Im Rahmen des Parteien-Symposiums der Rosa-Luxemburg-Stiftung am 19. November 2015 wird ein Raum für Poster-Diskussionen geboten. Dazu ergeht ein Call for Posters zum Thema «Veränderungen in der Arbeitswelt und Reaktionen der Parteien darauf», die – eingebettet in die nachfolgend knapp skizzierten Rahmenbedingungen – thesenartige Antworten auf die unten genannten relevanten Fragen geben sollen.
Die Produktions- und Arbeitswelten in den hochentwickelten Staaten sind um Umbruch begriffen. Auf der Basis einer digitalen Revolution vollzieht sich eine Revolution der Produktivkräfte. Die neueste Literatur reflektiert diese Entwicklung als digitale Transformation der Produktions- und Konsumweise[1], als etwas, das als Industrie 4.0[2] oder neue Automatisierung längst Eingang in die politischen Diskurse gefunden hat und die umfassende Vernetzung der virtuellen Computerwelt mit der physischen Welt der industriellen Produktion beinhaltet. Die US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Erik Brynjolfsson und Andrew McAfee, die die industrielle Revolution, ausgelöst durch die Erfindung der Dampfmaschine, als erstes Maschinenzeitalter bezeichnen, sehen nun das zweite Maschinenzeitalter anbrechen.[3]
Welche Auswirkungen dieser Strukturwandel auf die Alltagswelten und die Lebenschancen der Menschen haben werden, scheint weithin unklar. Während die profitinteressierte Wirtschaft Tatsachen schafft räsoniert die Politik über Möglichkeiten der Gestaltung der schönen neuen Welt.
Mittendrin die Parteien. Keine ist in Deutschland, die das Thema nicht auf ihre Agenda gesetzt hat. Aber was treibt die Parteien jeweils? Sorge um ihre Anhängerschaften? Wettbewerbseifer, wer ist schneller dabei, die Zeichen der Zeit zu lesen? Skepsis und Wappnen für Abwehr- und Verteidigungskämpfe für die nächsten Modernisierungsverlierer? Und was haben sie, die „alten» Parteien, wohl zu erwarten? Neue Bruchlinien in den Gesellschaften? Umschichtungen ihrer Wählerschaften? Neu aufkommende Konkurrenten? Die „Digitale Demokratie»? Den Untergang der Parteien gar?
Darüber, wie die Parteien, vornehmlich in Deutschland, aber auch in Europa, auf diese Herausforderungen reagieren und was für sie und das Parteiensystem wohl zu erwarten sei, wollen wir auf unserem Symposium mit Experten des Neuen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik und Parteienforschern diskutieren.
Das für November 2015 geplante Parteien-Seminar «Alles fließt… Veränderungen in der Arbeitswelt und Reaktionen der Parteien darauf» knüpft an das Symposium «DIE LINKE, das Fünfparteiensystem und die deutsche Politik» am 21. November 2008 in Berlin an, als sich DIE LINKE gerade in der politischen Landschaft der Bundesrepublik etabliert hatte. Im Zentrum der Debatten sollen diesmal vor allem folgende relevante Fragen stehen:
- Wie schlagen sich neue Entwicklungstendenzen in der ökonomischen Basis hochentwickelter kapitalistischer Volkswirtschaften (Stichworte: «Second Machine Age», «Industrie 4.0», «neue Automatisierung») im Parteiensystem nieder (Stichwort: «Piraten»)?
- Welche Auswirkungen wird die mit diesen Entwicklungstendenzen einhergehende Entstehung neuer Schichten von Gewinnern und Verlierern der Modernisierung auf Wahlverhalten und Parteiensystem haben?
- Wie reagieren die Parteien in Deutschland in ihrer Strategie, ihrer Programmatik, ihrer Performance und ihrer Organisation auf diese neuen Herausforderungen bzw. haben sie diese Herausforderungen überhaupt schon erkannt?
