«Eine Welt muß umgestürzt werden, aber jede Träne, die geflossen ist, obwohl sie abgewischt werden konnte, ist eine Anklage.»
Rosa Luxemburg interessiert und fasziniert bis heute. Ihre Forderungen nach einer Gesellschaft, in der politische Freiheit und Gleichheit durch soziale Freiheit und Gleichheit ergänzt werden, sind aktuell. Ähnlich anderer Ikonen sind es jedoch zumeist einzelne Statements, die das Bild von Rosa Luxemburg prägen, die politische und private Person ist weitgehend unbekannt.
In Palästina, insbesondere natürlich in der linken Szene sowie im Umfeld des Ramallah-Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung, ist das Interesse an Rosa Luxemburg groß. Wer war diese Frau, die ihr Leben ganz dem politischen Kampf gewidmet hatte, ihre Lieben außerhalb der Ehe lebte, sich gleichzeitig fast verzweifelt nach einem ganz normalen Familienleben sehnte und die im Jahre 1919 schließlich für ihre politischen Überzeugungen ermordet wurde?
Die Idee, die Namensgeberin der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Form einer szenischen Lesung in Ramallah einem größeren Publikum vorzustellen, war naheliegend. Allerdings blieb der experimentelle Charakter, den Vorhaben immer dann haben, wenn sie in gänzlich andere Kontexte verlegt werden, wenn zeitgeschichtliche, kulturelle und nicht zuletzt sprachliche Unterschiede überwunden werden müssen, von den Vortragenden ebenso wie von den Zuhörenden.
In Ramallah ist die Idee aufgegangen, ist Rosa Luxemburg mit viel Interesse und großer Offenheit aufgenommen worden. Das kleine Ashtar-Theater – ein Projektpartner der RLS – in dem die Lesung am 15. April 2013 stattfand, war gut gefüllt. Frauenaktivistinnen, Studierende, PolitikerInnen und Leute aus der NGO-Szene waren gekommen, um Hanna Petkoff vom Berliner Grips Theater (Rosa) und Jörn Schütrumpf vom Karl Dietz Verlag (Kommentar) zuzuhören. Die musikalische Begleitung gestaltete, auf unterschiedlichen arabischen Instrumenten, der palästinensische Musiker Rami Washaha. Die sich der Lesung anschließende lebhafte Diskussion drehte sich vor allem um jene Themen Rosa Luxemburgs, die vor dem Hintergrund der palästinensischen Situation relevant erscheinen: Fragen von Kolonialismus und Revolution, von sozialen und politischen Rechten. Insbesondere interessierte Rosas Verständnis von Frauenrechten und Geschlechterverhältnis. Viele Diskussionsteilnehmende äußerten Interesse an weiterführenden Veranstaltungen zu Rosa Luxemburg, an Lesungen und Filmen, sprachen sich aber auch für die Möglichkeit aus, ihrerseits palästinensisch-arabische Persönlichkeiten in Deutschland vorstellen zu können.
Katja Herman, Leiterin des Auslandbüros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Palästina