Nachricht | Afrika - International / Transnational Erinnerungskultur in Deutschland und Südafrika

Ein Fachgespräch in Johannesburg

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Auf Einladung des South African History Archive und der Rosa-Luxemburg-Stiftung Südliches Afrika diskutierten südafrikanische Experten mit Prof. Dr. Martin Sabrow, Professor an der Humboldt Universität zu Berlin und Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF) in Potsdam, am 27. Juni in Johannesburg. Gegenstand des Fachgesprächs an dem Kuratoren von Museen, Gedenkstätten und Archiven teilnahmen war der Umgang mit Geschichte in Deutschland, deren Aufarbeitung, und die Unterschiede in den Erinnerungskulturen in Deutschland und Südafrika.

Professor Sabrow führte in seiner Präsentation in die Erinnerungskultur der Bundesrepublik Deutschland seit Ende des Zweiten Weltkrieges ein. Die Kultur des Erinnerns habe sich in den vergangenen sechzig Jahren deutlich gewandelt, so Sabrow. Nach einer Phase der „Selbst-Versöhnung“, der Darstellung Deutschlands als Opfer der Hitler-Diktatur und einer Phase der „Bewältigung“ der Auseinandersetzung mit den Naziverbrechen in diversen Prozessen (z.B. Eichmann-Prozess) erleben wir, so Sabrow, seit den 1980er Jahren eine Phase der Vergangenheitsaufarbeitung, welche die Opfer in den Mittelpunkt rückt. Der KZ-Überlebende und das Kriegsopfer, aber auch seit geraumer Zeit der Flüchtling bzw. Vertriebene prägen die heutige Erinnerungskultur. „Wir sind in Deutschland nicht stolz auf unsere Geschichte“, so erklärt Sabrow die Fixierung der Erinnerungskultur auf die Opfer von Holocaust und Diktatur. Selbst der Umbruch 1989/90 in der ehemaligen DDR habe keine neuen Helden geboren, meinte Sabrow. Kennzeichnend für die Erinnerungskultur sei auch der Drang nach Authentizität. Die Original-Orte deutscher Geschichte, wie etwa der Führerbunker in Berlin oder das Führerhauptquartier am Obersalzberg gewinnen seit einigen Jahren an Bedeutung in der deutschen Erinnerungskultur. Dabei gehe es den Besuchern um eine möglichst authentische Begegnung mit der Geschichte.

In der anschließenden Diskussion wurde von südafrikanischer Seite zur Stellung der Opfer in der südafrikanischen Erinnerungskultur Bezug genommen. Bezüglich ihrer Rolle in der Aufarbeitung der Geschichte gingen die Meinungen der Expert_innen auseinander. Für einige am Tisch gibt es auch in Südafrika keine Helden mehr. Der einzig verbliebene Held sei Nelson Mandela. Die Direktorin des South African History Archive, Catherine Kennedy, stimmte dieser Betrachtung nicht zu. Südafrikas Anti-Apartheidkampf hätte viele Helden hervorgebracht, so dass die Opfer teilweise in Vergessenheit geraten seien.

Beklagt wurde auch die Fragmentierung der Geschichtsbetrachtung in Südafrika. Geschichte ist in Südafrika noch lange nicht „nationale Geschichte“ sondern die Geschichte der verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Geschichte und ihre Aufarbeitung werden auch zwanzig Jahren nach Ende der Apartheid noch in großen Teilen nicht „national“ geteilt.