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Werden die Wahlen 2023 den Würgegriff der Regierungspartei brechen?

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Autorin

Rebone Tau,

Ein Anhänger des simbabwischen Präsidenten Emmerson Mnangagwa während einer Wahlkampfkundgebung in Harare, Simbabwe, am 9. August 2023. Foto: IMAGO / Xinhua

Es könnte der Eindruck entstehen, dass es selbst unter Mugabes Regierung nicht so schlimm stand wie aktuell im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen am 23. August 2023. Die Regierung zieht alle Register: Um ihre Macht zu wahren, setzt sie nicht nur das Militär ein, um die politische Opposition mit Gewalt zu unterdrücken, sondern nimmt auch gezielte Gesetzesänderungen vor.

Schließung demokratischer Räume per Gesetz

In der jüngsten Eskalationsstufe wurde im Juli 2023 das sogenannte Patriotische Gesetz verabschiedet. Das Änderungsgesetz zum Strafrecht, das offiziell Criminal Law (Codification and Reform) Amendment Act 2023 heißt, enthält sehr vage und weit gefasste Bestimmungen. Es sieht unter anderem die Kriminalisierung, Strafverfolgung und sogar Todesstrafe all jener vor, die der Regierung und den nationalen Interessen gegenüber kritisch eingestellt sind.

Rebone Tau arbeitet im Regionalbüro Südafrika der Rosa-Luxemburg-Stiftung als Projektmanagerin.

Das neu gegründete Bürger*innenbündnis für den Wandel (Citizen’s Coalition for Change, CCC) bezeichnete dieses Gesetz als «gefährlich»: «Es soll kurz vor den Wahlen die letzten demokratischen Räume schließen.»

Bereits vor dem Patriotischen Gesetz wurde im Februar 2023 eine Änderung des Gesetzes über private Freiwilligenorganisationen (PVO) verabschiedet. Damit kann sich die Regierung in zivilgesellschaftliche Organisationen und Aktivitäten einmischen und sie beenden, wodurch das Recht auf Vereinsfreiheit in Simbabwe ausgehöhlt wird. Mit der Gesetzesänderung benötigen Nichtregierungsorganisationen und gemeinnützige Organisationen für jeden Änderungsvorgang eine behördliche Genehmigung, auch wenn es um die interne Struktur und die Finanzierung geht.

Diese Gesetze sind ein Angriff auf die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinsfreiheit und unterstreichen abgesehen von der wichtigen Rolle des Militärs die Brutalität der Mnangagwa-Regierung. Anders als die Mugabe-Regierung, die den Geheimdienst, Milizen und die Polizei einsetzte, nutzt Mnangagwa das reguläre Militär, um Kritik zu unterdrücken und Angst zu schüren. Das Militär war an der Absetzung von Mugabe beteiligt, und ehemalige Generäle, etwa der heutige Vizepräsident Chiwenga und andere Offiziere, haben daraufhin Regierungsposten erhalten. Das Militär setzt sich daher dafür ein, Mnangagwa an der Macht zu halten. Seit den Wahlen 2018 geht es offen gegen Demonstrierende vor.

Schwierigkeiten bei der Wahlbeteiligung aus der Diaspora

Auch die restriktiven Wahlbestimmungen für die simbabwische Diaspora passen ins Bild. Die Regierungspartei ZANU-PF (Zimbabwe African National Union – Patriotic Front, Simbabwische afrikanische nationale Union – Patriotische Front) gestattet es zwar Diplomat*innen, im Ausland zu wählen, für die große Mehrheit der Simbabwer*innen in der Diaspora bestehen jedoch Restriktionen. Diese Menschen müssen zum Wählen nach Simbabwe reisen. So werden die im Ausland lebenden Staatsangehörigen – und das sind fast ein Drittel der alle Simbabwer*innen – nicht nur ihres Wahlrechts beraubt, sondern der Wandel wird behindert.

Denn die Mehrheit der Zimbabwer*innen, die im Ausland leben, unterstützen das CCC. Viele von ihnen leben zwar in Südafrika, die meisten werden aber nicht zum Wählen nach Hause fahren. Das liegt an den Manipulationsvorwürfen gegenüber der ZANU-PF und den Gewalttaten gegen Wähler*innen und Oppositionsparteien vor den Wahlen von 1995. Deshalb haben es einige ganz aufgegeben, die ZANU-PF abzuwählen, während andere nicht genug Mittel haben, um nach Simbabwe zu reisen.

