Nachricht | Globalisierung - Westafrika - Sozialökologischer Umbau - Ernährungssouveränität Entwicklungsansatz der Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika (AGRA) gescheitert

Zivilgesellschaftliche Bewertung der Zwischenevaluierung der von Deutschland finanzierten AGRA-Projekte in Burkina Faso und Ghana

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Mit mehr als zweijähriger Verspätung haben das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Ende 2022 eine Zwischenevaluierung der von ihnen finanzierten Projekte der Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika (Alliance for a Green Revolution in Africa, AGRA) in Burkina Faso und Ghana veröffentlicht. In dieser ersten Phase (2017-2022) finanzierte das BMZ über die KfW in beiden Ländern insgesamt vier AGRA-Projekte mit circa 10 Millionen Euro.

Die von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Zwischenevaluierung der AGRA-Projekte bestätigt erneut das Scheitern des Entwicklungsansatzes von AGRA. Die Evaluierung zeigt dabei eine Reihe hoch problematischer Folgen für die beiden Projektländer und insbesondere für die an den Projekten beteiligten Bäuerinnen und Bauern auf. Die Ergebnisse der Studie «Falsche Versprechen» aus dem Jahr 2020 sowie die Analyse der AGRA-eigenen Evaluierungen aus dem Jahr 2021 haben bereits dargestellt, dass die AGRA-Ziele in den 13 AGRA-Schwerpunktländern, einschließlich Burkina Faso und Ghana, nicht erreicht wurden. Eine Bewertung der Evaluierung durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung, Brot für die Welt, FIAN Deutschland, dem Forum Umwelt und Entwicklung und dem INKOTA-netzwerk kommt zu folgenden Ergebnissen:

  • Ohne die kontinuierliche externe Weiterfinanzierung von industriellen Betriebsmitteln, wie synthetischen Düngemitteln, Pestiziden und industriellem Saatgut, kann das AGRA-Projektmodell mit dem Entwicklungsansatz der Grünen Revolution nicht existieren. Dies widerspricht der Behauptung von AGRA, kleinbäuerliche Landwirtschaft könne zu einem erfolgreichen «Business» gemacht werden, das sich selbst trägt. Im Gegenteil, das Modell schafft Abhängigkeiten von industriellen Betriebsmitteln und schränkt die Wahlfreiheit von Bäuerinnen und Bauern gerade bei Saatgut ein.
  • Die Berücksichtigung und Umsetzung zentraler Menschenrechte – wie das Recht auf Nahrung oder der Schutz von Kindern vor wirtschaftlicher Ausbeutung – und des für die KfW verbindlichen Menschenrechtskonzepts des BMZ werden in der AGRA-Evaluierung nicht systematisch geprüft. In AGRA-Projekten wurde Kinderarbeit nachgewiesen, was eine nicht hinnehmbare Menschenrechtsverletzung ist.
  • In AGRA-Projekten in Ghana kommen in der EU verbotene Pestizide, wie die Wirkstoffe Propanil und Permethrin, zum Einsatz. Dies verstößt gegen den «Referenzrahmen für Entwicklungspartnerschaften im Agrar- und Ernährungssektor» des BMZ und gegen die Sozial- und Umweltstandards der Weltbank. Beide Standards sind für den Einsatz in KfW-Projekten, die von der Bundesregierung finanziert werden, verpflichtend.
  • Die Zwischenevaluierung schlussfolgert, dass es durch AGRA-Interventionen zu einer Steigerung von Erträgen und Einkommen und zu einer Verbesserung der Ernährungssicherheit gekommen sei. Dafür fehlen jedoch wissenschaftlich akzeptierbare Daten, was unter anderem auf fehlende Basisdatenerhebungen vor dem Beginn der Projekte, oder auf kleine, nicht repräsentative Erhebungen und die kurze Zeitspanne der Evaluierung zurückzuführen ist.

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze hatte bereits im Frühjahr 2022 angekündigt die AGRA-Kooperation der Bundesregierung infrage zu stellen. Mit den Ergebnissen der eigenen Evaluierung bleibt als einzig logische Konsequenz der direkte Ausstieg aus AGRA und auch das Ende jeglicher politischer Kooperation mit AGRA und anderen Initiativen, die das Agrarmodell der Grünen Revolution, fördern. Stattdessen sollte das BMZ das Recht auf Nahrung sowie die Agrarökologie zum Kompass seiner Entwicklungspolitik machen und in allen Projekten mit klaren Maßnahmen und messbaren Zielen unterlegen.

Das Papier ist eine gemeinsame Publikation von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Brot für die Welt, FIAN Deutschland, Forum Umwelt und Entwicklung und INKOTA-netzwerk.