Nachricht | GK Geschichte Die deutschen Gewerkschaften und der 1. Weltkrieg

Der erste Weltkrieg war ein gigantischer Massenmord. Noch nie zuvor waren so viele Menschen in so kurzer Zeit und unter Einsatz neuester Technologien umgebracht worden. Anfangs in geschlossenen Formationen, mit Fahne und Offizieren voran, stürmten die Soldaten aufeinander los, um im dichten Feuer von Maschinengewehren und Artillerie abgeschlachtet zu werden. Die höchsten Opferzahlen verzeichneten die Armeen zu Beginn des Kriegs. Die französische Armee verlor am 22. August 1914 in den Ardennen an einem Tag rund 27 000 Soldaten. Gleiches galt für die Deutschen und mehr noch für die russischen Soldaten.

Als der Bewegungskrieg an der Westfront in einem Stellungskrieg erstarrte, kamen die neuesten Waffentechniken erstmals voll zum Einsatz: Giftgas, Flammenwerfer, modernste Mörser, Panzer, Flugzeuge und Luftschiffe. Auf den Meeren versenkten U-Boote hunderte Schiffe und töteten viele Zivilisten. Auch hinter der Front starben viele Menschen an Hunger. Der erste Weltkrieg wurde als totaler Krieg geführt und am Ende durch die materielle Übermacht der Westalliierten entschieden.[1]

Vom Massenmord zu sprechen heißt, Täter zu benennen. Die Mörder waren nicht die Soldaten, sondern die Generäle und Kommandeure, die völlig kalt und menschenfeindlich die Befehle für Sturmangriffe gaben, bei denen lediglich ein Geländegewinn von einigen hundert Metern einkalkuliert wurde. Bei Arras in Nordfrankreich starben für einen Geländegewinn der britischen Truppen von 15 Kilometern in zwei Wochen 250 000 Soldaten. Die Schlachten an der Somme und bei Verdun waren bewusst als Abnutzungsschlachten geplant. Diese Mordbefehle kamen genau von den deutschen Militärs, die später der Arbeiterbewegung, der Sozialdemokratie und der demokratisch gewählten Regierung der Weimarer Republik die Schuld an der Niederlage mit der sogenannten „Dolchstoßlegende“ gaben.

Die Schuldfrage war seit dem Versailler Vertrag ein beständiges Politikum. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg und in Folge der kritischeren Forschungsdiskussion in Deutschland haben Historiker wie Fritz Fischer und Immanuel Geis die Schuld Deutschlands am Ausbruch des Krieges in seiner imperialistischen Außenpolitik gesehen, während Hans Ulrich Wehler die Verantwortung Deutschlands für den Kriegsausbruch vor allem bei den herrschenden Schichten als Reaktion auf die sich zuspitzenden sozialen Auseinandersetzungen sah. Zurzeit wird die Schuldfrage durch Christopher Clark (Die Schlafwandler) und Herfried Münkler (Der Große Krieg) auf alle Kriegsmächte verteilt und damit die Verantwortung Deutschlands erneut relativiert. Diese Debatte vernebelt jedoch die Fakten. Es waren deutsche Ulanen, die am 4. August 1914 bei Aachen die belgische Grenze überschritten und am 29. Juli 1914 beschoss die österreichisch-ungarische Donauflottille Belgrad.

Dr. Wolfgang Uellenberg-van Dawen ist Leiter der Abteilung "Politik und Planung" beim Ver.di - Bundesvorstand. Eine vollständige Fassung seines Textes ist auf www.gegenblende.de dem gewerkschaftlichen Debattenblog online.