Die Streiks gehen in Südafrika weiter. Nach dem Ende der wochenlangen Ausstände im Bergbau ist nun die Landwirtschaft von Arbeitsniederlegungen betroffen. Hier wie dort geht es den ArbeitnehmerInnen vor allem um mehr Geld, aber auch um bessere Arbeits- und Lebensbedingungen.
Die Streiks der Bergarbeiter waren erfolgreich. Lohnsteigerungen von über 20% konnten vielfach durchgesetzt werden. Die Farmarbeiter wollen es den Kumpels nachmachen, denn viele der Beschäftigten in der Landwirtschaft verdienen nur 70 Rand pro Tag (ca. 7 Euro). Höhere Löhne sind dringend notwendig, denn auch in Südafrika steigen die Lebenshaltungskosten stark. Vor allem Lebensmittelpreise und Energie treiben die Preise und stürzen immer mehr Haushalte in finanzielle Schwierigkeiten.
Terry Bell (www.terrybellwrites.com), Journalist und Arbeitsexperte, macht für die niedrigen Löhne in Südafrika strukturelle Veränderungen der Wirtschaft verantwortlich. „Der technologische Wandel, der auch im Bergbau und der Landwirtschaft menschliche Arbeit immer mehr überflüssig macht, drückt die Löhne“. „Dennoch,“ so Bell, „könne sich das Land einen Mindestlohn, der ein lebenswertes Leben garantiere durchaus leisten. Die unmoralisch hohen Löhne der Vorstandsvorsitzenden der Bergbaumultis sind das eigentliche Problem.“
Dass es in Südafrika bis heute keinen flächendeckenden Mindestlohn gibt, sei die Schuld der Gewerkschaften, die aufgrund ihrer zu großen Nähe zur Regierung nicht unabhängig genug agieren, meinte Bell weiter.
Saliem Patel, Direktor der gewerkschaftsnahen Nichtregierungsorganisation Labour Research Service (www.lrs.org.za) in Kapstadt, ging in seinem Beitrag auf die Entwicklung der branchenbezogenen Mindestlöhne ein. Die Mindestlöhne, so Patel, sind in den letzten zehn Jahren real gestiegen. Zwischen 2003 und 2012 hat sich etwa der Mindestlohn im Bergbau von 1973 Rand pro Monat auf 4400 Rand erhöht. In vielen anderen Branchen beträgt jedoch der Mindestlohn deutlich weniger. Angesichts dessen sprach sich Patel auch für einen nationalen Mindestlohn aus.
Sorge macht Patel die seit Marikana offenkundig gewordene Schwäche der Gewerkschaften. Grund seien nicht nur die Konflikte vor Ort zwischen „alten“ und „neuen“ Gewerkschaften, sondern auch strategische Fehler der Gewerkschaften. Patel beklagte etwa die Vielzahl an Kampagnen, welche die Gewerkschaften verfolgen, statt sich auf einige wenige Ziele, wie etwa einen Mindestlohn oder ein Grundeinkommen für alle zu konzentrieren.
Der von Präsident Jacob Zuma vorgeschlagene Lohnverzicht für hohe Einkommen stieß bei beiden Diskutanten und den Zuhörern auf wenig Gegenliebe. Statt Lohnzurückhaltung forderten einige der TeilnehmerInnern des Round Table höhere Steuern auf hohe Einkommen.