Nachricht | International / Transnational - Afrika Green Jobs für Südafrika

Eine COSATU-Konferenz in Johannesburg

In Südafrika sind 25% der Arbeitnehmer ohne Arbeit. Seit Beginn der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 gingen mehr als eine Million Arbeitsplätze im Land verloren. COSATU, Südafrikas größter Gewerkschaftsdachverband, sucht nach Antworten auf die anhaltende Beschäftigungskrise und sieht in Deutschlands „Energiewende“ ein mögliches Modell für eine effektive Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.

Der Erfolg der erneuerbaren Energien in Deutschland interessiert die Gewerkschaften in Südafrika, die nicht nur Antworten auf die Arbeitslosigkeit suchen, sondern sich auch Gedanken über die zukünftige Stromversorgung des Landes machen. Gegenwärtig deckt die klimaschädliche Kohle zu über 90% die Stromversorgung Südafrikas.

Ohne eine Abkehr von der Kohleverstromung kann Südafrika seinen Beitrag zur Bekämpfung des globalen Klimawandels, der besonders Afrika treffen wird, nicht leisten.  Die Regierung plant den Ausbau der erneuerbaren Energien, setzt aber auch auf den Ausbau der Atomenergie in Südafrika. Südafrikas Gewerkschaften sind daher aufgerufen Position zu beziehen. Ein Themenschwerpunkt der COSATU-Konferenz zur „Internationalen Politik“, die vom 16. Bis 18. Mai in Johannesburg stattfand, war denn auch der Frage der Zukunft der Energieversorgung und den Beschäftigungswirkungen gewidmet.

Mit Unterstützung der Rosa Luxemburg Stiftung Südliches Afrika, die den Energieexperten Dieter Seifried (Freiburg) www.oe2.de eingeladen hatte, diskutierte COSATU Eckpunkte eines möglichen Energie- und Beschäftigungsprogramms, das im laufenden Jahr offiziell von COSATU beschlossen werden soll.

Weitere Informationen siehe Präsentation: Germany - Building a Green Energy Sector in the Era of Global Economic Crisis

Mit Dieter Seifried, der als Energieexperte lange Jahre am Freiburger Öko-Institut gearbeitet hatte, und der auf Einladung der RLS Südliches Afrika mit Regierungsvertretern und Vertretern diverser Organisationen (ESKOM, NUM, NUMSA, GIZ, Greenpeace, WWF etc.) über eine mögliche Energiewende in Südafrika diskutierte,  sprach Armin Osmanovic.

Frage: Inwieweit unterscheiden sich die Voraussetzungen für eine Energiewende in Südafrika von der Ausgangslage in Deutschland?

Dieter Seifried: Südafrikas gesamte Energieversorgung basiert auf billiger Kohle. Das ist einer der Gründe, warum die CO2-Emissionen pro Kopf in Südafrika höher sind als in Deutschland. Neben den Kohlekraftwerken, gibt es bislang ein Atomkraftwerk sowie einige kleinere Wasserkraftwerke im Land. Die regenerativen Energiequellen spielen kaum eine Rolle.  Die marktbeherrschenden Stellung des staatlichen Unternehmens Eskom,  auf das rund 95% der Stromerzeugung entfallen, unterscheidet ebenfalls die Lage in Südafrika von der in Deutschland, wo seit geraumer Zeit auch kleinere Stromanbieter produzieren und es insbesondere im Bereich der regenerativen Energiequellen über eine Million private Einspeiser gibt. Auffällig ist für mich auch der Umstand, dass sowohl die Warmwasserbereitung als auch das Heizen in Südafrika über Strom bewerkstelligt wird. Dies führt zu erheblichen Lastproblemen, die im Jahr 2008 zu mehreren Stromausfällen geführt haben.

Frage: Welche Hindernisse gibt es auf dem Weg zu einer „Energiewende“?

