Markus Mohr und Gerhard Hanloser rezensieren in der Tageszeitung junge welt vom 28. Februar 2013
Wolfgang Kraushaar: "Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel?" München 1970: über die antisemitischen Wurzeln des deutschen Terrorismus (Rowohlt Verlag, Hamburg 2013, 880 S., 34,95 EUR).
Sie schreiben: "Dan Diner ist Historiker an der Hebräischen Universität Jerusalem sowie Leiter des Simon-Dubnow-Instituts für Jüdische Geschichte und Kultur und Professor am Historischen Seminar der Universität Leipzig. Außerdem ist er ordentliches Mitglied der philologisch-historischen Klasse der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig.
Für Wolfgang Kraushaar ist es ein schöner Erfolg, daß er diesen Meister seines Fachs vorige Woche als Verstärkung für die Präsentation seines neuen Buchs in den heiligen Hallen der Bundespressekonferenz rekrutieren konnte. Das Buch trägt den langen Titel »›Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel?‹ München 1970: über die antisemitischen Wurzeln des deutschen Terrorismus«. Einen Tag vor der Berliner Präsentation hatte Kraushaar in der Süddeutschen Zeitung von Willi Winkler einen fulminanten Verriß kassiert: Luzide weist Winkler Kraushaars Hang zum schlechten Journalismus nach, indem er dessen spekulative Aneinanderreihung von Räuber-und-Pistolen-Geschichten würdigt. Winkler legt überzeugend dar, daß Kraushaar bei einer ganzen Reihe der von ihm präsentierten Quellen der Interpretation gar nicht gewachsen ist. Diner allerdings hat in der Samstagausgabe von Springers Welt Kraushaar in den Stand des ehrenhaften Wissenschaftlers und Aufklärers erhoben, der diesem nun definitiv nicht zukommt.
Mit Dan Diner spricht ein für die Geschichte der Linken berufener Mann, denn er war selbst Teil der linksradikalen Szene in Frankfurt am Main. Dort setzte er sich gerne zwischen die Stühle: Weder redete er einer Fundamentalkritik am Staat Israel, wie sie in weiten Teilen der radikalen Linken ab 1967 anzutreffen war, das Wort, noch hielt er mit der Kritik hinterm Berg, wonach die »zionistische Struktur« des israelischen Staates zurückgedrängt werden müsse, der sich in einem kolonialen Akt von Vertreibung und »ursprünglicher Akkumulation« im Nahen Osten plaziert habe.