Michael-Schumann-Stiftung und Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg veranstalteten gemeinsam mit der Fraktion DIE LINKE im Landtag Brandenburg und dem Verlag WeltTrends am 2. Dezember 2013 in Potsdam eine gemeinsame Konferenz mit dem Titel "Die Linke und die Nation". An der Veranstaltung nahmen etwa 80 Personen, darunter zahlreiche Politiker teil. Gäste waren u.a. Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, der stellv. Ministerpräsident Brandenburgs Helmuth Markov, Brandenburgs Umwelt, Gesundheits- und Verbraucherschutzministerin, Anita Tack, der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Brandenburger Landtag, Christian Görke, sowie weitere Bundes- bzw. Landtagsabgeordnete.
Heinz Vietze, Vorstand der Michael-Schumann-Stiftung, erinnerte an den letzten unmittelbar nach seinem Tode vor nunmehr 13 Jahren im Berliner "Tagespiegel" veröffentlichten Artikel von Michael Schumann, der damals unter dem heutigen Konferenzthema "Die Linke und die Nation" erschienen war. Schumann hatte darin geschrieben: "Ein ... nationaler Nihilismus war immer geschichts- und damit wirklichkeitsblind. Eine Linke, die sich durch den abstrakten Gegensatz zur Nation definiert, schneidet sich von den geschichtlichen Bedingungen ihres politischen Wirkens ab." Schumann hatte sich vor 13 Jahren mit seinem Artikel unterstützend vor die seinerzeit neu gewählte Parteivorsitzende Gabriele Zimmer gestellt, die sich in ihrer Rede auf dem Cottbuser Parteitag im Oktober 2000 ausdrücklich auf die deutsche Nation bezogen hatte. Gabi Zimmer hat diese Position auch auf der Potsdamer Konferenz noch einmal - ergännzt durch ihre heute stark europapolitische Position - vorgetragen und in einer Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Peter Brandt (Fernuniversität Hagen) intensiv diskutiert.
Zuvor hatten die Wissenschaftler Dr. Erhard Crome (Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin), Dr. Gundula Ludwig (Sozialwissenschaftliche Fakultät der Universität Wien) und Prof. Dr. Peter Porsch (Graz - Leipzig) dem Thema "Die Linke und die Nation - Konzepte und Erfahrungen" zugewandt. Der Nationalstaat habe an Regelungskompetenzen verloren. Übrig bleibe ein Torso der Souveränität, der mit der Verfassungsordnung, der Praxis der Rechtsprechung und dem Bildungswesen zu tun habe. Die Nation, einmal entstanden, bleibt als Form der Vergemeinschaftung erhalten und bildet einen wichtigen Ort politischer, sozialer und Auseinandersetzungen um Bürgerrechte, so die Referentinnen und Referenten.
In einer international besetzten Diskussionsrunde diskutierten unter der Leitung des Chefredakteurs der Zeitschrift "WeltTrends", Prof. Dr. Raimund Krämer (Universität Potsdam) Wissenschaftler aus Kroatien, Polen, Spanien und Belgien über das Thema "Zerfall oder Rückkehr? Die Nation in Zeiten der Krise - Europäische Erfahrunge". Daran beteiligten sich Dr. Boris Buden (Berlin), Dr. Pierre Eyben (Lüttich), Dr. Mario Kölling (Madrid) und Dr. Holger Politt (Warschau). In verschiedenen europäischen Ländern wurden nach Ansicht der Diskutanten nach dem Ende des Kalten Krieges unterschiedliche politische Erfahrungen gesammelt. In den einen verstärkt sich das Streben nach Selbständigkeit, nach einem Ausweg aus dem bisherigen staatlichen Rahmen, in anderen wird die Nation als „Rettungsanker“ in Zeiten der Krise propagiert. Die Frage, ob die Nation trotz Europäischer Union auch weiterhin anfällig für einen Nationalismus, der ausgrenzend daher kommt, sei, hat viele Teilnehmer der Konferenz berührt.
Auch auf die abschließende von Prof. Peter Brandt diskutierte Frage, warum heute die sozialen Proteste in verschiedenen Mitgliedsstaaten der EU nicht selten nationalistische Züge tragen und von rechten Kräften organisiert werden, wusste niemand eine überzeugende Antwort. Wo sich in dieser Frage die politische Linke überzeugend und massenwirksam positioniert wird sich in der Zukunft zeigen müssen.