Nachricht | Politische Weiterbildung Der politische Film selbstgemacht

Seminarreihe mit Michael Koob

Das Seminar umfasste fünf Tage mit je sieben Zeitstunden. Die Veranstaltungen fanden samstags statt, wobei auch eine Veranstaltung an einem Sonntag stattfand. 

SAMSTAG, 14. SEPTEMBER 2013 - 10 UHR 

Tag 1 diente dazu, den TeilnehmerInnen anhand von Filmbeispielen und Anschauungsmaterial Grundkenntnisse in Bildgestaltung und Ästhetik zu erläutern. Welche Wirkung kann durch die richtige Gestaltung erzielt werden? In diesem Zusammenhang wurden medienpädagogische Ansätze wie Manipulationsmöglichkeiten in und durch die Medien vermittelt. 

Hierzu wurde unter anderem eine Arbeit des Seminarleiters mit dem Titel „strike“ präsentiert. ‘strike’ ist eine experimentelle Dokumentation über Medien, sowie politische und gesellschaftliche Ereignisse. Durch die Ästhetisierung und das Arrangement von Bildern, Informationen und Zusammenhängen erhalten die Zuschauer einen inspirierenden, wenngleich fordernden Überblick von politischen und gesellschaftlichen Ereignissen. Durch eine Wiederholung einzelner Sequenzen entsteht eine audiovisuelle Komposition, die durch Ihre verschiedenen Möglichkeiten der Deutung und Wahrnehmung unterschiedliche Bezüge zu dem thematischen Inhalt erlaubt. ‚strike’ reizt eine emotionale und zugleich intellektuelle Auseinandersetzung an, steht hierbei jedoch ausdrücklich nicht für eine bestimmte Meinung oder Sichtweise. 

Zudem wurden verschiedene Genres und Gattungen besprochen und die Gruppe lernte die Möglichkeiten von filmischen Dokumentationen und Reportagen kennen. 

In diesem Zusammenhang ist das Filmbeispiel „Mauerhase“ hervorzuheben, ein Dokumentarfilm der im Gewand einer Tierdokumentation das Leben von Hasen im Grenzstreifen der Berliner Mauer auf dem Potsdamer Platz beschreibt, hierbei jedoch Assoziationen erzeugt und Parallelen zur Situation der Menschen in Bezug auf ihr Leben mit der Teilung und des kalten Kriegs aufzeigt. 

SAMSTAG, 21. SEPTEMBER 2013 - 10 UHR 

Tag 2 widmete sich der Kameratechnik und der Arbeit mit der Kamera. Die TeilnehmerInnen konnten die grundlegenden Funktionen von Videokameras und digitalen Fotoapparaten mit Videofunktion erlernen. 

Durch Filmbeispiele wurde der Einsatz verschiedener Kameratechniken aufgezeigt, verschiedene Stabilisierungssysteme vorgestellt und deren Wirkung verdeutlicht. Auch der Einsatz und die Wirkung von Ton, Musik und Geräuschen in Filmen wurden thematisiert. 

Weiterhin diente der Seminartag der thematischen Annährung an den politischen Film. Diskutiert wurden mögliche Effekte und Auswirkungen sowie die Möglichkeiten, die der politische Film, die Medien, insbesondere die bewegten Bilder haben können. In wieweit können politische Vereinigungen, Parteien und deren Mitglieder diese Medien zur Meinungsäußerung und 

Meinungsbildung nutzen und einsetzen. Was sind die Vorteile und wo liegen die Hürden des Einsatzes von Medien. Funktioniert Meinungsbildung automatisch, sobald Medien eingesetzt werden oder in wieweit müssen gestalterische und erzählerische sowie journalistische Grundlagen und Regeln beachtet werden. Welche Möglichkeiten bieten Medien und Publikationsplattformen wie Internetportale, Webseiten, Videoplattformen, Offene Kanäle etc. und wo liegen auch hier Hürden, die überwunden werden müssen. Insbesondere die Ansprache und das Erreichen einer Zielgruppe werden hierbei häufig unterschätzt. In wieweit können virale Verbreitungsformen eingesetzt werden. Die Möglichkeiten des Einbeziehens einer Parteibasis, der Motivation der Mitglieder zur aktiven Meinungsbildung und als basisdemokratisches Mittel bieten viele Vorteile, die jedoch angenommen werden müssen und erlernt werden müssen. In Hinblick auf ein fertiges Produkt, das zum Ende des Seminares vorliegen soll, wurden verschiedene Ideen und Wege besprochen. 

