Nachricht | GK Geschichte Uekötter: Eine Wissensgeschichte der deutschen Landwirtschaft, Göttingen 2010

Frank Uekötters Bielefelder Habilitationsschrift über die Wissensgeschichte der deutschen Landwirtschaft im 20. Jahrhundert (...) stellt das äußert ehrgeizige und umfassende Projekt dar, einen neuen Blick auf die Landwirtschaftsgeschichte insgesamt zu werfen, und das für einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren!

Roman Köster, Historisches Institut, Universität der Bundeswehr München  rezensiert für SEHEPUNKTE

Frank Uekötter: Die Wahrheit ist auf dem Feld. Eine Wissensgeschichte
der deutschen Landwirtschaft, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2010,
ISBN 978-3-525-31705-1

Zum Ende seiner Besprechung schreibt Köster: "Die große Frage, die sich nach der Lektüre der Studie stellt, ist die, wie der agrarische Wandel im 20. Jahrhundert erklärt werden kann. Die Stärke des Buches besteht dabei darin, dass es die Geschichte der agrarischen Wissensentwicklung kenntnisreich und materialgesättigt nachzeichnet, damit diesen Bereich für die historische Forschung erschließt und zahlreiche neue Erkenntnisse zu Tage fördert. Wichtig ist zudem, dass sich der Autor von dem in der Agrargeschichte noch immer anzutreffenden Fortschrittsparadigma löst und die Entwicklung des agrarischen Wissens als eine voller Brüche und Widersprüche beschreibt. Deswegen ist es auch nur konsequent, wenn der Autor die Wissensrevolution in der Landwirtschaft nicht als "Verwissenschaftlichung" fassen möchte. Manch provozierende These wird der Agrargeschichte darüber hinaus sicherlich neue Impulse geben.
Die Schwäche der Arbeit hingegen besteht darin, dass die Entwicklung des Wissens und der ökonomische Wandel der Landwirtschaft eigenartig unverbunden erscheinen. Das liegt ganz wesentlich an dem engen Verständnis Uekötters von agrarischem Wissen: Er rechnet das ökonomische Kalkül des Landwirts ganz offensichtlich nicht zu seinen Wissensbeständen. Die betriebswirtschaftliche Beratung nach dem Zweiten Weltkrieg etwa, diesen Anschein erweckt der Autor an manchen Stellen, scheint mitunter den diametralen Gegensatz zu agrarischem Wissen sui generis zu repräsentieren. Gerade die Auffassung der Landwirte von der ökonomischen Betriebsführung ist jedoch relevant hinsichtlich der Frage, welche Techniken und welches Wissen tatsächlich zur Anwendung kamen."