Der Linkspartei-Abgeordnete Peer Jürgens, Vertreter seiner Fraktion in der Enquete-Kommission des Brandenburger Landtages mit dem über alle Maßen sperrigen Titel „Aufarbeitung der Geschichte und Überwindung der Folgen der SED-Diktatur und des Übergangs in einen demokratischen Rechtsstaat im Land Brandenburg“, erklärte gestern während einer Buchpräsentation, dass 1995 bereits mehr als 50 Prozent der Beamten und Angestellten im höheren Landesdienst Brandenburgs aus dem Westen kamen. Das habe ihn in der Rückschau nicht besonders überrascht. Dass diese Quote knapp zehn Jahre später allerdings auf 82 Prozent gestiegen war, sah er jedoch äußerst problematisch.
Jürgens äußerte sich dazu auf einer gemeinsamen Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg und des Potsdamer Verlages WeltTrends am 8. Juli 2013 im Brandenburger Landtag. In dieser Veranstaltung präsentierte der Journalist und Buchautor Matthias Krauß seine neue Publikation mit dem Titel „Die Kommission. Enquete in Brandenburg – ein Zeitalter wird besichtigt“. Die Buchpräsentation besuchten rund 70 Personen, darunter Landtagspräsident Gunter Fritsch sowie die beiden Landesvorsitzenden ihrer Partei und Landtagsabgeordneten Gregor Beyer (FDP) und Stefan Ludwig (DIE LINKE).
Gunter Fritsch hatte in seinem Vorwort geschrieben: „Matthias Krauß wagt als Nichtparlamentarier einen durchaus unabhängigen Blick auf das Geschehen. Dieses Buch zeigt das andauernde Gerangel um die Deutungshoheit bei den Themen Stasivergangenheit, Gerechtigkeit sowie bei der Suche nach der unfehlbaren Wahrheit.“
Hinrich Enderlein, früherer Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur in Brandenburg, machte aus seiner Ablehnung der Enquete-Kommission keinen Hehl. Das Buch von Matthias Krauß habe ihn in dieser Auffassung bestärkt.
Gregor Beyer zeigte sich sehr nachdenklich über die bisherigen Ergebnisse der Kommission. Seine Partei habe sich in ihrer Bewertung der Kommissionstätigkeit sehr gewandelt. Heute würde sie mehrheitlich den Einsetzungsbeschluss aus dem Jahre 2009 in der damaligen Form nicht mehr mittragen.
Der Autor, Matthias Krauß, zitierte – in Anlehnung an Hermann Kant – Heinrich Heine: „Der heutige Tag ist ein Resultat des gestrigen. Was dieser gewollt hat, müssen wir erforschen, wenn wir zu wissen wünschen, was jener will.“ Krauß machte überdies deutlich, was er bereits im Vorwort seines Buches geschrieben hatte: „Die Art und Weise der Kommissionsarbeit hat das Bundesland über weite Strecken eher davon abgehalten, seine Probleme zu lösen, anstatt ihm dabei zur Seite zu stehen. Gescheitert ist das Vorhaben, den politischen Weg Brandenburgs nach 1990 herabzuwürdigen und das Handeln seiner Verantwortlichen auf die beschriebene Weise anzuprangern. Fragwürdig waren mithin weniger die Entscheidungen der ersten Nachwendepolitiker in Brandenburg, mehr jedoch das Auftreten derjenigen, die sich über zwei Jahrzehnte später als Richter aufspielten.“
Die Rosa-Luxemburg-Stiftung wird – gemeinsam mit Autor und Verlag – im Herbst diesen Jahren dieses Buch in mehreren Veranstaltungen im Land Brandenburg zur Diskussion stellen.
Die bibliographischen Angaben zum Buch von Matthias Krauß finden Sie in unserer Rubrik Publikationen/Einzelpublikation.
Den Text der Rede von Dr. Hinrich Enderlein veröffentlichen wir hier :