SAMSTAG, 5. OKTOBER 2013 - 10 UHR 

Tag 3 diente der Ideenfindung und deren Ausarbeitung, zudem der Erstellung eines Skripts und eines Drehablaufplanes. Die Teilnehmer betrieben eine intensive Recherche zu möglichen Themen und Inhalten eines zu erstellenden Filmes bzw. einer Reportage. Es wurden anstehende Ereignisse in der Stadt Saarbrücken recherchiert, die am geplanten Drehtag stattfinden sollten. Die Gruppe stieß hierbei auf eine Aktion von SchülerInnen der Willi-Graf-Realschule Saarbrücken zum 70. Todestages von Willi Graf. 

Die SeminarteilnehmerInnen entschieden sich, diese Aktion zu dokumentieren und eine Reportage zu produzieren. Vor diesem Hintergrund wurde detaillierter auf die Besonderheiten und Anforderungen von Reportagen eingegangen und wesentliche Fragen gestellt: An welche Zielgruppe möchten sich die FilmemacherInnen wenden, wie vermitteln sie Inhalte verständlich und spannend, welche Anforderungen haben die Medien für die produziert wird, wie z.B. das Internet? Als Leitthema wurde „Courage“ bzw. „Zivilcourage“ gewählt. 

SAMSTAG, 12. OKTOBER 2013 - 10 UHR 

An Tag 4 wurde gedreht. An dem Samstag jährte sich zum 70. Mal der Tag, an dem die Nazis den Saarbrücker Widerstandskämpfer und Ehrenbürger Willi Graf enthaupteten, weil er auf Flugblättern seine Meinung gesagt hatte. Deshalb starteten junge Leute von der Willi-Graf-Realschule eine filmreife Gedenkaktion. 

Die TeilnehmerInnen des Seminars gingen in Begleitung des Workshopleiters zuerst in die Saarbrücker Fußgängerzone und befragten Passanten zu Willi Graf und zu dem Leitthema „Courage“. Sie führten Interviews und sammelten somit praktische Erfahrungen mit der Kamera, in Interview- und Reportagetechniken. 

Im Anschluss ging die Gruppe in die Europagalerie um dort mit mehreren Kameras die Aktion der Willi-Graf-Realschule zu dokumentieren und mit den SchülerInnen zu sprechen. Mit großem Engagement wurden bereits im Vorfeld Drehgenehmigungen eingeholt und ein Drehablaufplan erstellt. 

Um 14 Uhr erinnerte die Klasse 9r3 der Willi-Graf-Realschule im Lichthof der Europa-Galerie an Willi Graf und seine fünf wichtigsten Mitstreiter in der Widerstandsgruppe Weiße Rose. Die Nazis hatten sie alle enthauptet – nachdem zwei aus der Gruppe, die Geschwister Sophie und Hans Scholl, im Lichthof der Münchner Uni erwischt worden waren, als sie Flugblätter von der Balustrade warfen. Genau dasselbe taten am Samstag die Realschüler in der Europa-Galerie – sie warfen Flugblätter mit dem Originalinhalt eines Flugblattes der weißen Rose von der Balustrade der Europagalerie und kamen so mit den Passanten ins Gespräch über Willi Graf. 

Im Anschluss nahm die Seminargruppe an der Gedenkfeier und Kranzniederlegung am Grab von Willi Graf teil, um auch dort Bilder einzufangen und die Reportage abzurunden. 



SONNTAG, 13. OKTOBER 2013 - 10 UHR 

Tag 5 diente dem Schnitt des Filmmaterials. Nach einer Sichtung wurde das zuvor entstandene Filmmaterial arrangiert und zu einer Reportage geschnitten. Die TeilnehmerInnen erlernten Grundkenntnisse in der Videonachbearbeitung und der technischen Umsetzung ihrer Ideen. 

Die TeilnehmerInnen zeigten sich überaus interessiert und engagiert und haben das Seminar erfolgreich absolviert. Die Gruppe war diskussionsfreudig, setzte sich konstruktiv mit politischen Themen in Bezug auf die inhaltliche Vorgabe der Seminarreihe auseinander.