Bei den vergangenen Wahlen gab es Vorwürfe wegen mangelnder Fairness, wobei der Wahlbehörde ZEC vorgeworfen wurde, dass für abwesende Angehörige der Diaspora und sogar für verstorbene Menschen Stimmen abgegeben wurden, um die Wahl zu manipulieren. So kam die biometrischen Wähler*innenregistrierung (BVR) zum Einsatz, die ein «glaubwürdiges» Wähler*innenverzeichnis schaffen sollte von der Opposition aber aufgrund technischer Pannen und einer enorm hohen Anzahl an „neuen“ Wähler*innen kritisiert wird.

Neue Hürden für Parteien und Kandidat*innen

Um die Opposition weiter zu schwächen und zu destabilisieren, genehmigte das simbabwische Parlament im Juni 2023 die umstrittene Erhöhung der Nominierungsgebühren für Präsidentschafts- und Parlamentskandidat*innen. Die Gebühren für die Registrierung als Präsidentschaftskandidat*in stiegen von 1.000 auf 20.000 USD, während die Gebühren für Kandidat*innen im Parlament von 50 USD auf 1.000 USD stiegen.

Diese Beträge sind unglaublich hoch in einem Land, das seit Jahrzehnten in einer schweren ökonomischen Krise steckt: Die Inflationsraten sind die weltweit höchsten, und die Hälfte der Bevölkerung lebt in extremer Armut.

Die vielen Parlamentskandidat*innen, die sich die Gebühren nicht leisten konnten, wurden so disqualifiziert. Von der Bewegung für Demokratischen Wandel – Tsvangirai (Movement for Democratic Change – Tsvangirai, MDC-T) konnten 87 Parlamentskandidat*innen nicht antreten, was auch zum Rückzug ihres Präsidentschaftskandidaten Douglas Mwonzora führte. Die MDC-T nimmt daher nicht an den Wahlen 2023 teil.

Das CCC schaffte es, Kandidat*innen für das Parlament aufzustellen, obwohl die meisten politische Neulinge sind. Etwa 90 Prozent der CCC-Kandidat*innen leben in der Diaspora, was Vor- und Nachteile hat: Einerseits könnte es die Partei aufgrund der internationalen Erfahrung der Kandidat*innen und der weniger klientelistischen Netzwerke stärken, andererseits haben sie keine Politikerfahrung, was angesichts der internen demokratischen Prozesse riskant ist.

Die ZANU-PF veranstaltete im Oktober 2022 ihre landesweite Konferenz, bei der Emmerson Mnangagwa als einziger Kandidat zum Parteivorsitzenden und Spitzenkandidaten gewählt wurde. Mnangagwa wurde mit  Parlamentskandidat*innen erfolgreich ins Rennen geschickt.

Abgesehen vom CCC gibt es eine Person, die der ZANU-PF von innen ein Problem bereitet haben könnte. Saviour Kasukuwere, ein Loyalist des Ex-Präsidenten Mugabe und ehemaliger Minister für Kommunalverwaltung, ländliche und städtische Entwicklung, registrierte sich als unabhängiger Kandidat für das Präsidialamt. Er rechnete mit den Stimmen enttäuschter ZANU-PF-Mitglieder.

Während der Entmachtung von Mugabe gingen einige ZANU-PF-Spitzen ins Exil nach Südafrika und Kenia, weil sie Teil einer Fraktion namens Generation 40 (G40) waren, die sich gegen den Aufstieg von Mnangagwa innerhalb der ZANU-PF positionierte. Jonathan Moyo, der ehemalige Hochschulminister, und Saviour Kasukuwere führten diese Fraktion an.

Nach einer Klage der Regierungspartei untersagte der Oberste Gerichtshof Simbabwes Kasukuwere die Teilnahme an den Wahlen, weil er seit über 18 Monaten außer Landes lebe und es zwei Haftbefehle gegen ihn gebe.

