Nachricht | Geschichte „Ich kam als Gast in euer Land gereist ...“

Ausstellung der Rosa Luxemburg Stiftung im Brandenburger Landtag eröffnet

Der Präsident des Brandenburger Landtages, Gunter Fritsch, hat am 6. August die Ausstellung „Ich kam als Gast in euer Land gereist …" im Foyer des Landtages in Potsdam eröffnet. Daran nahmen etwa 80 Personen, darunter die Ministerin für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, Anita Tack, sowie die Staatssekretärin der Finanzen Brandenburgs, Daniela Trochowski, teil. Außerdem war der Fraktionsvorsitzende, Christian Görke, sowie nahezu die gesamte Landtagsfraktion der LINKEN anwesend.

Die Ausstellung dokumentiert das widerspruchsvolle Schicksal deutscher Kommunistinnen und Kommunisten in der Sowjetunion der Stalinzeit. Die Deutschen kamen als Arbeitssuchende Anfang der 1930er Jahre oder nach dem Januar 1933 als politisch Verfolgte in das Land ihrer Träume und Hoffnungen. Sie waren Facharbeiter, Journalisten, Lehrer, Mediziner, Künstler, Architekten. Ab 1936 wurden sie und ihre Frauen Opfer staatlichen Terrors: Ob vom Geheimdienst NKWD ermordet oder in Straflager deportiert, auf lange Jahre nach Sibirien und Kasachstan verbannt oder in Kinderheime zwangsweise eingewiesen –die Familienschicksale gleichen mehrfach zerrissenen Lebenslinien. Der Rückweg nach Deutschland war abgeschnitten; die Antifaschisten wurden zu doppelt Verfolgten.

Auch das Ende von Krieg und Faschismus brachte vielen Exilanten nicht die erhoffte Freiheit: Erst in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre konnte das Gros der in der Verbannung Lebenden ausreisen. Für sie war es die lang ersehnte Rückkehr in die Heimat, für ihre in der Sowjetunion sozialisierten Kinder ein schwerer Neubeginn im fremden Land.

Kerstin Kaiser, Landtagsabgeordnete der LINKEN und Vorstandsmitglied der RLS, hob in Ihrer Rede hervor: „Mit den Geschichten dieser Ausstellung folgen wir den Spuren Deutscher, deutscher KommunistInnen und ihrer Familien, die in den dreißiger / vierziger Jahren in der Sowjetunion lebten. Sie  hatten keine Wahl. Sie hatten dieses eine Leben und lebten es in jener Zeit an jenem Ort. Egal, ob sie in Moskau, der damaligen Sowjetunion  leben wollten oder leben mussten: durch die faschistische Verfolgung in Hitlers Deutschland hatten sie oft Verwandte und ihre Heimat verloren. Sie konnten – bildlich gesagt – den fahrenden Zug der Geschichte – einmal auf diese Schiene gesetzt – dann nicht mehr verlassen. Durch stalinistische Verfolgung verloren sie Lebenszeit, Gesundheit, allzu oft ihr Leben.“

Für das Ausstellungsteam sprach Inge Münz-Koenen, deren Großvater KPD-Reichstagsabgeordneter war und in der Sowjetunion den Stalinschen Terror nicht überlebte.

Alex Glesel, 1935 als Kind eines Flüchtlingspaares in Leningrad geboren, schilderte als Zeitzeuge seine Erlebnisse in der Emigration bis zu seiner Rückkehr in die DDR im Jahre 1956. Er dankte der VVN und der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die diese Ausstellung ermöglicht hatten, sowie Präsident Gunter Fritsch für die Möglichkeit der Präsentation im Landtagsgebäude in Potsdam.

Die Ausstellung ist noch bis zum 26. September 2013 im Landtag zu sehen. Bisher wurde sie in Moskau, Karaganda, Novosibirsk und Berlin gezeigt.

Der Katalog zur Ausstellung kann in der RLS Brandenburg zum Preis von 20 Euro bestellt werden.

Titel des Katalogs: Wladislaw Hedeler/Inge Münz-Koenen (Hg.): "Ich kam als Gast in euer Land gereist...". Deutsche Hitlergegner als Opfer des Stalinterrors. Familienschicksale 1933-1956. Lukas Verlag Berlin 2013, 269 Seiten.

Den Originaltext der Rede von Kerstin Kaiser finden Sie hier: