Unter diesem Titel, einem Zitat aus Gedicht von Wolfgang Duncker, Sohn
von Käte und Hermann Dunker, das dieser in einem
„Arbeits-Besserungslager“ des NKWD verfasst hatte und das von einem
Mithäftling herausgeschmuggelt worden war, wurde in Berlin von Mitte Mai
bis Mitte Juli eine Ausstellung* gezeigt. Sie kündet an Hand von
Familiengeschichten vom Schicksal deutscher Hitlergegner in der
Sowjetunion in den Jahren 1 933 bis 1 956. Zweisprachig, deutsch und
russisch, denn ihr Zwilling wandert seit Mitte April, von Moskau aus,
über Karaganda und Astana, die der Retorte entsprungenen Hauptstadt der
Republik Kasachstan, nach Nowosibirsk, die Hauptstadt Westsibiriens, und
weiter nach Tomsk, von erfahrenen Reisenden auch (A)Tomsk genannt. Im
Frühjahr nächsten Jahres wird die Exposition in St. Petersburg zu sehen
sein. Das deutsche Pendant ist jetzt in Potsdam* zu sehen und wird im
Oktober nach Suhl wandern, dann nach Elgersburg und Meiningen, wird
nächstes Jahr in Brüssel sowie in Paris und anschließend wieder in
deutschen Landen gezeigt, überall dort, von wo aus deutsche
Antifaschisten 1933 ins Exil gezwungen worden und in der UdSSR gelandet
sind.
Gestaltet von Karl Lehmann, gefördert mit Mitteln der
Rosa-Luxemburg-Stiftung und unterstützt durch die Gedenkstätte Deutscher
Widerstand, wurde die Ausstellung im Rahmen des „Arbeitskreises zum
Gedenken an die in der sowjetischen Emigration verfolgten, deportierten
und ermordeten deutschen Antifaschisten“ realisiert. Sie ist ein
Ergebnis jahrelanger wissenschaftlicher, archivalischer und
bibliographischer Projekte auf eigene Kosten, einschließlich zum Teil
vielstündiger Gespräche mit ehemaligen Emigranten über das Erlebte und
einer inzwischen mehr als 8.000 Namen umfassende Sammlung dokumentierter
Lebensgeschichten von Emigranten.
Der Arbeitskreis wurde im Jahr 2008 unter dem Dach der Vereinigung
Verfolgter des Naziregimes – Bund der Antifaschisten gegründet, um das
Gedenken an Frauen und Männer im Widerstand zu bewahren, ihnen ihre
häufig jahrzehntelang verschwiegenen Namen und ihre Ehre widerzugeben.
Vier Thementafeln der Ausstellung skizzieren die politischen und
sozialen Rahmenbedingungen der deutschen Antifaschisten in der UdSSR. 15
Familientafeln zeigen anhand bisher unbekannter Fotos, Briefe,
Tagebuchaufzeichnungen und anderer persönlicher Zeugnisse sowie von
Verhörprotokollen, erfolterten Geständnissen, Urteilen und
Erschießungslisten einschließlich der „Vollzugsmeldungen“ die
Emigrantenfamilie als den sozialen Ort, der die Einzelschicksale
zusammenhielt. Über die Familienbiographien öffnen sich weitere soziale
Räume zu Arbeitsstätten und -kollegen, auch zu einheimischen Nachbarn,
da die meisten Emigranten – im Unterschied zu den Führungseliten von KPD
und Komintern – die Jahre der Emigration und der Verfolgung im engen
Kontakt mit Russen, Kasachen und anderen Ethnien verbrachten. Darüber
hinaus ermöglichen die Familientafeln
Einblicke in die Langzeiterfahrungen der Familien von Facharbeitern,
Künstlerinnen, Ärzten, Lehrerinnen…. vor und während sowie auch nach
ihrer Emigration.
Inge Münz-Koenen (Konzeption), Anja Schindler (Leiterin der speziellen
Arbeitsgruppe) und
Wladislaw Hedeler (Koordinierung In- und Ausland) zeichnen neben ihren
übergreifenden Aufgaben außerdem auch für Familien- und Thementafeln
verantwortlich. Wie die weiteren Autorinnen und Autoren – Günter Agde,
Bernd-Rainer Barth, Hans Coppi, Michael Dewey, Andreas Herbst, Gerd
Kaiser, und Carola Tischler – sind sie durch wissenschaftliche
Veröffentlichungen zur Thematik ausgewiesen. Begleitet von Vorträgen zu
Themen wie „Rote Kapelle im Gulag – ein unbekanntes Kapitel der
Widerstands- und Geheimdienstgeschichte“ (B.-R. Barth) und einem Katalog
mit vertiefenden Beiträgen der zehn Autoren der Ausstellung liefert die
Ausstellung vielfältige neue und emotional bewegende Informationen zu
einem wenig erforschten Thema. Sie suchte und sucht den
Gedankenaustausch mit Besuchern und Lesern, mit Angehörigen mehrerer
Generationen
unter anderem im direkten und im intermedialen Gespräch.
In Berlin besuchen täglich zwischen 450 bis 800 Besucher die
Ausstellung: Familien, Schülergruppen oder Einzelpersonen vor allem aus
Deutschland, aber auch aus Polen, Brasilien, Frankreich, Israel,
Schweden, Japan und weiteren Ländern. Eintragungen im Besucherbuch: „So
viele Hoffnungen, soviel Ideale, soviel Tragik! Danke, dass diese
Lebensleistungen in Erinnerung gerufen werden.“ Und: „So liebenswerte
Männer, Frauen, Kinder, so viel Vertrauen in ihren Gesichtern und so
viel Leid … Und so viel Kälte, Härte, Grausamkeit… Haben Sie Dank für
dieses Erinnern.“ Sowie schließlich ein Besucher aus
Israel: „Needs to be put in Englisch also.“
* – »„Ich kam als Gast in euer Land gereist…“ Deutsche Hitlergegner als
Opfer des Stalinterrors, Familienschicksale 1933-1956« – 6. August bis
26. September 2013 im Foyer (1. OG) des Landtages Brandenburg, Am
Havelblick 8, 14473 Potsdam, montags bis freitags von 8:00 bis 17:00 Uhr.
aus: Das Blättchen, Zweiwochenschrift für Politik, Kunst und Wirtschaft, Heft
15/2013 vom 22. Juli 2013, S. 21/22.