Gewalt und Wahlmanipulation: Der Streit zwischen der ZANU-PF und der Opposition

Die Oppositionsparteien hatten stets das Wähler*innenverzeichnis angefochten und die Regierungspartei der Wahlmanipulation bezichtigt, und doch gelang es 2008 der größten Oppositionspartei unter der Führung von Morgan Tsvangirai (MDC-T), die lange regierende ZANU-PF zu überholen. Auf die Bekanntgabe der Ergebnisse folgte ein landesweiter Ausbruch von Gewalt und Konflikten, und Tsvangirai zog seine Kandidatur kurz vor der Stichwahl zurück. Eine von Südafrika angeführte Initiative der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrikas (SADC) vermittelte damals ein globales politisches Abkommen (GPA) zwischen der ZANU-PF und der MDC-T, wonach Mugabe Präsident blieb, aber etwas Macht an Tsvangirai abgab.

Im Jahr 2009 wurde eine Regierung der nationalen Einheit gegründet. Morgan Tsvangirai wurde zum Premierminister gewählt und Pastor Nelson Chamisa zum Minister für Informationskommunikationstechnologie ernannt. Beide gehörten damals der MDC-T an.

Viele hatten sich erhofft, dass das Machtteilungsabkommen zu Reformen und politischer wie wirtschaftlicher Stabilität führen würde. Bis heute wurden diese Erwartungen enttäuscht. Zwar bemerkten alle Parteien, dass das GPA bei den Wahlen 2013 nicht vollständig umgesetzt wurde und es bis heute nicht ist, dies wurde jedoch viel zu wenig von der Opposition kritisiert. Hätte MDC-T 2013 wegen der mangelhaften Umsetzung des GPA die Wahlen boykottiert, gäbe es heute eventuell ein anderes Simbabwe. Die SADC, die damals eine sehr starke Rolle bei der Vermittlung des Prozesses gespielt hatte, hätte die Situation kritisiert oder dazu geraten, die Wahlen bis zur Umsetzung des GPA zu verschieben.

Da dies jedoch nicht geschah und die MDC-T sich an den Wahlen beteiligte, konnte die ZANU-PF ihre politische Dominanz wiederherstellen. Spätere Anfechtungen der Opposition und westlicher Länder zeigten keine Wirkung.

2018 stand Simbabwe vor seinen ersten Wahlen nach Mugabe. Interne Konflikte und der Tod des langjährigen Oppositionsführers Morgan Tsvangirai hatten die Opposition geschwächt. Bei den Wahlen 2018 stand Nelson Chamisa für die MDC Alliance an der Spitze der Opposition und trat gegen die ZANU-PF und den Interimspräsidenten Emmerson Mnangagwa an, der Robert Mugabe 2017 gestürzt hatte und an seine Stelle getreten war. Wieder brach nach den umstrittenen Wahlen Gewalt aus, und die simbabwische Regierung beauftragte den ehemaligen Präsidenten Südafrikas, Kgalema Motlanthe, mit der Vermittlung. Motlanthe gab in seinem Bericht Empfehlungen, aber wieder einmal versäumte es die ZANU-PF, sie umzusetzen, und zeigte ihren fehlenden politischen Willen, im besten Interesse der Menschen einen Wandel herbeizuführen.

Interne Konflikte und Rechtsstreitigkeiten um den Namen der Oppositionsbewegung MDC Alliance führten 2022 zur Gründung des von Nelson Chamisa geführten CCC. Die verbleibenden Teile von MDC-T und der MDC Alliance versanken in der Bedeutungslosigkeit.

Gleich nach der Registrierung nahm das CCC sehr erfolgreich an den Ergänzungswahlen im März 2022 teil und konnte seine Position sichern. Diese Ergänzungswahlen dienten als Mini-Parlamentswahlen, und das CCC schnitt gut ab. Es gewann sogar 19 von 28 Parlamentssitzen und damit zwei Drittel der Stimmen. Chamisa setzte sich daraufhin das Ziel, ebenso viele Stimmanteile bei den Präsidentschaftswahlen 2023 zu erlangen.