Dass Südafrikas Regierung sich wie mit dem „Integrated Resource Plan for Electricity“ geschehen nach Alternativen zur Kohle umschaut, ist nicht verwunderlich, angesichts der Lastprobleme, die in diesem Winter wieder drohen. Klar ist jedoch, dass auch in Südafrika der Ausbau der Atomenergie der falsche Weg ist. Zum einen werden die geplanten Kraftwerke nicht vor Mitte des nächsten Jahrzehnts in Betrieb gehen können. Zum anderen sind die Risiken bekanntermaßen hoch und die Kosten immens. Es ist jedoch zu befürchten, dass sich Südafrikas Regierung von ihren Plänen nicht abhalten lassen wird. Man meint es besser machen zu können als die Japaner. Darüber hinaus ist eine Urananreicherung in Südafrika im Gespräch. Mit dem angereicherten Uran könnte Südafrika ins Geschäft mit anderen afrikanischen Aspiranten für Atomkraftwerke wie z.B. Kenia und Ghana kommen. Die Gewerkschaften sind, so mein Eindruck, über die Atompläne gespalten, werden aber wohl mitziehen. Bislang noch lehnt die Bergarbeitergewerkschaft NUM die Atompläne ab, denn sie kennt die Gefahren, die von Atomenergie ausgehen und sie fürchtet um Arbeitsplatzverluste für ihre Bergmänner im Kohlebergbau. Die ebenfalls einflussreiche Gewerkschaft NUMSA, die Metaller, sind weniger ablehnend. Arbeitsplätze in Atomkraftwerken sind in der Regel sehr gut bezahlt. Den erneuerbaren Energien stehen die Gewerkschafter skeptisch gegenüber. Erstens weil sie durch Solar- und Windenergie steigende Strompreise für die privaten Haushalte erwarten und zweitens weil sie sich mit der Vorstellung schwer tun, dass wie in Deutschland durch das Stromeinspeisegesetz geschehen, das Monopol von ESKOM ausgehöhlt. Man fürchtet, dass viele der sehr gut bezahlten Arbeitsplätze beim staatlichen Versorger  verloren gehen könnten. Auch weiß man über das Potenzial von Sonne, Wind und Biomasse zu wenig. Dass Deutschland alleine im letzten Jahr so viel Solarstrom neu ans Netz gebracht hat wie Südafrika in knapp zwanzig Jahren erreichen will, hat meine Gesprächspartner überrascht. Selbst die Experten von Greenpeace und WWF waren sich der Dimension des Wandels in Deutschland nicht bewusst.

Frage:  Welche konkreten Schritte könnten für eine „Energiewende“ in den nächsten Jahren getan werden?

Ein Energieeinspeisegesetz wäre notwendig, um die erneuerbaren Energiequellen durch feste Einspeisetarife zu fördern. Die zu erwartenden steigenden Stromkosten könnten durch Sozialtarife, die bereits bestehen sowie durch umfassende Stromsparinitiativen abgefangen werden. Angesichts des billigen Stroms gab und gibt es kaum Anreize zum Sparen. Daran haben die letzten Strompreiserhöhungen nur wenig verändert. ESKOM selbst scheint mir trotz aller Stromsparinitiativen nicht bereit, auf Energieeffizienz und Klimaschutz setzen zu wollen. Die Stromsparinitiativen von ESKOM zielen mehr auf die Vermeidung von Lastproblemen in Spitzenlastzeiten, insbesondere abends im Winter, wenn jeder mit Strom heizt, kocht und wäscht. Stromsparen können alle Haushalte, die Haushalte der Mittel- und Oberschicht natürlich deutlich stärker. Viele dieser Haushalte konsumieren über 10.000 kWh pro Jahr. In Deutschland verbraucht ein Durchschnittshaushalt etwa 3.500 kWh. Neben dem Umstieg auf Gas für Heizung und Warmwasser ist durch den Einbau von wasser- und energiesparenden Duschköpfen und Energiesparlampen viel zu erreichen. Wärmedämmung und vor allem Dämmung der Warmwasserboiler, die in fast jedem Haushalt in Südafrika zu finden sind, sind ebenfalls sinnvolle Schritte. Und statt einer teuren Elektrifizierung der dünn besiedelten ländlichen Räume sollte man auf netzunabhängige regenerative Systeme setzen. Diese sind in den meisten Fällen bereits kostengünstiger als die Versorgung mit Dieselgeneratoren. Solar Home-Systeme in Verbindung mit effizienten LED Lampen können heute kostengünstiger gutes Licht in die Häuser bringen, als die noch eingesetzten Paraffin-Lampen.