine Trüffelschweinfunktion wahrnehmen.

LUTZ KIRSCHNER IST KOORDINATOR DER BUNDESWEITEN ARBEIT DER ROSA-LUXEMBURG-STIFTUNG. FLORIAN WEIS IST GESCHÄFTSFÜHRENDES VORSTANDSMITGLIED