Nachricht | GK Geschichte Neue Perspektiven auf die Gewerkschaftsgeschichte

Call for Papers u.a. der Friedrich-Ebert-Stftung für einen Sammelband und die Tagung "Arbeit in der sich globalisierenden Welt, 1840 bis heute - Neue Perspektiven auf die Gewerkschaftsgeschichte II"

Aus historischer Sicht hat der Wandel der Arbeitswelten in den postindustriellen (de-industrialisierten) Gesellschaften Europas weit reichende Konsequenzen für die Verfasstheit, das Verständnis und die Einschätzung von Arbeit, ArbeiterInnen und Arbeiterbewegung. Eine Neuorientierung der Arbeitergeschichte setzte in den 1980er Jahren ein und beschleunigte sich am Beginn des 21. Jahrhunderts. Desweiteren fanden die Globalisierung der Ökonomie und ihre Geschichte Eingang in die historische Forschung, ihre Begriffe, Gegenstände und Fragestellungen. Der bisherige eurozentristische Blick auf die Entwicklung der Arbeitswelten wurde hinterfragt, die "scheinbare Eindeutigkeit" und die Tragfähigkeit der aus der europäischen Hochindustrialisierung stammenden Begriffe und Konzepte durch die Rezeption postkolonialer Theorien in Frage gestellt.  Dies betrifft nicht nur den Arbeitsbegriff als solchen, der nicht zuletzt in Auseinandersetzung mit der Geschlechterforschung seit den 1980er Jahren erweitert und verändert hat, sondern auch die Wahrnehmung und Einordnung der Handlungsmöglichkeiten von Arbeitenden und ihrer (Selbst)-organisation. Diese Entwicklungen sind zwischenzeitlich auch in der historischen Forschung angekommen. In der neueren Studien richtet sich der Blick verstärkt auch auf globale Zusammenhänge, die "Gender"-Perspektive und die "langen" Linien.

Unser Interesse zielt auf Studien, die den arbeitenden Menschen und die Veränderung seiner sozialen und gesellschaftlichen Position in den Blick nehmen, als auch der Entwicklung moderner europäischer Arbeitsgesellschaften insgesamt nachgehen. Hierbei interessieren primär zwei Themenbereiche:
- Die Frage nach Netzwerken und Interaktionsräumen über Staatsgrenzen
hinaus; gemeint sind zum Beispiel Möglichkeiten und Grenzen transnationaler Arbeitsbeziehungen und Arbeitspolitiken oder Prozesse gesellschaftlicher und politischer Solidarisierung oder Entsolidarisierung durch Effekte einer globalisierten Wirtschaft.
- Die Frage ob eine globale Geschichte der Arbeit ohne eine lokale und regionale Geschichte der Arbeit geschrieben werden kann. Wie spiegelt sich das Globale im Lokalen? Hat eine regionale Geschichte der Arbeitswelt nicht immer auch eine globale Perspektive z.B. in Bezug auf die Herkunft der Arbeitskräfte, die Ströme der produzierten Waren, die Konsumgewohnheiten und -möglichkeiten der Menschen?
Konzeptionell und methodisch sollten die Beiträge ebenso sozialgeschichtlich fundiert wie kulturwissenschaftlich informiert sein. Gewünscht sind quellengestützte Arbeiten, die - auch mit interdisziplinären Forschungsfragen - neue Erkenntnisse über die angesprochenen Problemfelder eröffnen. Dabei sind neben den institutionalisierten Akteuren gerade auch mikrohistorische Studien zu einzelnen Betrieben, Themenfeldern oder Regionen interessant, die im
Sinne einer Geschichte der Arbeit die Arbeitswelt als Ort sozialer Praxis in den Blick nehmen. Die in der Forschung häufig verbreitete Trennung von Produktionssphäre, Lebenswelten und kollektiver Aktion sollte möglichst vermieden und die Arbeitswelten als Beziehungsgefüge verstanden werden. Der transnationale und vergleichende Blick, insbesondere der Arbeitswelten im europäischen Raum, sind ebenfalls erwünscht.

Die Tagung findet vom 11. bis zum 12. November 2010 im Rahmen des Projekts "Jüngere und jüngste Gewerkschaftsgeschichte" der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Hans-Böckler-Stiftung in Bonn statt. Es ist geplant, die Tagungsbeiträge in einem Sammelband zu veröffentlichen.

Einreichung und Kontakt:
Abstracts im Umfang von etwa 5.000 Zeichen für einen Beitrag können bis zum 26. Juli 2009 via E-Mail oder per Post eingereicht werden bei:
Dr. Ursula Bitzegeio, Bereich Public History im Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung, Godesberger Allee 149, 53175 Bonn, E-Mail: Ursula.Bitzegeio(ätt)fes.de.