Klaus Hillenbrand rezensiert in der taz vom 27.09.2011
Arno Lustiger: "Rettungswiderstand. Über die Judenretter in Europa während der NS-Zeit". Wallstein Verlag 2011. 462 Seiten, 29,90 Euro
Arno Lustiger hat mit "Rettungswiderstand" die erste große Untersuchung über die Helfer verfolgter Juden in Europa während der Nazi-Herrschaft vorgelegt.
Am 9. September 1943 befahl der Ortskommandeur der von den Deutschen besetzten griechischen Insel Zakynthos dem Bürgermeister Loukas Karrer, ihm eine Liste aller 275 jüdischen Bewohner der Insel zu übergeben. Es ging um die Vorbereitung der Deportation in die Vernichtungslager. Doch anstatt die Nazis zu unterstützen, händigte der Bürgermeister der Besatzungsmacht eine ganz kurze Liste aus. Auf ihr standen nur zwei Namen: sein eigener und der des Erzbischofs Chrysostomos. Karrer erklärte zugleich, dass sich alle Bewohner Zakynthos' einer Deportation der Juden widersetzen. Kein einziger der Juden von Zakynthos wurde ein Opfer des Holocaust. Die Juden wurden von christlichen Bauern in den Bergen versteckt.
Dies ist eine von hunderten Geschichten, die in Arno Lustigers Buch "Rettungswiderstand" festgehalten sind. Der Titel ist ein von Lustiger selbst geprägter Begriff, der die Hilfe für von der Ermordung bedrohte Juden während des Nationalsozialismus treffend umschreibt. Lustiger, 1924 in Polen geboren, hat selbst das Martyrium von Buchenwald und Auschwitz überlebt. Einige seiner Verwandten verdanken ihr Überleben dem Rettungswiderstand.