- Welche Unterschiede und welche Gemeinsamkeiten gibt es bei den deutschen Parteien als Reaktion auf die neuen Herausforderungen im Vergleich mit ihren jeweiligen Partnern in den europäischen Parteienfamilien?
- Welche Veränderungen zeichnen sich in der Industriepolitik der Parteien im «Zweiten Maschinen-Zeitalter“ ab?
- Inwieweit stellen die Entwicklungen im Parteiensystem in der Bundesrepublik Deutschland einen „deutschen Sonderweg» dar und inwieweit sind sie Teil allgemeiner europäischer (bzw. EU-europäischer) Entwicklungen?
Vor dieser Folie sollen in den Vorträgen die Veränderungsprozesse in den einzelnen Parteien bzw. europäischen Parteienfamilien beleuchtet und dann diskutiert werden.
Die konzeptionelle Verankerung der Beiträge möchten wir ebenso offen halten wie die empirische Ausrichtung.
Wir bitten um Zusendung eines Abstracts per E-Mail von max. 300 Wörtern inklusive eines Kurz-CV (max. 1 Seite) bis zum 30. August 2015. Sie werden über die Annahme Ihres Beitrages bis zum 15. September 2015 informiert.
Bitte senden Sie Ihr Abstract an:
Cornelia Hildebrandt
Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa Luxemburg Stiftung
Hildebrandt@rosalux.de
Die Übernachtungs- und Fahrtkosten der Referentinnen und Referenten werden von der Rosa Luxemburg Stiftung übernommen.
Tagesordnung und Ablaufplan:
11:00 Uhr – 12:15 Uhr | Eröffnung Dr. Florian Weis, Geschäftsführender Vorstand der Rosa-Luxemburg-Stiftung, |
12:15 Uhr – 13:45 Uhr | Vier Vorträge zu SPD, Union, Grüne und DIE LINKE |
13:45 Uhr – 14:30 Uhr | Mittagspause und Möglichkeit zur Poster-Diskussion |
14:30 Uhr – 16:00 Uhr | Die Neuen – Piraten, AfD und …? |
16:00 Uhr – 17:00 Uhr | Round Table und Diskussion |
17:00 Uhr – 17:30 Uhr | Kaffee-Pause |
17:30 Uhr – 18:00 Uhr | Möglichkeiten und Unmöglichkeiten von Rot-Rot-Grün auf Bundesebene vor dem Hintergrund der Veränderungen in der Arbeitswelt (Prof. Dr. Michael Brie, Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung) |
18:00 Uhr – 18:30 Uhr | Abschluss-Diskussion |
Teilnehmerzahl: 70 bis 80 (Mitglieder des Gesprächskreises «Parteien und soziale Bewegungen», Gewerkschafter, Parteienforscher, Sozialwissenschaftler, Politiker der Partei DIE LINKE, am Thema politisch Interessierte)
[1] Vgl. Horst Kahrs: Stillstand vor Weichenstellungen, S. 5 und 7. URL: http://www.horstkahrs.de/wp-content/uploads/2014/07/2014-07-05-Ka-Weichenstellungen.pdf .
[2] So zum Beispiel im jüngsten Europawahlprogramm der CDU. Vgl. „Gemeinsam erfolgreich in Europa“. Europapolitischer Beschluss des 26. Parteitags der CDU Deutschlands, Berlin, 5. April 2014, S. 49. URL: https://www.cdu.de/sites/default/files/media/140405-beschluss-gemeinsam-erfolgreich-in-europa.pdf ; Hermannus Pfeiffer: Der unproduktive Kapitalismus. In: Neues Deutschland, Berlin, 04./05.10.2014.
[3] Vgl. Erik Brynjolfsson, Andrew McAfee: The Second Machine Age, Kulmbach 2014, S. 16. – Originaltitel: The Second Machine Age. Work, Progress, and Prosperity in a Time of Brilliant Technologies, New York / London 2014.