Jens Renner rezensiert in ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 592 / 18.3.2014
Christa Hämmerle: Heimat/Front. Geschlechtergeschichte/n der Ersten Weltkriegs in Österreich-Ungarn. Böhlau Verlag, Wien, Köln, Weimar 2014. 279 Seiten, 29,90 EUR.
Die klassische Literatur über den Ersten Weltkrieg, auch die linke und pazifistische, handelt von Männern - in Schützengräben und Lazaretten, später dann bei revolutionären Umtrieben gegen den Krieg und die Mächte, die ihn zu verantworten hatten. Die Wiener Historikerin Christa Hämmerle zeigt, in welchem Maße der Erste Weltkrieg auch ein Krieg der Frauen war. Ihr Buch »Heimat/Front. Geschlechtergeschichte/n der Ersten Weltkriegs in Österreich-Ungarn« (siehe Auszug in ak 590) behandelt wichtige Aspekte des weiblichen Beitrags zum Krieg. Frauen und Mädchen strickten Strümpfe und nähten Wäsche für die »Helden im Felde«, Pakete mit »Liebesgaben« sollten deren Kampfbereitschaft stärken: »Schicken wir reiche Gaben ins Feld, so kann der Frost unseren Kriegern nichts anhaben und wendet seinen ganzen Grimm dem Feinde zu.« Eine wichtige Rolle für den Durchhaltewillen der Männer spielten auch Feldpostbriefe - »Jammerbriefe« wurden von der Zensur nach Möglichkeit abgefangen. Frauen, die als Krankenschwestern Verwundete pflegten, waren durch die Gewalterfahrungen in ähnlicher Weise traumatisiert wie die Soldaten. In dem letzten Beitrag zeichnet Christa Hämmerle ein ambivalentes Bild der durch den Krieg ausgelösten »Krise der Männlichkeit«. Die Rede darüber, insbesondere von Offizieren, habe auch dazu gedient, die durch die »neuen weiblichen Partizipationsansprüche« bedrohte »hegemoniale Geschlechterordnung der Moderne erneut durchzusetzen.«
In ak 590 vom 21.1.2014 erschien bereits der Text "Nicht nur an der »Heimatfront«: Frauen im Ersten Weltkrieg. Die (Selbst-)Mobilisierung von Frauen in Österreich-Ungarn" von Christa Hämmerle (S. 30).