Nachricht | GK Geschichte Interventionen: Soziale und kulturelle Entwicklung durch Arbeiterbewegungen, Linz 9/2012 (Tagungsbericht)

Johannes Platz, Archiv der sozialen Demokratie, Friedrich Ebert Stiftung hat im Rundbrief (PDF) der ITH (International Conference of Labour and Social History) über die letzte Konferenz vom September 2012 berichtet. Dieser Text ist nun auch auf HSozKult erschienen.
Platz schreibt: "Die diesjährige Tagung der International Conference of Labour and Social History (ITH), die gemeinsam mit der Kammer für Arbeiter und Angestellte Oberösterreich ausgerichtet wurde, versuchte einen großen Blick auf "Interventionen: Soziale und kulturelle Entwicklung durch Arbeiterbewegungen". Koordiniert von Jürgen Mittag (Bochum und Köln) sollte sie den auf drei Jahre angelegten Tagungszyklus der ITH, der sich zunächst mit Arbeit und Arbeiterbewegungen in der "kollektiven Erinnerung" (2010) und mit Praktiken des Internationalismus, nämlich internationaler Entwicklung und internationaler Solidarität in den Arbeiterbewegungen (2011) beschäftigt hatte, bilanzierend zum Abschluss bringen. In diesem Zyklus stand der aktive Beitrag von Arbeiterbewegungen zu gesellschaftlichen und sozialen Entwicklungs- bzw. Fortschrittsprozessen im Blickpunkt. Es ging den Ausrichtern darum, sowohl Normen und Ideen als auch die soziale Praxis zu ergründen.

STEFAN BERGER (Bochum) bot in seinem eröffnenden Abendvortrag einen  Rundblick darauf, was die Arbeiterbewegung im sozialen und kulturellen Bereich "erreicht" hat. Während auf der Tagung der Bereich der Bildung eher wenig Beachtung fand, kontrastierte Berger die Entwicklung von Sozial- und Wohlfahrtsstaat und die Bildungsexpansion gleichberechtigt als Errungenschaften der Arbeiterbewegung.

In der ersten inhaltlichen Sektion über Beiträge zur Entwicklung des Sozialstaats richtete UWE FUHRMANN (Berlin) den Blick auf Streikbewegungen im Umfeld der Währungsreform im Nachkriegsdeutschland. Fuhrmann beschrieb den Umschwung vom Modell der Marktwirtschaft zur "sozialen Marktwirtschaft" als einen Prozess, der insgesamt von starker gewerkschaftlicher Mobilisierung geprägt gewesen sei und machte dies am kritischen Moment des politisch motivierten Generalstreiks in Stuttgart im November 1948 fest. Er betrachtete die Streikbewegungen und den daran anschließenden diskursiven Wandel als politischen Prozess, in dem Grenzen des Sagbaren ausgehandelt worden seien.
JÖRG ROESLER (Berlin) beleuchtete das Spannungsverhältnis zwischen den Geboten proletarischer Arbeitsmoral und den Ansprüchen sozialistischer Leistungsgesellschaft im Rahmen von Konflikten und Konfliktlösungen in viereinhalb Jahrzehnten DDR-Existenz (inklusive Besatzungszeit). Er zeigte auf, wie ausgehend von Normsetzungen in der Wiederaufbauphase der Nachkriegszeit, in der die Arbeitenden kapitalistische Akkordsysteme überwunden hatten, in der Folgezeit Elemente einer sozialistischen Leistungsgesellschaft implementiert wurden. Er setzte diese in Beziehung zu mehreren Reformphasen, aber auch zu konfliktorischen Zuspitzungen wie dem 17. Juni 1953."
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