Anders als der 80-jährige Emmerson Mnangagwa bringt der 45-jährige Nelson Chamisa frische Energie in den politischen Betrieb. Das CCC zieht hauptsächlich junge Menschen an und hat neben der Finanzierung durch die simbabwische Diaspora eine große Basis. Während sich einige Analyst*innen zuversichtlich zeigen, dass das CCC der ZANU-PF Macht abringen werde, gibt es auch Bedenken, dass die neue Partei seit ihrer Gründung noch keinen Wahlkongress hatte und auch über kein Parteistatut  verfügt. Auch der stark konservative und christliche Hintergrund wird kritisiert. Am 8. August 2023 veröffentlichte das CCC sein Wahlmanifest, das sich auf die Neupositionierung Simbabwes in Bezug auf familiäre und christliche Werte stützt: «Simbabwe zu einer gottliebenden, gottverehrenden und gottesfürchtigen Nation machen.» Während christliche Simbabwer*innen darin «noble Werte» sehen, schließen sie das übrige Simbabwe aus. Nicht nur die Journalistin und Gesellschaftskommentatorin Hopewell Chin’ono kritisierte das Programm: «Simbabwe braucht keine christliche Theokratie, weil wir auch simbabwische Muslim*innen, Hindus, Anhänger*innen traditioneller Religionen und auch Atheist*innen haben.»

Gibt es Hoffnung auf einen demokratischen Wandel?

Am 23. August werden wir ein männlich dominiertes Rennen zwischen Nelson Chamisa vom CCC und Emmerson Mnangagwa von der ZANU-PF sehen. Frauen spielen in der simbabwischen Politik nur eine geringe Rolle; ihnen wird kein Platz in der politischen Landschaft eingeräumt. Es gibt keine einzige Präsidentschaftskandidatin. Die wichtigsten politischen Parteien, wie die ZANU-PF und das neu gegründete CCC, haben nur 23 (11 Prozent) bzw. 20 (10 Prozent) Frauen für die Parlamentswahlen aufgestellt.

Das CCC hat gute Chancen, die Wahlen zu gewinnen, wenn die Wahlen frei und fair sind. Aufgrund des kürzlich veröffentlichten Manifests könnten die Gewinnchancen jedoch sinken. Da die ZANU-PF nun weiß, wofür das CCC steht, kann sie ihr eigenes Manifest strategisch daran anpassen, um der gegnerischen Partei zu schaden. Zudem kann die ZANU-PF die «christliche Ausrichtung» des CCC offen kritisieren. Die ZANU-PF versteht sich als Befreiungsbewegung, die alle Konfessionen einbezieht und eine Brücke zwischen den Glaubensrichtungen schlagen will. Sie könnten nun verbreiten, dass das CCC lediglich überzeugte Christ*innen aufnehme und damit das restliche Simbabwe ins Abseits stelle. Dies könnte dazu führen, dass das CCC Stimmen von Nichtchrist*innen verliert.

Das CCC erhält seine überwältigende Unterstützung in Städten und bei der Jugend. Im Gegensatz dazu hat die ZANU-PF in der Vergangenheit ihren Sieg in ländlichen Gebieten durch die Bereitstellung von Lebensmittelpaketen und die Einführung von Programmen zur Bodenverteilung gesichert. Sie arbeitet auch eng mit den Anführern lokaler Ethnien zusammen und lenkt vor Wahlen den größten Teil der staatlichen Ressourcen auf ländliche Gebiete.

Am 14. August 2023 wies der Oberste Gerichtshof die Eilklage des CCC, in das aktualisierte Wähler*innenverzeichnis Einsicht zu nehmen, ab. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich eine Oppositionspartei über die Unstimmigkeit des Wähler*innenverzeichnisses oder die Wahlbehörde beschwert. Dies war bereits der Fall, als 2008 das GPA unterzeichnet wurde, als 2009 die Regierung der nationalen Einheit begann und als die Präsidentschaftswahlen 2013 abgehalten wurden. Der Fehler der Oppositionsparteien liegt darin, gegen die Wähler*innenverzeichnisse und die Wahlbehörde zu protestieren, gleichzeitig aber den Wahlprozess zu legitimieren, indem sie alle fünf Jahre daran teilnehmen. Dies macht es für die internationale Gemeinschaft, insbesondere die SADC, schwer, Simbabwe wieder auf die Tagesordnung zu setzen.