Eine weitere Besprechung des Buches von Karl Heinz van der Linden und Karl Heinz Roth. Dietmar Süß, Historisches Institut, Friedrich-Schiller-Universität Jena schreibt auf HSozKult: "Auf den ersten Blick sieht das nach der Fortsetzung orthodoxer Theorieschlachten des Alternativmilieus der 1970er-Jahre aus – Marx-Exegese als soziale Sinnsuche. Doch selbst wenn sich einige der Beiträge in diese Richtung interpretieren ließen, ist das Anliegen, das van der Linden und Roth formulieren, für die Diskussion um eine Erneuerung der Arbeiter- und Arbeitsgeschichte von einigem Interesse. Die etwas quälende Debatte um die Ehrenrettung des Marxismus nach 1989 drehen sie um und versuchen, aus einer Kritik der Politischen Ökonomie heraus Überlegungen für eine Globalgeschichte der Arbeit zu entwerfen. Das ist allemal ein lohnenswertes Unternehmen."
Insgesamt bleibt er der veröffentlichung gegenüber skeptisch, denn abschliessend urteilt er: "Gleichwohl liefert der Band einige bemerkenswerte Einsichten insbesondere in die italienischen Kontroversen um den Operationismus. Aber es gibt doch eine merkwürdige Schieflage zwischen der Kritik am "subjektarmen" Marx und dem vielfach fehlenden empirischen Versuch, dieses revolutionäre Subjekt tatsächlich zu beschreiben. Was "Arbeiter" machen, wo und wie sie arbeiten, wie genau Ausbeutung empfunden und erfahren, wie sie gedeutet und kritisiert wird – das wird zumeist (eine Ausnahme ist unter anderem Subir Sinha) aus der Vogelperspektive begutachtet. Nur angedeutet werden all die semantischen Fußangeln, die mit dem Begriff der globalen "Arbeit" verbunden sind, und was ein Arbeiter im "Postfordismus" eigentlich sein könnte, bleibt offen. So erfährt man alles über die Vor- und Nachteile der Arbeitswerttheorie, aber kaum etwas über die betriebliche Praxis des Akkumulationsprozesses, nichts über die Macht im Unternehmen, in den Produktionshallen, ländlichen Arbeitsassoziationen oder Kooperativen.
"Über Marx hinaus" zu denken wäre ein wichtiges Anliegen, denn Arbeits- und Arbeitergeschichte könnte in den Debatten um die Periodisierung der Zeit "nach dem Boom" einen wichtigen Beitrag leisten – sowohl mit Blick auf die Erfahrungsgeschichte unterschiedlicher Gruppen abhängig Beschäftigter wie auch als Sonde für den grundsätzlichen Wandel der Produktionsregime seit den 1970er-Jahren. Aber wohl nicht so."