Speakerstour zum arabischen Frühling
Im Dezember 2010 probte die tunesische Stadt Sidi Douzid den Aufstand gegen sozialen Ausschluss und politische Unterdrückung. Damals ahnte niemand, was die Proteste auslösen würden. Inspiriert von der Revolte in Tunesien entwickelte sich in Ägypten eine starke Protestbewegung. Sie gipfelte in dem Sturz des seit 30 Jahren herrschenden Machthabers Mubarak. Die Besetzung des Kairoer Tahrir-Platzes war der Auftakt einer Protestwelle, die viele Länder der arabischen Welt erfasst. Ein Jahr nach dem Beginn der «Arabellion» berichten Massoud Romdhani (Vizepräsident der tunesischen Liga für Menschenrechte) und Ziyad Farag (Sozialistische Vereinte Volkspartei, Ägypten) in Leipzig über Situation in Tunesien und Ägypten.
Im großen Hörsaal des Geisteswissenschaftlichen Zentrums gingen am 13. März beide auf die gesellschaftliche Situation ein, die zum Sturz von Ben Ali in Tunesien und Hosni Mubarak in Ägypten führte. Dabei seien hohe Arbeitslosigkeit, Verteuerung von Lebensmitteln, Korruption und Vetternwirtschaft, veraltete Wirtschaftsstrukturen und die Unterdrückung durch staatliche Organe ausschlaggebend gewesen. Sowohl in Ägypten als Tunesien könne die wirtschaftliche Situation nicht schlagartig verbessert werden und er Kampf gegen die alten Eliten, die weiterhin das Wirtschaftsleben bestimmen, werde noch eine Zeit dauern. In beiden Ländern scheinen die Regierungen dieser Herausforderung nicht gewachsen zu sein. Das liegt zum Einen an fehlenden Erfahrungen der neuen Regierungen. Zum Anderen aber auch an anderen Prioritäten der Regierungen. In beiden Ländern gab es bei demokratischen Wahlen deutliche Mehrheiten für islamische Kräfte, die sich anfangs besonders stark auf symbolische Maßnahmen zur Stärkung ihrer Werte konzentrierten. Ändere ich aber an den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen weiterhin nichts, würden Streiks und Demonstrationen fortgesetzt bzw. wieder aufgenommen.
In der Diskussion wurden Themen wie die Situation von Frauen, Bildungspolitik, die Rolle von Gewerkschaften und linken Parteien sowie Gründe die guten Wahlergebnisse religiöser Kräfte näher beleuchtet.