Mit der Veranstaltung „Transformationsprozess und Elitenwandel in Brandenburg in den neunziger Jahren“ wandte sich die Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg einem seit zwei Jahrzehnten stark diskutierten Thema zu. Die Diskussionsrunde im Potsdamer „Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte“ war die vierte öffentliche Veranstaltung der RLS zur Begleitung der Tätigkeit der Enquete-Kommission des Brandenburger Landtages zur Aufarbeitung der „Stolpe-Ära“ und lief unter dem Reihenthema „Der ‚Brandenburger Weg‘. Schritte zu einem Parlamentarischen Rechtsstaat in Brandenburg.
Prof. Dr. Jürgen Angelow stellte in seinem Einführungsvortrag das Bedingungsgefüge für den Elitenaustausch in Brandenburg heraus und verwies zugleich auf deutliche Unterschiede gegenüber anderen Bundesländern im Osten Deutschlands. Die in Berlin, Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern praktizierte rigorose Abwicklungspraxis ist in Potsdam, Cottbus, Frankfurt/Oder und in anderen Städten der Mark wesentlich eingeschränkter praktiziert worden. Dennoch fänden sich heute an der Spitze der Verwaltungen und im höheren Landesdienst nahezu ausschließlich Westdeutsche. Es galt das geflügelte Wort: „Man könne als Ossi in Brandenburg zwar Minister werden, nicht aber in hohe Verwaltungsfunktionen gelangen“. Diese Stellenbesetzung habe eine Langzeitwirkung erzeugt, die es auch heute noch „Landeskindern“ schwer mache, im öffentlichen Dienst aufzusteigen.
Der frühere Minister für Wissenschaft und Kultur der ersten Stolpe-Regierung Dr. h.c. Hinrich Enderlein (FDP) bestätigte, dass auch in seinem Ministerium zwangsläufig auf westdeutschen Sachverstand in den Aufbaujahren zurückgegriffen worden sei. Allerdings sind die wenigsten „Aufbauhelfer nach fünf Jahren wieder zurückgegangen. Sie benutzten ihre Tätigkeit im Osten eher als persönlichen Karrieresprung mit Langzeitwirkung und Pensionsanspruch.
An der Diskussion beteiligte sich der frühere PDS-Landtagsabgeordnete Dr. Andreas Trunschke, der Verwaltungsbeamte Günter Foss sowie der Vorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg, Steffen Kludt. Am Ende herrschte im wesentlichen Übereinstimmung darüber, dass mit der staatlichen Vereinigung Deutschland deutliche Schritte zur Integration von Ostdeutschen in die staatlichen, wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Führungseliten in Deutschland verhindert worden ist.
Den Einführungsvortrag von Prof. Dr. Jürgen Angelow finden Sie hier: