Nachricht | International / Transnational - Krieg / Frieden - Afrika Südafrikas Außenpolitik verstehen – Ein RLS Round Table in Johannesburg

Die zwiespältige Politik gegenüber Diktaturen und Menschenrechtverletzungen irritiert im In- und Ausland, so der Politikwissenschaftler Adam Habib.

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Das Ja der ANC-Regierung im UN-Sicherheitsrat zur Flugverbotszone über Lybien, die von den westafrikanischen Ländern abweichende südafrikanische Forderung nach einer Regierungsbeteiligung des abgewählten Präsidenten Laurent Gbagbo in der Elfenbeinküste und die Nichterteilung eines Besuchsvisums für den Dalai Lama, der vom südafrikanischen Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu zu dessen 80. Geburtstag nach Südafrika eingeladen war, haben die Diskussion über Südafrikas Außenpolitik befeuert.

Die RLS in Johannesburg nahm dies zum Anlass und lud am 11.11.2011 einen der prominentesten Politikwissenschaftler des Landes, Prof. Adam Habib, Vizekanzler der Universität Johannesburg, ein, um mit Interessierten aus Medien, Politik, Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften  und Universitäten die Herausforderungen der südafrikanischen Außenpolitik zu diskutieren.

Habib legte die strategischen Eckpfeiler südafrikanischer Außenpolitik dar. Dies sind die Emanzipation vom Westen und der Versuch eine neue Weltordnung mit aufzubauen, in der nicht-westliche Staaten mehr Einfluss genießen. Die erfolgte Aufnahme Südafrikas in die Gruppe der BRIC (Brasilien, Russland, Indien und China) ist in diesem Lichte zu sehen.

Südafrikas Drang nach mehr Selbstbestimmung, nach mehr nationaler Souveränität, ist zu begrüßen, birgt, so Habib, aber auch Gefahren. Im Falle Libyens verurteilte Südafrika einerseits das Gaddafi-Regime wegen seiner Menschenrechtsverletzungen und befürchtete wie internationale Menschenrechtsorganisationen ein Massaker, sollte das Regime Benghazi, die Hochburg des Aufstands, stürmen. Andererseits fürchtete man aber, dass mit dem Fall Gaddafis der Westen wieder mehr Einfluss in Afrika gewinnt.

Südafrika stimmte deshalb für die UN-Resolution 1973 und die Flugverbotszone, um danach deren Implementierung scharf zu kritisieren. Diese Schaukelpolitik habe viele im Land und im Ausland verstört, denn der Eindruck sei entstanden, dass Südafrika sich im Zweifelsfall auf die Seite von Diktatoren stelle, meinte Habib. Heute müsse Südafrikas Präsident Jacob Zuma befürchten, in Tripolis ausgebuht zu werden, so Habib, wohingegen die Sarkozy und Cameron sich von der dortigen Bevölkerung feiern lassen.
Südafrikas große außenpolitische Herausforderung bestehe darin, so Habib, beides zu tun: sowohl für die Souveränität Afrikas und eine neue Weltordnung mit mehr Gewicht nicht-westlicher Staaten einzutreten, als auch bereit zu sein, sich auf die Seite der Menschen gegen  staatliche Unterdrückung zu stellen  –  ob in Libyen, in der Elfenbeinküste, in Swaziland oder Simbabwe.